Seit den Verfassungsänderungen von 1989 ist Ungarn eine parlamentarische Republik und ein unabhängiger, demokratischer Rechtsstaat.
Das Parlament
Nach den freien Wahlen von 1990 hat das Parlament in den bisherigen Wahlperioden Hunderte von neuen Gesetzen, Gesetzesänderungen erlassen und Parlamentsbeschlüsse gefasst, um die Institutionen und die gesetzlichen Rahmen des demokratischen Rechtsstaates und der Marktwirtschaft auszugestalten. Für eine Verfassungsänderung und die wichtigeren Beschlüsse bedarf es einer Zweidrittelmehrheit. Das ungarische Parlament tagt kontinuierlich - es gibt zwei ordentliche Sitzungsperioden, die Frühlings- und die Herbstperiode.
Die Kontrolltätigkeit des Parlaments hat die Form von Fragen, Interpellationen und Parlamentsausschüssen. Die selbständigen Kontrollorgane des Parlaments: Der Staatliche Rechnungshof und der Parlamentskommissar der staatsbürgerlichen Rechte (Ombudsman). Der Rechnungshof besteht seit 1990, die Ombudsmänner gibt es seit 1995.
Der Staatspräsident, der Ministerpräsident, die Mitglieder des Verfassungsgerichts, die Ombudsmänner, der Präsident des Obersten Gerichts und der Oberstaatsanwalt werden vom Parlament gewählt.
Der Staatspräsident
Der Präsident der Republik Ungarn wird vom Parlament in geheimer Wahl und mit einer Zweidrittelmehrheit für fünf Jahre gewählt. Der Kandidat muss ein wahlberechtigter ungarischer Staatsbürger im Alter von mindestens 35 Jahren sein.
Der Staatspräsident unterzeichnet und verkündet die Gesetze, er kann das Parlament vertagen und auflösen und er schreibt die Parlamentswahlen aus. Sollte der Präsident mit einem vom Parlament beschlossenen Gesetz nicht einverstanden sein, so kann er vor der Gesetzesunterzeichnung von einem einmaligen Vetorecht Gebrauch machen. Der Präsident hat zudem ein breites Initiativrecht. Er beauftragt Parteien mit der Regierungsbildung und auf seinen Vorschlag hin wird der Ministerpräsident vom Parlament gewählt. Er ernennt auch Minister, Staatssekretäre, Generäle, Berufsrichter. In Einzelfällen kann der Präsident das Gnadenrecht ausüben (mit Gegenzeichnung des Ministerpräsidenten). Der Präsident der Republik ist Oberbefehlshaber der Streitkräfte und hat eigene Befugnisse auch in auswärtigen Angelegenheiten.
Die Regierung
Die Regierung übt die Exekutivgewalt aus - d.h. sie regiert und leitet die Verwaltung auf der obersten Ebene -, wobei der Ministerpräsident eine dominante Rolle innehat. Der Regierungschef wird vom Parlament nach dem Parlamentsmehrheitsprinzip gewählt, bei gleichzeitiger Annahme des Regierungsprogramms. Die Regierungsbildung wird durch die Ernennung der Minister und deren Vereidigung vollzogen.
Die Etablierung der Ministerien ist Aufgabe des Parlaments - die Aufzählung der Ministerien ist in einem Gesetz enthalten. Die Ministerien werden von Ministern geleitet, die Regierungsmitglieder sind. Die leitenden Amtsträger der Ministerien sind politische Staatssekretäre und Verwaltungssekretäre.
Hauptstadt der Republik Ungarn ist Budapest (ca. 1,8 Millionen Einwohner).
Bevölkerung
Laut Volkszählung von 1999 haben in Ungarn 98,5 Prozent der Bevölkerung (10.222.529 Personen) Ungarisch als Muttersprache, daher kann das Land als einsprachiger Staat betrachtet werden. Seit dem Friedensvertrag von Trianon leben mehr als 3 Millionen Ungarn in den Nachbarstaaten, die meisten in Siebenbürgen, welches zu Rumänien gehört. Zusammen mit den sonstigen, in anderen Gegenden der Welt lebenden Ungarn wird die Gesamtzahl der außerhalb der Landesgrenzen lebenden Ungarn auf 5 Millionen geschätzt.
