1. Titel: DER BESUCH DER ALTEN DAME 2. Erscheinungsjahr: 1956 3. Verlag: Diogenes Verlag 4. Textart: Drama 5. Zum Autor: Friedrich Dürrenmatt wurde als Sohn eines Pfarrers am 5.
Jänner 1921 in Konolfingen bei Bern geboren. Nach dem Besuch eines Berner Gymnasiums studierte Dürrenmatt Philosophie und Theologie in Zürich und Bern. Er wollte Maler und Lehrer werden, arbeitete zunächst jedoch als Zeichner Grafiker und Kabarettist. Im Alter von 22 Jahren begann er mit seinen ersten schriftstellerischen Versuchen. Nach dem Erfolg seiner Theaterstücke, wandte er sich ganz dem literarischen Schaffen zu. Seinen endgültigen Durchbruch schaffte Dürrenmatt mit dem 1956 in Zürich uraufgeführten Stück "Der Besuch der alten Dame".
Als Erzähler bevorzugte Dürrenmatt Kriminalgeschichten, wie zum Beispiel "Der Richter und sein Henker". Dürrenmatt verstarb im Jahre 1990 an Herzversagen. Weitere berühmte Werke: Dramen: Romulus der Große, 1950 Die Ehre des Herrn Mississippi, 1952 Ein Engel kommt nach Babylon, 1954 Der Besuch der alten Dame, 1956 Die Physiker, 1962 Romane: Der Richter und sein Henker, 1952 Grieche sucht Griechin, 1955 Die Panne, 1956 Das Versprechen, 1958 Preise: Hörbeispiel der Kriegsblinden, 1957 Schiller-Preis der Stadt Mannheim, 1959 Buber-Rosenzweig Medaille, 1977 Österreichischer Staatspreis für Europäische Literatur, 1983 Karl-Zuckermayer Medaille, 1984 Georg-Büchner-Preis, 1986 Ernst-Robert-Curtuis-Preis, 1989 6. Thema: Im Fortlauf der Handlung dieses Dramas sind zwei Themen miteinander verknüpft: 1. Die unumschränkte Macht des Geldes in der heutigen, materialistisch eingestellten Gesellschaft. 2.
Die Geschichte des schuldigen Alfred Ill, der dazu gelangt, seine Schuld zu erkennen und zu büßen. 7. Interpretation: Die eigentliche tragische Komik des Stückes besteht in der Entwicklung der Charaktere. Auf der einen Seite sind da die Bürger Güllens, die sich im Laufe der Geschichte von ehrlichen, menschlichen Bürgern zum besten Beweis dafür entwickeln, dass eben doch jeder käuflich ist. Dem gegenüber steht Krämer Alfred Ill, der sich mit der Zeit als der Einzige entpuppt, der ein sittliches Bewusstsein entwickelt. Allein die zeitliche Ausdehnung, immerhin 45 Jahre, in denen Claire Zachanassian auf ihre Rache wartet wirkt etwas übermenschlich und die alte Dame erscheint als Herrin über Leben und Tod.
Wie eine kühl berechnende Schachspielerin wartet sie auf den richtigen Moment um ihre Spielfiguren, die Bürger Güllens, auf Ill loszulassen und ihrem Rachegefühl Genüge zu tun. Eigentlich hätte die alte Damen, die nur noch aus Prothesen zu bestehen scheint, längst gestorben sein sollen, doch um ihre Übermacht zu demonstrieren lässt sie der Autor sogar als einzigen Passagier an Bord einen Flugzeugabsturz unbeschadet überstehen. Der weise Spruch \"Geld ist Macht\" findet in diesem Stück volle Bestätigung. Zum einen in der Tatsache, dass die alte Dame die Güllener mit ihrer Finanzkraft in den finanziellen Ruin getrieben hat und die Bürger von ihrem Wohlwollen abhängig sind, zum anderen in dem Fakt, dass die Güllener durch das ihnen angebotene Geld erst recht in den Sumpf von Unmenschlichkeit rutschen, der zu guter Letzt sein Opfer fordert. Sie werden zu willenlosen Werkzeugen der alten Dame, die eigentlich nur das eine will: Alfred Ill\'s Tod. 8.
