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geschichte artikel (Interpretation und charakterisierung)

Die polisbildung



Um das 13. Jahrhundert war Griechenland noch von der mykenischen Zivilisation geprägt, welche aus verschiedenen Gründen, die hier nicht weiter Gegenstand der Betrachtung sein sollen, im 12. Jahrhundert zerfiel.
Der Zusammenbruch des mykenischen Reiches hatte Unruhen und Kriege in Südeuropa und Vorderasien zur Folge und löste eine, den gesamten Raum betreffende, Völkerwanderung aus. Ganze Stammesverbände (Ethnos), bestehend aus einigen Familien und in der Regel nur wenige hundert Personen stark, waren auf ständiger Flucht vor Kriegen, bewaffneten Auseinandersetzungen und Vertreibung. Auf der Suche nach einer neuen Heimat führten sie ein nomadenhaftes Leben und ernährten sich hauptsächlich von der Viehzucht. Etwa ab dem 11. Jahrhundert fanden die Ethnos weite Teile Griechenlands und Klein-Asiens so dünn besiedelt, dass sie mit wenig Gegenwehr zu rechnen hatten, als sie sich hier niederließen, feste Häuser bauten und wieder Ackerbau betrieben konnten. Im Verlauf der nächsten drei Jahrhunderte wurden an der gesamten europäischen Mittelmeerküste, in Klein-Asien sowie im Schwarzmeerraum Siedlungs- und Wehrgemeinschaften errichtet, welche Vorraussetzungen für die Bildung von Polisgemeinschaften waren.
Die meisten der Poleis bestanden aus wenigen tausend Bewohnern und hatten Flächen von kaum mehr als 100 km² zu bewirtschaften. Ausnahmen bildeten hier Sparta, Kreta, Korinth und Athen. Die attische Polis, in deren Zentrum Athen lag, war mit einer zu bewirtschaftenden Fläche von 2650 km² und einer Gesamtbewohnerzahl von 250 000 Personen, davon nur 40 000 bis 50 000 Vollbürger, wahrscheinlich die größte.
Die ansteigenden Bevölkerungszahlen in den einzelnen Gemeinschaften machten eine soziale Strukturierung notwendig, welche ein Wachstum über mehrere Jahrhunderte erfuhr und in den einzelnen Poleis durchaus Unterschiede aufwies.
Die dörfliche Gemeinschaft bestand aus mehreren Familien, die je in einem eigenen Haus (Oikos) lebten und über ein eigenes Stück Land verfügten. Das Familienoberhaupt (Oikosherr) beherbergte nicht nur seine Familie, sondern auch Sklaven und unfreie Landarbeiter.
Die Oikosherren versammelten sich in kultischen Gemeinschaften (Genen) und gehörten Phratrien (siehe 1.4.1.) an, von denen es je nach Größe einer Polis bis zu vier gegeben hat. Den Vorsitz solcher Gene und Phratrien führten immer die reichsten Oikosherren (Adlige), meist diejenigen, welche über die größten Ländereien verfügten. Aus deren Mitte wurde auch der Basileus (Erster, König) gewählt. Dieser stand gemeinsam mit dem Adelsrat der Siedlungsgemeinschaft vor, war jedoch nicht Machthaber einer absoluten Monarchie. Er war vom Wohlwollen des Adels und des Demos (freie Bevölkerung) abhängig. Um Entscheidungen zu treffen, musste er den Adelsrat einberufen und den Demos sowie das Heer informieren. Der Demos und das Heer hatten in den frühen Stadien der Polisgeschichte zwar keine Entscheidungsgewalt, sie konnten jedoch ihrem Unwillen oder ihrer Zustimmung Ausdruck verleihen. Erst im Verlauf der Zeit wurde das Amt des Basileus abgeschafft und durch einen mehrköpfigen Staats- oder Gemeindevorsitz, den Archonten, ersetzt und eine Volksversammlung (Ekklesia) einberufen. Durch die Ekklesia erwarb der Demos ein Stimmrecht, welches er mittels Handzeichen oder Stimmsteinen zum Ausdruck bringen konnte.
Im 6. Jahrhundert führte das Erbrecht - jeder Oikosherr vererbte sein Land zu gleichen Teilen seinen männlichen Nachkommen - zur weitgehenden Verarmung und Verschuldung der bis dahin freien bäuerlichen Bevölkerung und zum wachsenden Reichtum sowie Einfluss der Adligen.
Die Fehden der Adelshäuser untereinander und die Empörung der kleinen und mittleren Bauern über die immer krasser werdenden Besitzunterschiede führten in vielen Poleis zu Krisensituationen. In vielen Gemeinschaften kam es zur absoluten Herrschaft einzelner Adliger, die durch Brutalität und Untergrabung der Polisordnung ihre Machtstellung behaupteten.
In Athen wurde Solon, selbst ein Adliger, zum Archon (hohen Beamten) und zum Diallaktes (Versöhner) bestellt. Er erkannte, dass das Volk in den Prozess des Regierens mit einbezogen werden musste, da der Adel trotz seiner hervorgehobenen Stellung nicht in der Lage war, die sich entwickelnden Probleme zu lösen. Solon kann als Wegbereiter der demokratischen Polisordnung bezeichnet werden.
Die Geschichte der Poleis war ab dem 6. Jahrhundert durch ein ständiges Auf und Ab in den Machtverhältnissen und den Rechten des Demos gekennzeichnet und nahm in den einzelnen Gemeinschaften einen unterschiedlichen Verlauf.

 
 

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