Nachdem im Kapitel "Utopien in der Literatur" verschiedene utopische oder dystopische Werke kurz zusammengefaßt und bewertet wurden, möchte ich mich mit dem Werk von Jules Verne nun etwas ausführlicher beschäftigen und hervorheben, wie er unsere Zeit vorausgesehen hat, was er daran kritisierte und in wie sich das Bild der Zukunft, das er hier formuliert von dem damaligen Zeitgeist abhebt.
Verne hat dem Text wohlweislich noch ein Gedicht vorangesetzt, das schon zu Anfang keinen Zweifel über die Aussage des Buches läßt:
Oh schrecklicher Einfluß jener
Rasse, die weder Gott noch
König dient, ergeben den
weltlichen Wissenschaften,
den gemeinen Maschinenberufen!
Was würde sie nicht alles
anstellen, ließe man ihr freie
Hand, zügellos hingegeben
jenem unheilvollen Geist des
Wissens, Erfindens und
Perfektionierens
PAUL-LOUIS COURIER
Die Handlung startet sozusagen in 'medias res' im Leben von Michel Jérôme Dufrénoy, des Protagonisten. Michel ist ein junger Literaturstudent und versucht sich als angehender Poet und Dramatiker.
Das erste Kapitel beginnt am 13. August 1960, also mehr als 100 Jahre nach der Zeit der Entstehung des Romans und ist übertitelt mit "Erste Allgemeine Bildungskreditbank". Die Organisation, die damit bezeichnet wird, ist der Nachfolger der klassischen Schule, eine Aktiengesellschaft, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, die Bildung zu organisieren und zu einem wirtschaftlichen Erfolg zu machen, was auch offensichtlich geglückt ist. "Eine durchschnittliche Bildung [war] bis in die letzten Schichten der gesellschaftlichen Ordnung gedrungen...", Verne macht aber jedoch auch schnell klar, daß es nicht nur die Effizienz ist, die sich in diesem industrialisierten Bildungssystem geändert hat: auch die Lehrpläne und Bildungsziele selbst haben sich grundlegend verändert, in den Schülern werden weniger die sprachlich-künstlerischen Fähigkeiten gefördert, sondern nur die Naturwissenschaften "mit mechanischen Mitteln eingeflößt": "Doch wenn auch die letzten Griechisch- und Lateinlehrer endgültig in ihren vereinsamten Klassen ausstarben, welchen Rang nahmen die Herren Professoren der Wissenschaften ein, und auf welch distinguierte Weise sahnten sie ab!".
Diese Organisation also richtet im ersten Kapitel ihre jährliche Zeremonie zur Verleihung der Preise für besondere Leistungen aus.
Während die Preisträger der wissenschaftlichen Disziplinen aus den Publikum frenetischen Beifall ernten, wird Michel für seinen 1. Preis in "Lateinischen Versen" nur Gelächter und mitleidige Bemerkungen zuteil.
Im zweiten Kapitel beschränkt sich Verne darauf, Michel durch Paris streifen zu lassen, um dem Leser einige Details des neuen Paris aber auch wichtige technische Entwicklungen, besonders im Bereich Verkehr, näherzubringen.
Interessant sind dabei die Magnetbahnen, die dem "Transrapid" nicht unähnlich sind. Diese sogenannten "Railways" werden durch Magnetkraft in Verbindung mit Druckluft betrieben. Diese Druckluft kommt aus riesigen Luftspeichern, der "Pariser Katakombengesellschaft", deren Aufgabe es ist, die Haushalte und die Industrie, ähnlich den heutigen Stromversorgern, mit Druckluft für den Antrieb von allerlei Geräten beliefern.
Der Individualverkehr mit Pferdewagen ist einer Fortbewegung mit sogenannten "Gascabs" gewichen, die verdächtige Ähnlichkeiten zu heutigen Autos mit Verbrennungsmotor aufweisen sie bewegen sich "mit Hilfe eines Motors, bei dem sich die Luft durch Gasverbrennung ausdehnte".
Verne meinte, daß der Verkehr sich erheblich verringern würde, wenn es keine langsamen Pferdekarren mehr gibt, was aber auch eine wichtige Voraussetzung sei für das "fieberhafte Jahrhundert, in dem die Vielfältigkeit der Geschäfte keine Ruhepausen zuließ und keine Verspätung gestattete".