Laut Volkszählungsdaten ist der Anteil der Minderheiten in Ungarn verhältnismäßig niedrig. Die Schätzungen der Organisationen der nationalen Minderheiten zeigen höhere Zahlen, als die Volkszählung. Das kann unter anderem damit erklärt werden, dass diese Organisationen auch die Abstammung berücksichtigen. Laut diesen Schätzungen leben in Ungarn 200-220.000 Deutsche (37.511), 100-110.000 Slowaken (12.745), 80-90.000 Kroaten (17.577), 25.000 Rumänen (8.730), 5.000 Serben (2.953), 5.000 Slowenen (2.627). Es gibt außerdem Polen (10.000), Griechen (3.000), Armenier (1.500), Bulgaren (etwa 3.000), Ruthenen (6.000), Ukrainer (2.000). Der Bevölkerungsanteil der Roma, die über keine eigene Muttersprache verfügen, wird auf 400-600.000 geschätzt (142.683). Hinweis: In den Klammern stehen die Volkszählungsdaten über die Benutzung der Muttersprache aus dem Jahr1990. Die Verarbeitung der neuen Daten der Volkszählung von 2001 wird voraussichtlich am Ende dieses Jahres abgeschlossen sein.
In der Verfassung wird allen Nationalitäten eine volle Gleichberechtigung und eine freie Benutzung der Muttersprache zugestanden. Am 7. Juli 1993 wurde ein Gesetz über die Rechte der ethnischen Minderheiten verabschiedet. Um die Durchsetzung dieser Rechte zu sichern wurde 1990 das Amt für die Nationalen und Ethnischen Minderheiten eingerichtet.
Geografische Lage
Ungarn liegt im mittleren Teil Europas im Karpatenbecken, umgrenzt von den Alpen und den dinarischen Alpen. Die Landesfläche beträgt 93.036 qkm und bedeckt damit 1 Prozent des Kontinents. Die Gesamtlänge der Landesgrenze beträgt 2216,8 Kilometer. Davon grenzen 655,1 Kilometer an die Slowakei, 136,6 Kilometer an die Ukraine, 448 Kilometer an Rumänien, 621,1 Kilometer an die jugoslawischen Nachfolgestaaten (165,8 km: Bundesrepublik Jugoslawien | 355,3 km: Kroatien | 100 km: Slowenien) und 356 Kilometer an Österreich.
Fast drei Viertel der Landesfläche ist eine niedere Tiefebene, ein Fünftel ist von Hügellandschaften bedeckt (nicht höher als 400 Meter) und kaum fünf Prozent sind Mittelgebirge (zwischen 400 und 1000 Meter).
Der höchste Punkt Ungarns ist die Bergspitze Kékes (1014 m) in der Mátra. Die tiefsten Flächen liegen südlich von Szeged im Theißtal, bei Gyálarét (78 m). Die Ungarische Tiefebene und die Kleine Tiefebene sind flache Gebiete. Das Hügelland von Zala und Somogy sowie der Bergrücken von Tolna in Transdanubien ist eine Hügellandschaft. Das Gebirge von Sopron und Koszeg, das Mecsek sowie die Transdanubischen und Nördlichen Mittelgebirge sind Berglandschaften.
Klima
Ungarn liegt im gemäßigten Klimagürtel am Schnittpunkt der kontinentalen, der ozeanischen und der subtropisch mediterranen Klimagebiete. Das Wetter ist - insbesondere in der Tiefebene - wegen der verhältnismäßigen Eingeschlossenheit im Karpatenbecken eher trocken - und manchmal launenhaft. Die Jahresdurchschnittstemperatur beträgt landesweit 9,7 °C - in Budapest 11,2 °C. Der wärmste Monat ist Juli mit einer Normaltemperatur von 20,0 °C, der kälteste Monat ist Januar mit einer Normaltemperatur von -2,1 °C. An den wärmsten Sommertagen kann die Temperatur sogar 33 °C bis 38 °C erreichen, in kälteren Wintern können Temperaturen von -25,0 °C bis zu -30,0 °C vorkommen.
