An der Spitze der Stadt Zürich standen zwei Bürgermeister. Sie leite-ten
die Sitzungen des "Kleinen Rates", der ausser ihnen noch 48 Mit-glieder
umfasste. Dieser bildete die eigentliche Regierung. Er ernann-te
die Beamten und beaufsichtigte sie, hielt Gericht über die Bürger,
die gegen ein Gesetz verstossen hatten, empfing fremde Gesandte
und beriet über alle möglichen Probleme: äussere Gefahren, Bauten,
Einnahmen und Ausgaben und vieles anderes mehr. Für wichtige Ge-schäfte
zog er die "Zwölfer", im Ganzen 162 Personen, hinzu. Jede
Zunft ernannte 12 (daher der Name), die Konstaffel 18 "Zwölfer".
Ausserdem ordnete jede Zunft ihre beiden Zunftmeister, die Konstaffel
vier Mitglieder, in den Kleinen Rat ab. Die übrigen 20 Kleinen Räte
wurden von den "Zwölfern" gewählt. Mit diesen etwas komplizierten
System war dafür gesorgt, dass alle Zünfte im Kleinen und im Grossen
Rat einigermassen gleichmässig vertreten waren.
Es war aber allen Bürgern, die nicht ein "zünftisches" Handwerk aus-übten,
erlaubt, sich einer beliebigen Zunft anzuschliessen. Auch reich
gewordene Handwerkerfamilien, deren Angehörige längst andere
Berufe ausübten, blieben in ihrer Zunft. Daher waren die Zünfte keine
reinen Handwerkervereinigungen mehr. Dies bewirkte aber auch, dass
sehr bald die reichen, patrizischen Mitglieder der Zünfte das Sagen
hatten und so ausschliesslich sie Mitglieder des "Zwölfers" oder des
kleinen Rates wurden.
2 Bürgermeister
Kleiner Rat (48) Grosser Rat (162)
12.2 Zunftmeister 12.12 Zünfter
4 Konstaffler 18 Konstaffler
20 vom Grossen Rat gewählt
Soziale Schichten
Im Prinzip war jeder Bürger in jedes Amt wählbar. Die Wirklichkeit
sah aber anders aus. Die Einwohner der Stadt gliederten sich in 3
Schichten:
. Die vornehmen Bürger, die Patrizier (etwa 25% der Einwohner):
Kaufleute, Familien mit Grundbesitz auf dem Land, Berufsoffiziere,
die gegen Bezahlung in den Heeren der europäischen Herrscher
Kriegsdienst geleistet hatten. Sie beherrschten die Konstaffel und
waren in den meisten Zünften massgebend. Sie stellten die Bürger-meister,
den Kleinen Rat und die meisten "Zwölfer".
. Die einfachen Bürger (etwa 50% der Einwohner): Handwerker und
Kleinhändler. Die Mitgliedschaft in einer Zunft sicherte ihnen die
Existenz. Die Vorschrift der Zunft verhinderte nämlich, dass ein Hand-werksbetrieb
zu gross wurde oder dass zu viele Handwerksbetrie-be
entstanden. In der Politik hatte der einfache Bürger dagegen
kaum mitzureden.
Bauernkrieg, 1653 "Unternährer und Hinterueli, die letzten freien Entlibucher"
. Die "Nichtbürger" (etwa 25% der Einwohner): Sie übten einen
nichtzünftischen Beruf aus oder waren als Gesellen oder Arbeiter
irgendwo angestellt. Sie hatten keine politischen Rechte. Die Mög-lichkeit,
das Zürcher Bürgerrecht zu erwerben, wurde immer mehr
eingeschränkt und schliesslich ganz aufgehoben.
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