Die politische Krise im Winter 1859/60 ging mit einer schweren privaten Krise des Kaiserpaares Hand in Hand. Der Kaiser dachte nicht daran, seine junge Frau an seinen Sorgen teilhaben zu lassen, über Politik sprach er nach wie vor nur mit seiner Mutter. Verärgert mußte die junge Kaiserin hinnehmen, daß man ihre Vorschläge gar nicht zur Kenntnis nahm. Das Tauziehen zwischen Sophie und Sissi war heftiger denn je. Im Juli 1860 kam es zu so schweren Differenzen zwischen dem Kaiserpaar, daß Elisabeth mit Gisela Wien verließ und nach Possenhofen fuhr. Nach weiteren Auseinandersetzungen wurde der Gesundheitszustand, ausgelöst durch Nervenkrisen und ständige Hungerkuren, so schlecht, daß der Lungenspezialist Dr.
Skoda entschied, sie müsse sofort in wärmeres Klima, da akute Lebensgefahr herrschte. Es folgte ein 5monatiger Kuraufenthalt auf Madeira. Dort lebte Sissi ziemlich einsam in einer gemieteten Villa am Meer. Im Juni 1861 stellte Dr. Skoda eine Lungenschwindsucht fest und ordnete als letzte Hoffnung einen Aufenthalt auf Korfu an. Sie wurde ständig geplagt von Weinkrämpfen, Blutarmut, Hustenanfällen und Wassersucht, verbunden mit Verweigerung des Essens und Depressionen.
Nach fast einjährigem Aufenthalt in Korfu und Venedig traf die immer noch schwerkranke Kaiserin im Mai 1862 in Reichenau an und fuhr von dort auf ärztliche Anordnung sofort nach Bad Kissingen zur Kur. Danach reiste sie nach Possenhofen. Wenige Tage vor dem kaiserlichen Geburtstag am 18. August 1862 kehrte die Kaiserin überraschend nach Wien zurück. Kaum war Sissi wieder gesundet, wartete man auf weiteren Nachwuchs zur Sicherung der Thronfolge. Inzwischen nahm sie auch das Wandern und Reiten wieder auf.
Der Kronprinz hatte die Sensibilität seiner Mutter geerbt. Seitdem er unter der strengen, ja sadistischen Fuchtel seines Erziehers, Graf Leopold Gondrecourt stand, war er ständig krank, hatte Fieber, Angina und Magenkatarrh. Gondrecourt hatte strengst kaiserliche Weisung, den zarten, übersensiblen Knaben \"scharf herzunehmen\", um aus ihm einen guten Soldaten zu machen. Als es um das Leben Rudolfs ging, wurde Elisabeth aktiv. Sie stellte dem Kaiser ein schriftliches Ultimatum. Entweder geht Gondrecourt oder sie.
Außerdem forderte sie unumschränkte Vollmacht in allem, was ihre Kinder betraf, sowie die alleinige Entscheidungsfreiheit über ihren Aufenthaltsort und über ihre persönlichen Angelegenheiten. Sie setzte ihren Willen durch, Erzherzogin Sophie wich immer mehr zurück. Rudolf bekam einen neuen Erzieher, Oberst Latour, bei dem er wieder völlig gesundete, physisch als auch psychisch. Elf Jahre hatte es gedauert, bis sie den Mut fand, das zu tun, und nicht mehr in Krankheiten und Auslandsreisen zu flüchten.
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