Im Jahresdurchschnitt betragen die Niederschläge 470 bis 550 mm in den mittleren Teilen der Tiefebene und 700 bis 800 mm in den Mittelbergregionen. Es gibt relativ wenige schneebedeckte Tage.
Die Jahreszahl der Sonnenstunden schwankt sich zwischen 1.700 und 2.200. Der meiste Sonnenschein wird in den Gebieten zwischen Donau und Theiß registriert, der wenigste in den Ausläufern der Alpen und in den Nördlichen Mittelgebirgen. Die Jahresdurchschnittsgeschwindigkeit der Winde beträgt 2,4 m/sec.
Ungarn - Wirtschaft
Ungarn hat sich seit 1997 auf die einen der ersten Plätze der Transformationsstaaten hochkatapultiert. Noch 1994 war es international als Problemschuldnerland eingestuft worden. 1995/96 führte Ungarn ein radikales Sparpaket mit außerordentlich harten Bedingungen für die Bevölkerung durch (u.a. Abbau des Sozialsystems, drastische Reallohnsenkung, Abwertung der Landeswährung Forint), konnte aber damit seine Schulden aus eigenen Ressourcen zurückzahlen.
Die ungarische Wirtschaft befindet sich im Jahre 2001 weiter auf dem stabilen Wachstumspfad, auf den sie nach Überwindung der Krise in den Jahren 1995 und 1996 eingeschwenkt ist. Sie dürfte 2001 im fünften Jahr eine Wachstumsrate von 4,5 Prozent oder mehr aufweisen. Der grundsätzlich marktwirtschaftliche Reformkurs aller drei Regierungen seit 1990 war die entscheidende Voraussetzung für die erfolgreiche und weitgehend abgeschlossene Transformation der ungarischen Wirtschaft. Er hat Investoren aus dem Ausland seit der Wende verlässliche Rahmenbedingungen geboten.
Die Privatisierung ist weitgehend abgeschlossen. Etwa 80 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) werden inzwischen im Privatsektor erwirtschaftet. Unter den ostmitteleuropäischen Transformationsländern weist Ungarn die höchsten ausländischen Direktinvestitionen pro Kopf auf.
Das zentrale Problem der ungarischen Wirtschaft ist die seit zwei Jahren bei 10 Prozent liegende Inflationsrate. Neu ist die aktivere Rolle der ungarischen Nationalbank (MNB) in der Inflationsbekämpfung, seit ihr mit der Erweiterung der Bandbreite für den Wechselkurs des Forint seit Mitte Mai 2001 monetäre Instrumente zur Verfügung stehen.
Das geringere Wachstum der Industrieproduktion, bedingt durch die zurückgehenden Exporte in die Europäische Union, und die Aufwertung des Forint seit Anfang Mai 2001 um 8 Prozent sind die Hauptursachen für das im Vergleich zum Jahr 2000 (5,2 Prozent) voraussichtlich etwas abgeschwächte Wirtschaftswachstum. Das Wachstum wird zunehmend auch vom Inlandsverbrauch getragen. Die Arbeitslosigkeit ging im ersten Halbjahr 2001 weiter zurück und lag - nach ILO-Kriterien - im 2. Quartal 2002 bei 5,6 Prozent.
Deutsche Investitionen
Deutsche Unternehmer haben sich mit Investitionen in Höhe von etwa 10 Milliarden Euro (EUR) seit der Wende stark in Ungarn engagiert, sie haben ungefähr ein Drittel aller Auslandsinvestitionen in Ungarn getätigt. Paradestück ist das Audi-Werk im westungarischen Györ, in das bislang ca. 1 Milliarde EUR investiert wurden. Neben weiteren deutschen Großinvestoren (u.a. Telekom, RWE, EON, Allianz) bilden aber mittelständische (Maschinenbau)-Unternehmen den Schwerpunkt der deutschen Investitionen.
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