Der Reigen ist eigentlich nur eine Abfolge von 10 Liebschaften bei denen immer ein Partner bleibt und mit einem neuen Partner die nächste Liebesnacht erlebt. Also A mit B; B mit C,... LG: Aber Schnitzler ging in der Auflösung jeder Kombination nicht nur bis ans Ende, zu A zurück, sondern er ließ auch über eine soziale Stufenleiter von der Prostituierten bis zur Starschauspielerin, vom einfachen Soldaten bis zum Grafen auf und abrupt wieder absteigen. Die Paare legen aber eine Doppelmoral an den Tag, die Lust und Liebe klar trennt. Zehnfach variiert wiederholt sich das Ritual der Verführung: Unterwürfigkeit und Schamlosigkeit; Lust am Abenteuer und eheliche Pflichterfüllung, Frivolität und Naivität, all diese Verhaltensweisen streben ausschließlich das Ziel sexueller Befriedigung an. Es beginnt also immer mit einem Dialog der ausschließlich der Verführung dient. Dann wird er von den berühmten Gedankenstrichen, bzw. vom Fallen des Vorhangs unterbrochen, was natürlich den Liebesakt symbolisieren soll. Danach setzt sich der Dialog fort.
Über die Struktur des Stücks, das Verhalten der Figuren und ihre Sprache vermittelt sich Schnitzlers kritische Sicht zum damaligen Umgang mit Sexualität.
Schnitzler, der sich mit der Psychoanalyse intensiv auseinandergesetzt hat, nimmt im Reigen eines der bestimmenden Themen im Wien der Jahrhundertwende auf. So hatte v. Krafft-Ebing in seiner "Psychopathologia sexualis" (1886) den tiefenpsychologischen Aspekt sexuellen Verhaltens behandelt. 1903, im Jahr der Erstveröffentlichung des Reigen, erschien Otto Weiningers sexualpsychologische Abhandlung "Geschlecht und Charakter". Zwei Jahre später veröffentlichte Sigmund Freud seine "Drei Abhandlungen zur Sexualtheorie".
Freud war von der damaligen Literatur begeistert. Er ging mit vielen Autoren der damaligen Zeit konform.
Schnitzler wollte ein Werk schaffen, in dem er die Öffentlichkeit mit Sexualität konfrontiert und provoziert. Den scheinbar ist das das Einzige, was alle gesellschaftlichen Schichten verbindet. Ihm war aber von vornherein klar, dass er mit dieser Aussage nicht den Vorstellungen der Bevölkerung entsprechen würde.
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