Inhaltsangabe: In der Kleinstadt Güllen, nahe der deutsch-schweizerischen Grenze, erwartet man den Besuch einer reichen alten Dame, der Multimillionärin Claire Zachanassian, die als Klara Wäscher in Güllen geboren und aufgewachsen ist. Ihr Vermögen, das sie von ihrem ersten Mann, einem armenischen Ölscheich, geerbt hat, ist unübersehbar, auch die Zahl der Ehemänner kann sich sehen lassen. Zur Zeit ist sie mit ihrem siebten Ehemann unterwegs. Der Bürgermeister und das Ansehen des einst wohlhabenden, nun aber völlig verarmten und heruntergekommenen Städtchens versammeln sich vor dem verwahrlosten Bahnhof, um Claire Zachanassian einen großen Empfang in der Heimat zu bereiten. Sie hoffen natürlich darauf, dass sie eine ansehnliche Stiftung machen wird, die die Finanzen des kleinen Städtchens verbessern und den Lebensstandard der Bürger heben könnte. Währenddessen erzählt der Kaufmann Ill, ein Mann Mitte Sechzig, was die Kläri Wäscher für ein bildhübsches, wildes und leidenschaftliches Mädchen gewesen sei, und dass das Leben sie leider nach einer stürmischen Liebe von ihm getrennt habe.
Noch ehe er damit zu Ende ist, erscheint Frau Zachanassian mit ihrem Gatten und ihrem Gefolge, vier kaugummikauenden ehemaligen Gängstern und zwei blinden Eunuchen. Der Beifall, der ihr dargebracht wird, unterbricht sie kurz und bündig mit der Ankündigung, sie werde der Stadt die Summe von einer Milliarde stiften, aber nur unter der Bedingung, dass sie sich dafür \"Gerechtigkeit\" kaufen könne. Sie will, dass jemand sich bereit erklärt, Ill zu töten. Er habe sie nämlich seinerzeit mit einem Kind sitzenlassen und in einem Vaterschaftsprozess zwei bestochene Zeugen mitgebracht, die beschworen, ebenfalls ein Verhältnis mit Kläri Wäscher gehabt zu haben. Es sind die beiden Eunuchen, die sie, als sie reich geworden war, aufspüren, entmannen und blenden ließ und dann in ihr Gefolge aufnahm. Ihr Butler aber ist der Oberrichter, der damals den Vorsitz in dem Prozess gegen Ill führte.
Der Bürgermeister lehnt das Angebot im Namen der Menschlichkeit ab. Nun geht eine seltsame Veränderung in Güllen vor. Obwohl sich der Bürgermeister natürlich weigerte, die Milliardenstiftung unter diesen Bedingungen anzunehmen, fangen auf einmal alle Einwohner an, auf großen Fuß zu leben. Herr Ill sieht sich durch die Kauflust der Leute in seinem Todesurteil bestätigt. Claire Zachanassian aber sitzt ruhig im Hotel und beobachtet die Entwicklung der Dinge. Er will die aufblühende Stadt verlassen, ist aber innerlich bereits so im Netz seiner Angst verstrickt, dass er es nicht mehr vermag.
Er findet sich eines Tages bereit, sich dem Gericht seiner Mitbürger zu stellen. So kommt es, dass Ill am Schluss den Tod erleiden muss, an dem eigentlich alle beteiligt sind. Der Arzt schreibt "Herzschlag" auf den Totenschein und die alte Dame reist, mit dem Objekt ihrer Rache im Sarg, den sie in ihrem Reisegepäck bereits mitgebracht hat, ab. Im Ort wird sie wegen ihrer großzügigen Spende als Wohltäterin gepriesen. |