3.1 Die Soldaten im 1. Weltkrieg >
Der Erste Weltkrieg war ein die meiste Zeit ein Stellungskrieg, bei dem sich die Fronten kaum verändert haben. Für die Soldaten war es brutaler und harter Krieg, da sich die feindlichen Stellungen oft nur mehrere hundert Meter vor den eigenen befanden. Auch bestand andauernd die Gefahr von den feindlichen Kanonen getroffen zu werden. In den Bergen war es schwierig und gefährlich den Nachschub zu sichern. Jede Kanonenkugel, jeder Schuß mußte mühsamst an die Front geschafft werden. Auch der Abtransport der Verwundeten war nicht immer gesichert und so mußte man oft zusehen, wie Kameraden verbluten oder qualvoll sterben.
Solche Bilder sind für einen Jungen Soldaten nicht zu verkraften und so kam es immer wieder zu Selbstmorden an der Front.
3.2 Literatur zum 1. Weltkrieg
3.2.1 Jaroslav Hasek
Jaroslav Hasek wurde am 24. April 1883 in Prag geboren. Sein Vater war ein eher kümmerlich dahinlebender Mittelschullehrer, der es später schaffte, zum kleinen Bankbeamten aufzusteigen. Jaroslav Hasek war Bohemien, Anarchist, Landstreicher, Hundehändler, humoristischer Schriftsteller, Mystifizierer und zu guter letzt auch ein österreichisch-ungarischer Soldat.
Vor dem Ersten Weltkrieg veröffentlichte Hasek in den verschiedensten Zeitschriften, Revuen und Kalendern rund fünfhundert kurze humoristische Erzählungen und gab mehrere Erzählbände heraus. Der erste Entwurf der Figur des Josef Schwejk, die später zur zentralen Gestalt von Haseks literarischem Hauptwerk anwachsen sollte, entstand bereits 1911. Damals notierte sich Hasek auf einem kleinen Papierblatt den Titel einer neuen Erzählung: "Der Tölpel bei der Kompanie". 1921, kurz nachdem er den Schwejk-Roman zu schreiben begonnen hatte, gründete er mit drei Freunden eine Gesellschaft, die den Roman in Eigenregie in Form von Fortsetzungsheften verlegte und in Gasthäusern kolportierte. Das Manuskript pflegte Hasek der Druckerei stets nur seitenweise zu liefern. Zuerst schrieb er mit der Hand, später diktierte er den Text beim Biertrinken in seinen Stammgasthaus namens Invald in Lipnice bei Havlickuv Brod. Nach Lipnice war er umgezogen, weil es ihm in Prag unbehaglich und sein Leben dort voll Widerwärtigkeiten geworben war.
Die Literaturkritik nahm Schwejk vorerst gar nicht zur Kenntnis, er gehörte ja in den verrufenen Bereich der Boulevardliteratur. Diese Mißachtung störte Hasek kaum, denn seine Leser - es waren fast ausschließlich kleine Leute, meist Kriegsveteranen - waren wortwörtlich bereit, um die begehrten Schwejk-Hefte zu raufen. Eine Ausnahme unter den tschechischen Literaturgranden war der Schriftsteller Ivan Olbracht. Er beschrieb Josef Schwejk als einen "genialen Deppen, der, den Anarchismus seines Autors verkörpernd, in seiner tiefen Lebenskenntnis und seinem Wissen über die menschlichen Eigenschaften den Protest gegen die Niedertracht, Brutalität und Absurdität des Ersten Weltkriegs ausdrückt".
Wesentlich deutlicher als in seinen Erzählungen aus der Vorkriegs- und Kriegszeit führte Hasek im Schwejk ungewöhnlich originell und klarsichtig die verschiedenen Abarten der Ruchlosigkeit und des Zerfalls vor.
Auf Grund seiner kritischen Beschränktheit wurde Schwejk als Abbild einer einfältigen Volksseele gedeutet, bloß als Ausdruck des Lebenswillens von Unterdrückten und eines derben, die Wunden heilenden Lachens. Haseks Humor aber geht viel mehr von der Doppeldeutigkeit des Tragischen und des Komischen aus. Bemerkenswert ist auch, daß es Hasek selbst war, der den Welterfolg seines Romans vorhersah - auf seinen ausgedehnten Zechtouren sprach er oft und lange darüber. Lange bevor der gute tschechische Soldat die Weltszene erreichte, hatte bereits ein Werbeplakat angekündigt, daß es sich beim Schwejk um eines der bedeutendsten Werke der Weltliteratur handelte.
In der Tat, der Roman "Die Schicksale des guten Soldaten Schwejk während des Ersten Weltkriegs" ist das berühmteste und meistübersetzte Buch der gesamten tschechischen Literatur geworden. Die Figur des Josef Schwejk wird mit Don Quijote und Sancho Panzo verglichen, mit Oblomow, Falstaff und vielen anderen eindrucksvollen Gestalten der Weltliteratur.