Im nächsten Kapitel nimmt sich Verne wieder der Menschen des 20. Jahrhunderts am Beispiel von Michels Onkel an: Michel will seinem Onkel klarmachen, daß seine Berufung weder die so hoch angesehene Wissenschaft, noch die Wirtschaft, sondern die Kunst sei. Die Antwort ist abzusehen: "[Michel], Sie treiben bereitwillig im Strom des Idealen und das Resultat...war bisher dieser Preis, den Sie zu unser aller Schande gewonnen haben.". Deutlich wird auch hier, was Verne am stärksten in seiner Vision vermißt, das Idealistische, das immer mit der Kunst verbunden war, es ist hier verdrängt worden von trockenen Zahlen, die nur Umsätze und Gewinne kennen. Von genau diesen Zahlen läßt sich auch Michels Onkel leiten, als er den jungen Mann in einer Bank zur Ausbildung anmeldet.
Um seinen letzten freien Tag vor dem Beginn seiner ungeliebten neuen Arbeit zu nutzen, beschließt Michel, sich einige bekannte Werke der französischen Literatur zu beschaffen, scheitert aber im größten Buchladen von Paris kläglich, zu Victor Hugo oder Balzac hört er nur: "Monsieur, das haben wir nicht. Diese Autoren waren zu ihrer Zeit sicherlich kaum bekannt, ihre Werke sind nicht wieder aufgelegt worden."
Mit letzter Verzweiflung findet er noch in die Stadtbibliothek, wo er überraschend Erfolg hat weil er, noch überraschender, seinen anderen Onkel findet, der mit Michel die Leidenschaft für die Literatur teilt und sich der Situation durchaus bewußt ist: "Die Literatur ist tot mein Kind,...ich bin der Hüter dieses Friedhofs hier, und die Exhumierung ist Untersagt."
Mit neuer Hoffnung tritt Michel im fünften Kapitel seine Stelle in der Bank an. Interessant sind hier die einzelnen technischen Errungenschaften der Bürotechnik, die Verne erdacht hat: die Rechenmaschinen, die Michel bedienen muß, weisen ziemliche Ähnlichkeit mit heutigen elektronischen Geräten auf: \""drückte man auf die Tasten einer Klaviatur, erhielt man augenblicklich Endsummen, Restbeträge, Produkte..." auch das Fax tritt schon in Erscheinung: "Die photographische Telegraphie...erlaubte überdies, das Faksimile jedes beliebigen Schriftstücks in weiteste Fernen zu schicken und über fünftausend Meilen hinweg zu unterzeichnen. Das telegraphische Netz überzog also die gesamte Erdoberfläche" Sätze wie: "Amerika war keine Sekunde von Europa entfernt." erinnern sogar stark an die Slogans von Menschen, die heute den Beginn der Informationsgesellschaft postulieren.
Dennoch war Verne auch die Schattenseite der florierenden Geldwirtschaft bewußt, denn er sagt, daß sich die "Diebe genausoschnell vermehrten wie die Geschäfte".
Natürlich eckt Michel auch hier mit seinen Ambitionen an, man sagt über ihn: "Er ist das was man früher als Künstler bezeichnete und was wir heute einen Verrückten nennen."
Nach einem Zwischenfall mit einer selbstverteidigenden Registrierkasse, wird Michel zum "Großen Hauptbuch" versetzt, eine Arbeit, die man ihm eher zutraut. Das Hauptbuch, das die Angestellten wie eine Gottheit in einem (Finanz-)Tempel verehren, wird von einem Schreiber namens Quintsonnas geführt, der sich nach einiger Zurückhaltung auch als Künstler entpuppt, der mit der Arbeit am Großen Buch nur seinen Lebensunterhalt bestreitet, um seine Beschäftigung mit der Musik weiterführen zu können, ein Leben im ständigen Kompromiß. Er hat es offensichtlich geschafft, sich in dieser für Künstler unwirtlichen Welt unerkannt anzupassen: "Hier bin ich Buchführer, der Schreiber ernährt den Musiker..."
Michel freundet sich mit seinem zweiten Gesinnungsgenossen schnell an und trifft sich regelmäßig mit ihm.
Zu Beginn des siebten Kapitels treffen sich die beiden Männer in Quintsonnas kleiner Wohnung, bald kommt noch ein dritter, Jacques Aubanet, dazu. Die Drei beginnen während des Essens über ihre eigene Rolle und die Rolle der Kunst in der Gesellschaft zu diskutieren. Wieder sind sie sich darüber einig, daß die Kunst inzwischen völlig von den monetären Interessen verdrängt worden ist: "Ich frage dich, was [der Poet] auf dieser Welt zu suchen hat, auf der die höchste Pflicht des Menschen darin besteht, Geld zu verdienen!" Sie sind sich auch einig, daß die Menschen des 20. Jahrhunderts gar kein Verhältnis mehr zu hintersinniger Literatur mehr haben, sondern nur noch die simple, leicht zu verarbeitende Unterhaltung wünschen: "diese Welt ist nur mehr ein Jahrmarkt...man muß die Leute mit Gaukelspielen unterhalten." Es gibt jedoch noch eine zweite Möglichkeit, um die Menschen dieses Jahrhunderts zu fesseln, wie Quintsonnas zu Michel sagt: "Du mußt in deinen Versen die Wunder der Industrie preisen!"
