Schillers klassisches Dichtertum wurde durch schwere finanzielle Nöte und sein Ringen um seine Existenz eingeleitet. Von daher ist auch zu erklären, warum er sich in einigen Punkten von Goethe unterscheidet.
I. Ringen mit dem Schicksal
Der Mensch ist der Spielball in den Händen der übernatürlichen Kräfte, die sein Dasein bestimmen.
II. Dualistisches Weltbild
Der Mensch zwischen Idee und Leben, Hoffnung und Angst, Leben und Tod, Freiheit und Zwang, Glück und Leid, Frieden und Krieg, Form und Stoff, Kunst und Wirklichkeit, insgesamt als das Zusammenwirken von Gegensätzen.
III. Dialektisches Weltbild
IV. Tragödie als Theodizee
Obwohl der Mensch den übernatürlichen Mächten nicht gewachsen ist und an ihnen scheitert (Tragödie), bewahrt das Innere (geistiges Ideal) ihn vorm Untergang. Das Geistige verläßt den physischen Körper und wird dadurch erhöht. Der Mensch scheitert nicht, sondern er trotzt seinem Schicksal und siegt über die übernatürlichen Kräfte, da diese nur seinem physischen Körper beeinflussen können.
V. Erhabenheit oder die Überwindung der Schuld
Der Mensch verfügt über ein Äußeres (Taten, Triebe, Begebenheiten, Aussehen, Handlungen) und über ein Inneres (geistiges Ideal). Das Zusammenwirken beider gibt dem Menschen seine Individualität. Das Äußere ist den über-natürlichen Mächten unterworfen. Der Sinn dieser Zerstörungen der Natur und den Katastrophen (Verhängnis des Menschen) ist es, den Durchbruch des reinen Geistes im Menschen zu veranlassen, wobei der Geist sich zur Idee der Freiheit erheben mag. Es ist ein Schritt aus der Welt der Erscheinungen heraus in die Ideenwelt, aus dem Bedingten (dem Wahrscheinlichen, Realen, Menschlichen) ins Unbedingte (Totalität, Freiheit, Abstraktheit). Der physische und der moralische Mensch scheiden voneinander, wobei der Mensch mit seiner Vernunft und ihren Ideen das Unbedingte zwar ungefähr vor Augen hat, es jedoch mit seinem Verstand und seinen Begriffen nicht erfassen kann. Die Erhabenheit ist die Überwindung des sinnlichen, physischen Todes, wobei das geistige Ideal erhöht wird und über die übernatürlichen Kräfte siegt.
In vielen Punkten stehen sich Goethe und Schiller nahe, in einigen jedoch trennen sich ihre Wege. Jeder für sich folgt seiner Intention.
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