In den nächsten Sitzungstagen wurde dazu eine Fülle von Beweisdokumenten zitiert. Eines der Schlüsseldokumente in diesem Zusammenhang ist das \"Hoßbach-Protokoll\" vom 5. November 1937. Was geschah an diesem Tag? An diesem Tag, noch fast ein Jahr vor dem Anschluß Österreichs, fast zwei Jahre vor Kriegsbeginn, enthüllte Hitler die ganze Reichweite seiner Pläne. Während das deutsche Volk und die Welt noch immer mit Friedensbeteuerungen beschwichtigt wurden, fand in Berlin eine geheime Sitzung statt. Die Teilnehmer, die sich um Hitler versammelten, waren Reichskriegsminister Werner von Blomberg, Generaloberst Werner von Fritsch als Oberbefehlshaber des Heeres, Generaladmiral Erich Raeder als Oberbefehlshaber der Kriegsmarine, Generaloberst Hermann Göring als Oberbefehlshaber der Luftwaffe, Reichsaußenminister Constantin von Neurath und der persönliche Adjutant Hitlers, Oberst Friedrich Hoßbach.
Hoßbach fertigte über den Inhalt dieser Sitzung ein Protokoll an. Es überdauerte den Krieg, wurde von den alliierten Truppen gefunden und lag nun auf dem Tisch der Anklagevertretung in Nürnberg. \"Das Schriftstück\", sagte der amerikanische Ankläger Aldermann, \"zerstört jeden nur möglichen Zweifel an den wohlüberlegten Plänen der Nazis bezüglich ihrer Verbrechen gegen den Frieden. Dieses Schriftstück ist von so ungeheurer Bedeutung, daß ich mich verpflichtet fühle, es in seinem vollen Wortlaut vorzulesen.\" Das Hoßbach-Protokoll ist eines der wichtigsten Beweisdokumente im ganzen Nürnberger Hauptkriegsverbrecherprozeß. Es zeigt fünf Dinge mit aller Deutlichkeit: 1.
Hitlers Aufrüstung war nicht, wie er immer wieder betonte, eine Frage von nationaler Würde und Gleichberechtigung, sondern die erste Stufe seiner Angriffsabsichten. 2. Seit jener Besprechung vom 5. November 1937 wußten Wehrmachtsführung und Auswärtiges Amt, wußten die Angeklagten Göring, Keitel, Raeder und von Neurath,daß Hitler den \"unabänderlichen Entschluß\" gefaßt hatte, spätestens 1943/45 Gewalt anzuwenden und Krieg zu führen. 3. Hitler ist entschlossen, auch seine Gesinnungsfreunde Mussolini und Franco zu verkaufen.
Es geht ihm nicht um seine Blutsverwandten, Österreicher und Sudetendeutsche, sondern um Rohstoffe und Menschenmaterial für neue Divisionen. 4. Alle Beteuerungen Hitlers gegenüber dem deutschen Volk und gegenüber der Welt sind bewußte Täuschungen: \"Wir haben keine territorialen Forderungen in Europa\", \"Wir wollen nur den Frieden\", \"Wir wissen, daß Spannungen in Europa nicht durch Krieg gelöst werden können.\" 5. Hitler, der von seinem Propagandaminister Goebbels als \"der größte Feldherr aller Zeiten\" gepriesen worden ist, hat die militärische Lage vollkommen falsch eingeschätzt. Mit den Vereinigten Staaten von Amerika hat er überhaupt nicht gerechnet.
(12) (Das Protokoll ist im vollen Wortlaut im Anhang abgedruckt)
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