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wirtschaft artikel (Interpretation und charakterisierung)

Target costing: zwei beispiele



4.1 Produktionsplanung in der Gastronomie
Vielfach wird in der Gastronomie statt moderner Verfahren, wie dem Target Costing, noch die klassische Aufschlagskalkulation angewendet. Aber gerade in dieser Branche herrscht ein starker Wettbewerbsdruck. Aus diesem Grund wird das folgende Beispiel gewählt.
Ein Partyservice-Unternehmen erhält aufgrund einer Ausschreibung den Auftrag, 1.000 Canapés zu liefern. Der Preis pro Canapé beträgt 1,60 € inkl. Mehrwertsteuer. Die Zielkosten werden wie folgt bestimmt:

1.

Verkaufserlös inkl. MwSt. 1600,00 €
2. Erlösminderungen 0,00 €

3. 7 Prozent Mehrwertsteuer 104,67 €
4. Nettoerlös 1495,33 €

5. kalkulatorischer Gewinn 79,25 €
6. kalkulatorische Fixkosten 219,82 €

7. Ziel-Personalkosten 550,00 €
8. Zielkosten des Wareneinsatzes 646,26 €

Der Verkaufserlös (Position 1) wurde nicht durch eine Kalkulation ermittelt, sondern ist das Ergebnis einer Ausschreibung, eines Wettbewerbes. Das Partyservice-Unternehmen geht davon aus, dass der Kunde sofort zahlt (Position 2). Es werden auch keine Rabatte oder Skonti gewährt. Auch ein Forderungsausfall ist nicht zu befürchten. Weiterhin wird unterstellt, dass die umsatzsteuerlichen Voraussetzungen für den niedrigeren Mehrwertsteuersatz zutreffen (Position 3). Das bedeutet, es erfolgt eine Außer-Haus-Lieferung ohne Service-Personal oder der Kunde holt sich die Canapés selbst ab. Sie dürfen dann aber nicht an Ort und Stelle verzehrt werden. Der Nettoerlös, die Position 4, stellt dann die Differenz aus den ersten drei Positionen dar, also Verkaufserlös abzüglich Erlösminderungen abzüglich der Mehrwertsteuer. Der kalkulatorische Gewinn (Position 5) ist in diesem Beispiel aus einem Betriebsvergleich abgleitet. Es werden 5,3 Prozent vom Nettoerlös unterstellt. Dieser Prozentsatz ist dem „Betriebsvergleich für das Gastgewerbe in Bayern“ von Dr. Joachim Maschke, München: DWIF, 1992, entnommen. Der kalkulatorische Gewinn berechnet sich aber auch als Quotient aus dem betriebsnotwendigen Kapital multipliziert mit der Gesamtkapitalrendite (z.B. 15 Prozent) pro Jahr und dem Zielumsatz pro Jahr. Die kalkulatorischen Fixkosten (Position 6) sind von Unternehmen zu Unternehmen sehr verschieden. Vereinfachend wird hier angenommen, dass z.B. ein Deckungsbeitrag von 20 Prozent erwirtschaftet werden soll (um die Fixkosten zu decken). Es entstehen Kosten von 299,07 € von denen der kalkulatorische Gewinn noch abgezogen wird. So erhält man die kalkulatorischen Fixkosten in Höhe von 219,82 €. Auch die spezifischen Personalkosten schwanken von Betreib zu Betrieb. In diesem Beispiel werden Personalkosten von 11 € je Arbeitsstunde unterstellt. Aus eigener Erfahrung oder aus Recherchen weiß das Partyservice-Unternehmen, das für ein Canapé drei Minuten Arbeitszeit inklusive der Vor- und Nacharbeiten anfallen. Es entstehen also 50 Arbeitsstunden (1.000 Stück zu je drei Minuten gleich 3.000 Minuten) und damit 550 € Personalkosten (11 € je Stunde zu 50 Stunden). Die Zielkosten (Position 8) ergeben sich als Rest (Nettoerlös abzüglich kalkulatorischer Gewinn, kalkulatorischen Fixkosten, Personalkosten).
Auf dieses Beispiel bezogen bietet Target Costing folgende Vorteile:
 Zum Beispiel gewinnt man für die Personaleinsatzplanung Orientierungswerte
 Man erhält Zielvorgaben für den Wareneinsatz und den Personalaufwand
 Aufgrund der Zielvorgaben können die Mitarbeiter motiviert werden, die Zielkosten zu unterschreiten, besonders wenn sie an Gewinnen beteiligt sind
 Für zukünftige Aufträge lassen sich auf der Basis der tatsächlichen Kosten genauere Zielkosten ermitteln

4.2 Produktentwicklung in der Autoindustrie
Das folgende Beispiel soll die theoretischen Grundlagen der Zielkostenspaltung (Pkt. 3.2) an einem Beispiel anschaulicher erläutern.
Für die Entwicklung eines neuen PKW-Motors wurde in einem Zulieferbetrieb eines großen Autoproduzenten eine Arbeitsgruppe gebildet. Aus Sicht des Kunden werden zunächst die wichtigsten Eigenschaften des Motors ausgewählt und gewichtet:


