Wenn es deutliche Grenzen für die mittelalterlichen Ärzte gab, war es nicht der Umstand, dass sie die Krankheiten nicht erkennen konnten, sondern dass sie diese oft nicht zu heilen vermochten. Der Stand der Heilkunst war niedrig, es hatte seit der Antike kaum mehr einen Fortschritt gegeben. Die medizinischen Lehren, die an der abendländischen Universitäten vorgetragen wurden, waren von der Kirche festgelegt. Im wesentlichen waren es Vorlesungen alter Texte, mit einem kurzen Kommentar versehen. Die Symptome wurden exakt erkannt, doch als Ursache nahm man astrologische Einflüsse (Abb. 9) an und versuchte sogar, auf Grund von Planetenkonjunktionen zukünftige Pestzeiten vorauszusagen. Da im Mittelalter über die Pest recht wenig bekannt war, wurden zu ihrer Bekämpfung vielfältigste Mittel angewandt: zur "Desinfektion\" wurde von Essig, Rauch, Schwefel und Parfum (später wurde daraus das weltberühmte "Echt Kölnisch Wasser\" entwickelt!) Gebrauch gemacht.
Abb. 9: Düfte gegen den Tod
Diese Parfümkugel aus Silber und Gold enthielt Blüten und Kräuter, welche die Luft erfrischen und die Seuche (und den Gestank des Todes) abhalten sollten.
Der Aderlass war im späten Mittelalter das am häufigsten angewandte Mittel. Die älteste bildliche Darstellung des Aderlasses geht auf das 12.Jahrhundert zurück. Der Aderlass wurde bereits seit der griechischen Antike angewandt, doch seine Bedeutung bekam erst durch Galen im 2.Jahrhundert. Galen behauptete, er habe durch Aderlässe in Asien die Pest von sich abgewehrt. Im 14. Jahrhundert und weit darüber hinaus galt der Aderlass bei vielen Krankheiten als das Mittel der Wahl.
Abb. 7: Der Aderlass Abb 8: Pestarzt
Abb 9: Das Pestkreuz
Das vermutlich spätmittelalterliche Pestkreuz zeigt starken astrologischen Einfluss, etwa durch die Wiedergabe von Sonne und Mond bzw. die Konstellation gewisser Planeten, die als Ursache der Pest angesprochen wurde. Möglicherweise handelt es sich um ein Amulett, einem sichtbaren Zeichen gegen die unsichtbare Macht.
Doktoren in dicken Kostümen und mit Schnabelmasken (Abb. 8) öffneten die Pestbeulen der Kranken und ließen Eiter und Blut abfließen. Furchtlosigkeit wurde als oberstes Mittel gegen die Pest gepriesen. Mehr als fünfzig verschiedene Pestheilige (darunter besonders der Heilige Sebastian und der Heilige Rochus) wurden angerufen. Isolation und Quarantäne wurden eingesetzt. Dies erwies sich als etwas vom Wenigen, das wirksam war. Jede Stadt führte die Quarantäne, normalerweise vierzig Tage lang, an allen Fremden durch und Kranke wurden isoliert. Ein schlechtes Zeichen waren die Pestkarren, welche die Toten gleich karrenweise aus der Stadt zu den Pestlöchern transportierten: Zeichen dafür, dass an einem Tag oft Tausende von Toten weggebracht werden mussten. In diesen Pestlöchern fanden Massenbeerdigungen auf zum Teil makaberste Art und Weise statt: die Toten wurden lagenweise in die Löcher geworfen, mit Erde bedeckt, um darauf die nächste Lage Tote zu werfen. Wurden die Toten noch einzeln beerdigt, so kamen spezielle Pestsärge zum Einsatz: sie besassen an der Unterseite zwei Klappen, durch die der Tote ohne grossen Aufwand ins Grab befördert werden konnte, und der Sarg war einsatzbereit für den nächsten Toten
Abb. 10: Das Warnzeichen Pest
Das Kennzeichen der Häuser, in denen sich Pestkranke befanden (gehörten zu den Vorsichtsmaßnahmen der Obrigkeit)
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