Interessant, daß Verne hier vielleicht selbst die Ursachen für seinen Erfolg mit "Fünf Wochen im Ballon" durchschaut hat. Er beginnt offensichtlich, eine Entwicklung in seiner eigenen Zeit zu erkennen, die er zwar selber mit seinen 'normalen' Werken unterstützt und sogar ausnutzt, aber als Schriftsteller auch nicht wirklich gutheißen kann.
Die Hauptthematik des achten Kapitels, immer noch in Quintsonnas' Wohnung, ist die Musik des 20. Jahrhunderts. Die drei Männer sind sich einig, daß die Wissenschaft in der Kunst, besonders aber der Musik nichts zu suchen habe. Interessant ist dabei aber, daß Verne durch Quintsonnas offenbar zum Ausdruck bringen will, daß er auch Innovation in der Musik für nicht akzeptabel hält. Die Musik der vergangenen Jahrhunderte wird scheinbar von ihm so hoch bewertet, daß keine Verbesserung für möglich gehalten wird. "Man sucht nicht nach neuen Ausdrucksformen, in der Musik gibt es nichts neues zu finden, genausowenig wie in der Liebe..." Eine Auffassung von Kunst und Innovation, die zur heutigen auch nicht unterschiedlicher sein könnte. Das Kapitel schließt damit, daß Quintsonnas seinen Freunden das Musikstück vorstellt, mit dem er seinen künstlerischen Durchbruch schaffen will, ganz im Stil der neuen Zeit.
Kapitel neun leitet Michels Besuch bei Onkel Huguenin, ein, den er vorher in der Bibliothek kennengelernt hatte und der sein unerwünschtes Interesse für Literatur teilt. Hier ist zum ersten Mal von einem Monsieur
Richelot und seiner Enkelin Lucy die Rede. Richelot war der Lateinlehrer von Michel, unschwer zu ahnen, welchen Verlauf seine Karriere in dieser Zeit nimmt.
Das gesamte zehnte Kapitel beschäftigt sich mit der eigenen Bibliothek von Huguenin, in der er etliche Werke der klassischen französichen Literatur gesammelt hat, um sie vor einem Schicksal in der Vergessenheit zu bewahren. Er vergleicht sie sogar mit einer "Armee": "...denk daran, daß die schönste Armee der Welt vor deinen Augen aufmarschieren wird, denn es gibt keine andere Nation, die in der Lage wäre, eine ebenbürtige aufzubieten..." Verne legt hier offensichtlich sogar einen literarischen Nationalismus zutage. Die nächsten Seiten sind somit ein reiner Rundgang durch die französische Literatur, die beiden Männer schreiten die Reihen der Bücher ab wie eine "Truppenschau".
Michel kommentiert die Sammlung mit den Worten: "Ich denke, daß dieses kleine Zimmer alles enthält, was ein Mensch braucht, um sein ganzes Leben lang glücklich zu sein.", dennoch warnt ihn der Onkel im Gedanken an das 20. Jahrhundert: "denk daran, was du bist, was du erreichen mußt und denk an diese Zeit, in der wir beide leben."
Zu Beginn des 11. Kapitels sieht Michel seinen alten Lehrer Richelot wieder und lernt danach auch seine Enkelin Lucy kennen: "Dieses Mädchen war die lebendige Poesie, er spürte sie, mehr als er sie sah, sie traf zuerst sein Herz, und dann seine Augen."
Was Verne hier in so pathetischen Worten beschreibt, ist das, wonach Michel in seinem ganzen bisherigen Leben gesucht hatte: die Verbindung von Realität und Poesie im kalten 20. Jahrhundert des Jules Verne.