1. Benzinverbrauch 21,86%
2. Leistung 18,22%

3. Kosten 16,28%
4. Umweltverträglichkeit 11,03%

5. Lebensdauer 10,80%
6. Wartungsfreundlichkeit 7,54%

7. Laufruhe 6,75%
8. Drehmoment 4,95%

9. Gewicht 2,57%

Ausgehend von den Eigenschaften werden dann die Komponenten (z.B. Triebwerk, Saugmodul) des Motors bestimmt. Anschließend ordnet man die bewerteten Funktionen den wesentlichen Komponenten/Baugruppen des Motors zu. Es wird dabei durch Experten eingeschätzt, mit welchem prozentualen Anteil die verschiedenen Elemente zur Erfüllung der Produktfunktionen beitragen. Aufgrund dieser Daten errechnen sich die relativen Kundengewichte.
Für den Motor sieht das wie folgt aus:
Triebwerk Zylinderkopf Saugmodul Lagermodul Nebenaggr.
KW Funk-tion A G A G A G A G A G
21,86 1 20,00 4,37 20,00 4,37 26,67 5,83 20,00 4,37 13,33 2,91
18,22 2 20,00 3,64 20,00 3,64 20,00 3,64 26,67 4,86 13,33 2,43
16,28 3 31,00 5,05 16,00 2,60 29,00 4,72 13,00 2,12 11,00 1,79
11,03 4 8,33 0,92 16,67 1,84 25,00 2,76 25,00 2,76 25,00 2,76
10,80 5 9,09 0,98 18,18 1,96 27,27 2,95 18,18 1,96 27,27 2,95
7,54 6 9,09 0,69 9,09 0,69 18,18 1,37 27,27 2,06 36,36 2,74
6,75 7 33,33 2,25 16,67 1,13 25,00 1,69 8,33 0,56 16,67 1,13
4,95 8 20,00 0,99 20,00 0,99 20,00 0,99 26,67 1,32 13,33 0,66
2,57 9 46,55 1,20 13,22 0,37 12,10 0,31 9,31 0,24 18,81 0,48
100 ∑ (≈) 20,10 17,60 24,30 20,20 17,80

KW Kundenwert der Produkteigenschaft in Prozent
A Anteil der Elemente an der Erfüllung der Eigenschaften in Prozent
G relatives Kundengewicht in Prozent (G=KW*A/100)

Die Arbeitsgruppe erhält mit der Summe der relativen Kundengewichte den Anteil an den Gesamtzielkosten, die für die Baugruppen vom Markt „erlaubt“ sind. Das heißt, dass für das Triebwerk 20,1%, für den Zylinderkopf 17,6%, für das Saugmodul 24,3%, für das Ladermodul 20,2% und für die Nebenaggregate 17,8% vom Gesamtzielpreis erlaubt sind.
Die relativen Kundengewichte werden nun den Anteilen gegenübergestellt, die diese Elemente an den gegenwärtigen Produktkosten innehaben. Allerdings ist dieser Vergleich nur relativer Natur. Erst wenn diese Anteile auf die bisherigen Kosten bzw. die Zielkosten insgesamt bezogen werden, ergibt sich eine vernünftige Aufgabenstellung für das Projektteam.

Anteil an Bisherige Kosten (%) Kundenge-wichtung (%) Bisherige Kosten (€) Zielkosten (€) Differenz (=Aufgaben-stellung) (€)
Triebwerk 31,00 20,10 620 250 370

Zylinderkopf 16,00 17,60 320 225 95
Saugmodul 29,00 24,30 580 300 280

Ladermodul 13,00 20,20 260 250 10
Nebenaggregate 11,00 17,80 220 225 -5

Gesamt 100,00 100,00 2000 1250 750

In Übereinstimmung aller Beteiligten werden dann aus dieser Gegenüberstellung die konkreten Zielstellungen an die Konstrukteure abgeleitet.
Für jede Produktkomponente lässt sich aus dem Verhältnis von „relativer Bedeutung für die Funktionserfüllung“ zu „Kostenanteil“ ein Wertindex (genannt auch Zielkostenindex) berechnen. Im Idealfall sollte er genau eins sein. Ein Element mit einem Wertindex von größer eins ist zu leistungsschwach bzw. mit einem Wertindex von kleiner eins zu kostenintensiv.

Komponente Kundengewichtung Kostenanteil Wertindex

1 20,10 31,00 0,65
2 17,60 16,00 1,10

3 24,30 29,00 0,84
4 20,20 13,00 1,55

5 17,80 11,00 1,62
Gesamt 100,00 (%) 100,00 (%)

Dieser Sachverhalt lässt sich auch grafisch in einem Wertsteuerungsdiagramm darstellen. Toleriert die Unternehmensleitung eine Abweichung vom Idealfall, legt man eine Zielkostenzone fest. Liegt der Wertindex eines Elementes nun oberhalb der Zielkostenzone, ist die Komponente zu teuer. Hier sind Kostenreduzierungen notwendig. Liegt der Wertindex unterhalb der Zielkostenzone, ist es sinnvoll, mehr Geld für dieses Element zur Verfügung zu stellen um Verbesserungen im Kundensinne durchzuführen. Kommt es allerdings zur deutlichen Überschreitung der „Darfkosten“, steht die Überlegung an, ob die gewünschte Gewinnspanne gesenkt werden muss oder ob sogar das ganze Vorhaben eingestellt wird.

 
 

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