Das Geburtsjahr von Jaroslav Hasek, 1883, ist auch das Geburtsjahr eines anderen aus Prag Gebürtigen: Franz Kafka. Der eine lebte vierzig Jahre lang, der andere einundvierzig. Ihre gegensätzlichen Werke werden von der heutigen Literaturwissenschaft nebeneinandergestellt. Sie sind, ob ihrer starken Anziehungskraft und tiefen Menschlichkeit und trotz aller offensichtlichen Unterschiede, einander sehr nahe. Sowohl in seinem Land wie auf der ganzen Welt gilt Jaroslav Hasek als ein origineller und aktueller Klassiker, als einer, dessen Werk einen wichtigen Beitrag zur Erkenntnis des Menschlichen geleistet hat. Es ist ein Werk, das in seinem Wesen einen Spiegel jener Menschlichkeit darstellt, die selbst die tragischsten Lebensumstände nicht zerstören können.
Ohne seinen später so berühmten Roman zu Ende diktiert zu haben, starb Jaroslav Hasek am 3. Jänner 1923 in Lipnice.
3.2.1.1 Jaroslav Hasek: Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk
Dieser Roman ist der umfangreichste und wahrscheinlich auch der bekannteste von Jaroslav Hasek. Er blieb wegen Hasek Tod unvollendet und wurde vom Publizisten Karel Vanek (1887 - 1933) vollendet. Das Buch ist eine Satire auf den Militarismus, nicht nur in der Donaumonarchie. Der Roman berichtet vom Schicksal des Prager Hundehändlers Josef Schwejk im Getriebe der k. u. k. Kriegsmaschinerie während des Ersten Weltkrieges. Dem Soldaten sind Sieg oder Niederlage der österreichischen Herrschaft vollkommen gleichgültig. Mit entwaffnender Einfältigkeit und wohlberechneter Naivität führt er einen Kleinkrieg gegen die Mechanik des Militärapparats, gegen die Dumm- und Trägheit der Bürokratie, gegen die Willkür der staatlichen Direktiven und gegen die scheinbar unausweichliche Zwangsläufigkeit des Kriegsgeschehens.
Schwejk ist durch ein amtsärztliches Attest als blöde ausgewiesen und wird im Krieg dem Oberstleutnant Lukas als Bursche zugeteilt. Sein Pflichtbewußtsein und sein Befehlsgehorsam übertreffen alle Erwartungen. Schwejk erfüllt seine Aufgaben über Gebühr und führt damit ihre Sinnhaftigkeit auf eine unwiderlegbare Weise ad absurdum. So vermag der "kleine Mann" im Chaos der Krieges seine persönliche Freiheit zu verteidigen, indem er sich mit Hilfe seines Humors souverän über die Ereignisse erhebt. Er befreit sich durch seinen Witz und seine Phantasie, die ihm bei jeder Gelegenheit eine Anekdote eingibt, welche unter anderem die ganze Lächerlichkeit des k. u. k. Patriotismus und Militärfetischismus bloßstellen.
Der Roman besteht aus einer Reihe von locker aneinandergereihten Erzählungen, Unterhaltungen und Einwürfen Schwejks, die ein lebensnahes Bild der böhmisch-österreichischen Wirklichkeit gegen Ende der Habsburgermonarchie entstehen lassen. Je mehr die Hauptfigur in das Kriegsgeschehen einbezogen wird, desto einfacher wird die äußere Szenerie. Dafür wird das umfassende Mosaik aus widersprüchlichen Charakteren und Schicksalen immer dichter. Hasek läßt Menschen der verschiedensten sozialen Schichten , Soldaten und Zivilisten, Stützer des Regimes und Gegner oder Gleichgültige zu Wort kommen. Der Autor gibt jeder Person einen eigenen Charakter, der nur selten stark überzeichnet dargestellt wird und es gibt auch kaum rein negative Gestalten.
Umgekehrt idealisiert er die Menschen vom Schlag Schwejks mit ihrer charakteristischen Blickrichtung, die alles "von unten" sehen nicht. Lächerlich und niedrig in ihrem äußeren Verhalten und in ihrer Lebenseinstellung, verkörpern sie ein unerschöpfliches Reservoir der Menschlichkeit. Solche Personen sind der einfältige Gastwirt Palivec, der unersättliche Paloun u. a. Diese Leute werden an den exponierten Stellen des Romans zum Gegenpol des sinnlosen Mechanismus zur Vernichtung des menschlichen Lebens. Sie verkörpern in Sprache und Denken den unbeugsamen Willen zu leben - nicht aus falscher, pathetischer Parolen - sondern um des Lebens selbst. Zum Unterschied von allen übrigen Gestalten jedoch entlarvt Schwejk die groteske Komik des Geschehens, das er mit humorvollem Blick von außen betrachtet, nicht durch die Einseitigkeit seines Urteils, sondern durch den fortwährenden komplizierten Übergang von einen Extrem ins andere. Durch seine bloße - jedoch keinesfalls passive Existenz wurde Schwejk zum Sinnbild des Widerstandes gegen jegliche Art Diktatur.