Nach dieser Begegnung hat Michel das Bedürfnis, sich etwas genauer mit den Menschen des 20. Jahrhunderts zu beschäftigen und bittet deshalb Quintsonnas um Rat. Dieser belehrt Michel zuerst über die Frauen, insbesondere die Pariserinnen: "Der Schmetterling wurde zur Raupe. Der Engel der Geometrie, der einst mit seinen verführerischen Kurven so großzügig gewesen war, überließ die [pariser] Frau der ganzen Unerbittlichkeit der Linien und spitzer Winkel." Davon ausgehend, holt er aus, um die französische Gesellschaft zu charakterisieren: "Ein jeder bereichert sich, ausgenommen der Körper und der menschliche Geist", er beklagt die Auflösung von Werten wie der Familie: "In einer Zeit, in der die Familie sich aufzulösen droht, in der die Selbstsucht jedes Familienmitglied in eine andere Richtung treibt, in der das Bedürfnis, sich um jeden Preis zu bereichern, die Empfindungen des Herzens abtötet..."
Quintsonnas redet sich dermaßen in Rage, daß er aus Versehen mit der Faust die Tinte trifft und damit das "Große Hauptbuch" befleckt, was zu seiner und Michels sofortiger Entlassung führt.
Im dreizehnten Kapitel, das mit "Wo es darum geht, wie leicht ein Künstler im 20. Jahrhundert Hungers sterben kann" übertitelt ist, wird offensichtlich die Frage diskutiert, wie Michel als arbeitsloser Künstler überhaupt sein Leben finanzieren kann, denn Sozialversicherungen oder ähnliches gibt es natürlich in Vernes Welt nicht. Gestellt wird diese Frage von Quintsonnas: "Da er ein Bursche ist, der weder Finanzier noch Geschäftsmann, noch Industrieller werden kann, wie soll er sich in dieser Welt durchschlagen?" Im folgenden Gespräch treffen die idealistische Welt von Michel, der nur ein "Leben an der Frischen Luft" leben und die "Definition von Glück in die Praxis" umsetzen will, auf die schon sichtbar durch ihre Erfahrungen mit diesem Jahrhundert desillusonierten Ansichten von Huguenin und Quintsonnas. Ansichten zum Beispiel auch über Politik: "Es gibt in Frankreich keine Parteien mehr...die Regierung macht ihre Geschäfte wie ein guter Kaufmann...die Wahlen reißen niemanden mehr mit, die Abgeordnetensöhne folgen auf die Abgeordnetenväter...". Offensichtlich haben sich die Veränderungen, die mit dem Fortschritt und der Fortschrittsgläubigkeit einher gingen, nicht nur auf das kulturelle und soziale Leben ausgewirkt, sondern haben auch das politische Leben grundlegend beeinflußt. Die Menschen werden anscheinend gerne regiert, die Politik funktioniert wie eine Maschine, Keiner hat Interesse Einfluß zu nehmen, Alles wird als gegeben akzeptiert.
Schließlich einigt man sich darauf, daß Michel sein Glück beim letzten Refugium des Theaters versuchen soll, dem "Dramatischen Depot".
Im nächsten Kapitel, Nummer vierzehn, wird mit dem "Großen Dramatischen Depot" natürlich wieder die Literatur thematisiert. In diesem Institut werden, wie in einer Fabrik, Stücke 'von Fließband' produziert. "Wenn das Große Depot auch keine Meisterstücke hervorbrachte, so belustigte es doch zumindest die gefügigen Volksscharen durch friedliche Werke...", es hat sogar noch mehr 'positive' Wirkung: "die Gründung brachte den lärmenden Verein der Autoren zum Verschwinden" meint Verne zynisch. Zusammenfassend und nicht weniger zynisch schreibt er: "keine notleidenden Genies, die ewig gegen die Ordnung der Dinge aufzubegehren schienen, hätte man also über diese Organisation klagen können, welche die Persönlichkeit der Menschen vernichtete und dem Publikum die für seine Bedürfnisse notwendige Menge Literatur lieferte?" Im späteren Verlauf dieses Kapitels wird sogar noch klarer, daß die Literatur weit weg davon ist tot zu sein, sie lebt, aber als ein Haufen von maschinisierter, genormter und individuell angepaßter Unterhaltungsindustrie, die den platten Geschmack der Massen bedient. Für jede Literaturgattung gibt es ein eigenes Büro, alles ist optimiert und reglementiert. Natürlich kann es Vernes Held in dieser Kulturfabrik nicht lange aushalten: "Ich bleibe keinen Augenblick länger in dieser Höhle...[um hier zu arbeiten] muß man vor allem Maschinist und kein Theaterdichter sein...". Michel kündigt nach fünf Monaten "voller Enttäuschungen und Ekel" die Arbeit, auf die sein Freund Quintsonnas seine Hoffnungen für Michel gesetzt hatte.
