Verhaltensbiologie: Definition: Die Verhaltensbiologie, auch Ethologie genannt, ist ein Teilgebiet der Biologie. Es wird mit objektiven, naturwissenschaftlichen Methoden das Verhalten der Tiere und die biologischen Grundlagen des menschlichen Verhaltens erforscht. Objekte sind Individuen und voll intakte Gruppen, die in natürlicher Umgebung oder unter standardisierten beobachtet werden. Untersucht werden die Strukturen des Verhaltens (Ethologramm), die Grundlagen des Verhaltens (Verhaltensphysiologie, Verhaltensgenetik), die individuelle stammesgeschichtliche Entwicklung des Verhaltens (Verhaltensonthogenese) und die damit erreichte Anpassungsfähigkeit des Verhaltens an die Umwelt (Verhaltensökologie). Wie kommt es zu einem Verhalten? Zu analysieren durch Verhaltensbiologen ist: - Welche inneren und äußeren Faktoren lösen das Verhalten aus? - Wie wird das Verhalten gesteuert? - Wie beeinflussen Umwelt und Verhalten sich gegenseitig? Diese zu analysierenden Faktoren kann man anhand einer einfachen Beispielfrage leicht aufspalten um sich dann genauer anzuschauen, wie die Verhaltensbiologen vorgehen müssen. "Warum bebrüten Vögel Eier" Durch eine andere Betonung kann man diese Frage nun aufspalten und gelangt so zu den zu analysierenden Fragen: 1.
Warum bebrüten Vögel Eier? 2. Warum bebrüten Vögel Eier? 3. Warum bebrüten Vögel Eier? 4. Warum bebrüten Vögel Eier? Anhand dieser neuen Betonung müssen sich die Verhaltensbiologen nun mit folgenden Fragestellungen beschäftigen: 1. Warum zeigen gerade Vögel solches Brutverhalten? Und nicht z.B.
Hunde oder Schildkröten? 2. Welche psychologischen Prozesse hindern den Vogel daran, das Ei einfach aufzuessen? Warum scheint der Vogel zu wissen, dass er auf dem Ei sitzen muss, um es zu bebrüten, und woher weiß er, dass Eier zerbrechlich sind? 3. Woran erkennt ein Vogel SEIN Ei? Wie unterscheidet sein Ei von z.B. einem Stein? 4. Welchen Überlebenswert hat das Erbrüten von Jungen? Die klassische vergleichende Verhaltensforschung beschäftigt sich vorwiegend mit der Frage, wie etwas passiert.
Es werden also die Mechanismen der Verhaltenssteuerung, die proximaten Ursachen des Verhaltens untersucht. Die moderneren Gebiete der Verhaltensbiologie (vor allem die Verhaltensökologie und die Soziobiologie) beschäftigen sich vorwiegend mit dem Warum etwas passiert. Das heißt, dass die Verhaltensbiologen vor allem die evolutionäre Angepasstheit eines Verhaltensmerkmals, die ultimaten Ursachen des Verhaltens erforschen. Welche sind die wichtigsten Zweige der Verhaltensbiologie? Vergleichende Verhaltensforschung Diese "klassische" Verhaltensforschung wurde in den 1930er Jahren durch Oskar Heinroth, Konrad Lorenz und Nikolaas Tinbergen begründet. Diese Forscher entdeckten den neuen Ansatz, dass die vielfältigen und komplex erscheinenden Verhaltensabläufe der Tiere aus Grundbausteinen des Verhaltens aufgebaut sind. Sie werden Erbkoordinationen oder Instinktbewegungen genannt.
Vor allem bemühten sie sich, die Beschreibung bestimmter Verhaltensweisen einzelner Tiere mit Hilfe von Ethogrammen so genau wie möglich darzustellen. Desweiteren gingen die drei Forscher von spontanen, inneren Antrieben der Tiere aus. Humanethologie In diesem Teilgebiet werden vorwiegend die angeborenen Verhaltensweisen des Menschen erforscht. Es wird bei den angeborenen Verhaltensweisen davon ausgegangen, dass sie angeboren sind, um sich an die Umwelt anzupassen. Also muss die Stammesgeschichte etwas mit diesen Verhaltensweisen zu tun haben. Die Verhaltensweisen müssen daher auch in den verschiedenen Kulturen in ähnlicher Ausprägung nachweisbar sein.