Berthold Brecht hat das Motiv des Soldaten Schwejk zum antifaschistischen Protest in "Schwejk im Zweiten Weltkrieg" wiederaufgenommen. 1928, nur wenige Jahre nach dem ersten Erscheinen des Romans, haben Max Brod und Hans Reimann die Satire für das Theater überarbeitet. Der Roman wurde auch verfilmt und man konnte wohl kaum einen besseren Schwejk finden als Fritz Muliar.
3.2.2 Jaroslav Hasek und der 1. Weltkrieg
Hasek war Soldat in der österreichisch-ungarischen Armee an der russischen Front - einer freilich, der sich weder durch Disziplin noch durch Gehorsam auszeichnete. Er war also in der Lage, den Tagesablauf an der Front wirklichkeitsgetreu darzustellen. Einige Personen aus dem Buch "Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk" sind aus seinem Leben und aus seiner Erinnerung an die Front. Die Hauptfigur freilich ist eine Erfindung. Hasek war aber mehr Anarchist als Soldat und so hat es ihm im Militär nicht sehr gut gefallen. Wahrscheinlich spiegelt sich im Soldaten Schwejk das Gefühl, das Hasek an der Front hatte: In einen Krieg geraten zu sein, der ihm zuwider war und dessen Ausgang ihm egal war. Er haßte das Militär und die militärische Ordnung und so entstand in Haseks Unterbewußtsein langsam eine Figur namens Schwejk.
Es war also kein wunder, daß desertierte, um sich, plötzlich patriotisch entzückt, den damals gerade entstehenden Tschechoslowakischen Legionen anzuschließen, um es zum Kommissar und sogar zum Sonderbeauftragten der bolschewistischen Bewegung zu bringen.
3.2.3 Doderer
Er wurde 1896 in Weidlingau bei Wien geboren. Sein Vater war Erbauer der österreichischen Alpenbahnen. Seine Jugend verbrachte Heimito von Doderer in Wien; 1916 geriet er als Reserveoffizier in Gefangenschaft; bis 1920 lebte er in Sibierien. Danach studierte Geschichte in Wien, 1925 Dr. phil., später freier Schriftsteller, 1939 Kontroversion zum Katholizismus, ab 1940 erneut Soldat, nach Kriegsende wieder in Wien. 1950 wurde er Mitglied im Institut für Geschichtsforschung. Er erhielt mehrere Literaturpreise. Doderer starb 1966 in Wien.
Doderer, der als Schriftsteller zunächst nur wenig Resonanz fand, bietet in seinen umfangreichen Wiener Romanen ein Zeitbild aus den Jahren 1910 bis 1927. Er belebt das großstädtische Panorama mit vielen Gestalten, die eine Art Querschnitt durch alle Stände, Berufe und Lebenskreise bieten, deren Lebensläufe und Schicksale nebeneinander herlaufen und zugleich ineinander verschlungen werden.
Doderers große Romane (Die Strudelhofstiege, Die Dämonen, .) schrieb Doderer erst lang nach dem Ersten Weltkrieg. Als unbekannter Schriftsteller war Doderer jedoch auch schon während des Ersten Weltkriegs aktiv.
3.2.3.1 Feldbegräbnis einer Liebe
Feldbegräbnis einer Liebe ist eine Kurzgeschichte die den Zerfall der Monarchie im 1. Weltkrieg darstellt. Die Donaumonarchie wird durch ein altes Schloß repräsentiert, in dem eine Truppe ihr Quartier aufschlägt. In einem Zimmer im hinteren Teil des Schlosses findet der Kommandant eine Sammlung von Briefen, die von einer Liebe zwischen Adeligen handeln. Da die Feinde näher rücken gerät das Schloß nach und nach unter Beschuß und erst als letztes wird der Teil des Schlosses getroffen, in dem die Briefe versteckt sind. Der Autor beschreibt den Niedergang der Monarchie anhand des Schlosses und der Soldaten, die den ehemaligen Glanz des Schlosses mit ihren dreckigen Schuhen zerstören.
Nach und nach wird das Schloß zur Gänze zerstört und der Kommandant läßt die Briefe symbolisch begraben.
3.2.4 Doderer und der 1. Weltkrieg
Auch Doderer war wie viele andere im Ersten Weltkrieg als Soldat vertreten und geriet 1916 in russische Gefangenschaft. Bis 1920 blieb Doderer in Sibirien. Der junge Doderer versucht in seinen ersten Werken die Erlebnisse aus dem Weltkrieg zu verarbeiten.
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