Michel erzählt seinem Onkel und Quintsonnas jedoch nichts von seiner Arbeitslosigkeit, steht jedoch von nun an vor dem Problem des mangelnden Geldes. Er vertieft seine Beziehung zu Lucy, aber trotzdem liegt darin "eine Frage der Zeit, an der man nicht rühren durfte". Dennoch beschließt er, trotz seiner finanziellen Lage, sich mit Lucy zu verloben. Kurz darauf verläßt Quintsonnas Paris, um nach Deutschland zu gehen und "diese Biertrinker und Pfeifenraucher in Erstaunen zu versetzen", er hinterläßt Michel 500 Franc, von denen er eine Zeit leben kann. Michel versucht trotz des Geldes noch eine 'sinnvolle' handwerkliche Arbeit zu finden, während er nun an einem Band mit "vollkommen unnützen, aber vollkommen schönen" Gedichten arbeitet, aber "die Maschinen ersetzen überall auf lohnende Weise den Menschen, keine Geldquellen mehr..."
Ein Gefühl der Nutzlosigkeit überkommt Michel, er hegt Selbstmordgedanken, aber "der Gedanke an Lucy hielt in zurück".
Ein ähnliches Schicksal bahnt sich auch für Monsieur Richelot an, der im neuen Semester noch einen einzigen Studenten in seiner Klasse hat.
Zu allem Übel hat sich auch anscheinend die Natur gegen den Menschen gewendet, denn der Winter ungewöhnlich hart und zeigt den Menschen, die dachten, die Natur unterworfen zu haben, die Fakten: "...alle Mittel der Wissenschaft waren agesichts eines derartigen Überfalls machtlos...sie vermochte nichts gegen diesen schrecklichen, unbezwingbaren Feind, die Kälte". Michel geht das Geld aus, er ist gezwungen, von billigem synthetischen Brot aus Kohle zu leben, doch irgendwann geht auch das letzte Geld aus und der Verzweifelte beschließt, von seinem letzten Geld Blumen für Lucy zu kaufen und macht sich auf den Weg durch das winterliche Paris.
Als Michel am Haus der Geliebten und ihres Großvaters ankommt, öffnet ein Fremder die Tür, offensichtlich hat sich auch Richelots letzter Schüler entschlossen, etwas 'nützliches' zu lernen und die Rethorik-Klasse verlassen. Der neue Mieter meint: "Das war auch einer dieser Sonderlinge, die nie einen Franc haben, wenn die Miete fällig ist."
Plötzlich sieht Michel klarer und das Dilemma von Lucy führt ihm seine eigene Situation um so drastischer vor Augen: "als er daran dachte, daß nun alles was er liebte, wahrscheinlich litt, verspürte er auch wieder jene Schmerzen von Hunger und Kälte, die er vergessen hatte."
Sein ganzes Umfeld erscheint ihm schlimmer und bedrückender als vorher, er streift in Hoffnung Lucy und Richelot zu finden in Paris umher und stellt zum Beispiel fest, daß es einen "Stadtteil des Leidens" gibt, in dem alle Kranken, Gebrechlichen und Armen von Paris "zusammengepfercht" sind, die nicht mehr zur leistungs- und erfolgsorientierten Gesellschaft des 20. Jahrhunderts passen.
Und immer wieder verfolgt ihn der "Dämon der Elektrizität", der hier als Leitmotiv für den ihn erschlagenden Fortschritt fungiert. Alles wird elektrifiziert: er sieht im Leichenhaus ein elektrisches Gerät um Ertrunkene elektrisch wiederzubeleben und auf einem Platz wird gerade ein elektrischer Galgen installiert, um elektrisch Leben zu beenden, "man vernichtete durch einen Stromschlag, damit äffte man die himmlische Vergeltung besser nach." In einer Kirche findet er einen elektrifizierten Altar und auch vor der Kunst hat die Elektrizität nicht halt gemacht: er kommt zu einem "Elektrischen Konzert", wo zweihundert Klaviere synchron donnern und Michels Kunstbegriff allein durch ihre Gewalt verhöhnen. "Elektrizität, sogar hier! Fort von hier!" schreit Michel und flieht auf einen alten Friedhof.
Michel streift in der Kälte über den Friedhof und findet nach und nach die vergessenen Gräber seiner Idole, "er glich einem Gespenst, das zwischen den Gräbern umherstreift und nicht einem Fremden, denn er fühlte sich zu Hause". Er legt die Blumen, die er für Lucy gekauft hatte an das Grab von Alfred de Musset und betrachtet die Stadt Paris, denkt an ihre Bewohner, die ihm gegenüber so ablehnend gewesen sind und erfriert.
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