Im Kulturvergleich stellte der deutschsprachige Forscher Irenäus Eibl-Eibesfeldt tatsächlich viele ähnliche Gesten und Gesichtsmimiken fest. Neuroethologie (Verhaltens - Neurologie) Eine Fortsetzung der "klassischen" Verhaltensforschung mit den Methoden der Neurologie. Beispielsweise werden die neurophysiologischen Möglichkeiten für Phänomene wie spontanes Instinktverhalten und angeborene Auslösemechanismen untersucht. Wichtiger ist jedoch, dass dieses Teilgebiet sich mit der Rezeption (der Aufnahme), der Fortleitung und der Verarbeitung von Reizen beschäftigt. Arbeitsmethoden sind hierbei die Ableitung von elektrischen Impulsen aus einzelnen Zellen, die Nutzung moderner bildgebender Verfahren, die elektrische Reizung bestimmter Regionen des Gehirns und das Untersuchen von Ausfallerscheinungen. Begründer und Forscher der Verhaltensbiologie Oskar Heinroth Konrad Lorenz Nikolaas Tonbergen Irenäus Eibl-Eibesfeldt Ethoendokrinologie Untersuchung von den Wechselwirkungen zwischen Hormonsystem und dem Verhalten.
Ein Beispiel hierfür ist der Einfluss von Adrenalin, Serotonin und Endorphinen auf das Verhalten und umgekehrt. Bekannt, aber noch nicht erforscht warum, sind diese Wechselwirkungen z.B. im Sexualverhalten und in Stresssituationen. Verhaltensökologie Hierbei wird das Verhalten bestimmter Lebewesen in spezifischer Umwelt beschrieben und analysiert. Untersucht wird dabei die evolutionäre Angepasstheit des Verhaltens an spezifische Umweltbedingungen.
Grundlagen der Forschung sind also die Evolutionstheorien, mit welchen unter anderem versucht wird, durch mathematische Beschreibungen ein Modell zu erstellen, wie sich optimal angepasste Individuen verhalten sollten. Soziobiologie Die Soziobiologie wird als Teilbereich der Verhaltensökologie beschrieben und beschäftigt sich mit dem Sozialverhalten von Tieren und Menschen. Beispielsweise werden Bedingungen, unter denen soziale Gruppen (Sozialverbände, Insektenstaaten) und Hierarchien entstehen. Evolutionäre Psychologie In diesem Teilbereich der Biologie wird versucht menschliche Handlungsweisen aus der Perspektive der evolutionären Entwicklung zu verstehen. Beispielhaft hierfür steht die Erforschung des Zahlenverständnisses von Tieren, da das sprachliche Zählvermögen beim Menschen im Verlauf der Stammesgeschichte nicht plötzlich neu aufgetreten sein kann, sondern aus biologischen Vorläufern entstanden sein muss. Weitere Teilgebiete Einige weitere Teilgebiete, die der Verhaltensforschung zwar ähnlich sind, aber nicht richtig zugeordnet werden können, sind die Verhaltensgenetik, die Psychobiologie, die Chronobiologie, die Biologie des Orientierungsverhaltens und die Biologie der Individual-Entwicklung (des Lernens und der Kommunikation).
Beobachtung und Beschreibung An erster Stelle der Verhaltensforschung steht auch heute noch die Beobachtung der Tiere und zwar unter natürlichsten Bedingungen ohne die Einflussnahme der Beobachter. Das beobachtete Verhalten wird so genau wie möglich analysiert und beschrieben (mit Hilfe von Ethogrammen). Schwierig ist hierbei meist: - die eindeutige Zuordnung von einem Verhalten zu einer bestimmten Verhaltensweise bei bewegungsarmen Zuständen (Bsp.: Soll die Putzbewegung einer offensichtlich schlafenden Maus als Körperpflege bewertet werden?) - die Zuordnung von Reiz und Reaktion, wenn innere Reize die unmittelbaren Auslöser waren und äußere Reize möglicherweise nur eine "Nebenrolle" gespielt haben (Bsp.: Die Tageslänge beeinflusst den Hormonspiegel, der das Zugverhalten bei Vögeln steuert: Was ist hier die wirkliche Ursache für das Zugverhalten?) - die Interpretation von Verhaltensweisen, die man als Reaktion auf Reize auffassen kann, die schon vor Beobachtungsbeginn auftraten und deren Folgen während der Beobachtungszeit registriert werden (Bsp.: Ist ein bestimmtes Verhalten erlernt oder angeboren?) - die Interpretation von Verhaltensweisen, deren physiologische Ursachen noch völlig unerklärlich sind (Bsp.
: Das Verhalten von Zugvögeln, die - aus Deutschland kommend - über Frankreich und Spanien Richtung Westen fliegen und auf der Hälfte plötzlich abbiegen und Richtung Süden fliegen.) Ein Ethogramm (am Beispiel eines "Tagesplans" einer Katze)
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