Das Kernkraftwerk in Tschernobyl, Ukraine, wurde am 27. Mai 1978 in Betrieb genommen. Es hatte insgesamt 6 Blöcke, von denen jedoch nur 4 in Betrieb waren und zusammen eine Leistung von 4.000 MW erzeugten. Die anderen 2 waren im Bau, jedoch wurden sie wegen der Katastrophe 1986 nicht fertiggestellt. Die absolute Abschaltung bis auf den letzten Block fand bis zum 15.12.2000 statt. Die drei bzw. vier Blöcke des Kraftwerks waren für die Energieversorgung der UdSSR und vor allem für deren Nachfolgestaat Ukraine von sehr hoher Bedeutung. Insbesondere die Ukraine ist elektrizitätsmäßig unterversorgt und wäre auf den Strom aus Tschernobyl angewiesen. Tschernobyl lieferte ungefähr 1/6 des in der Ukraine atomar hergestellten Stroms, was ca. 4-10 % der Gesamtstrommenge entsprach. Nur dieser Hintergrund macht es erklärbar, weshalb das Kraftwerk noch 14 Jahre lang nach dem Super-GAU weiter betrieben wurde und weiterhin viele Menschen in diesem hochverstrahlten Gebiet arbeiteten.
Dieser Super-GAU, welcher die größte Kernreaktorkatastrophe der Geschichte war, ereignete sich am 26. April 1986 um genau 1:23:44. Hier sind die einzelnen Aktionen, die zum Unfall führten, aufgelistet:
Ø Geplante Leistungsabsenkung von 3200 MWth auf 1000 MWth im Reaktor wird durchgeführt.
Ø Durch einen Bedienfehler fällt die Leistung weiter auf bis 30 MWth.
Ø Vorübergehend erhöhte sich die Konzentration des Isotops Xenon-135 im Reaktorkern. Da Xenon die für die nukleare Kettenreaktion benötigten Neutronen absorbierte, nahm die Reaktivität des Reaktors immer weiter ab.
Ø Der Betrieb des Kraftwerks war bereits unzulässig geworden, da vorgeschrieben ist, dass der Reaktor mit mindestens 20% der Gesamtleistung betrieben werden muss. Zudem befanden sich viel weniger Steuerstäbe im Kern, als für einen sicheren Betrieb vorgeschrieben.
Ø Turbinenschnellschlussventile werden geschlossen, wodurch die Wärmeabfuhr des Reaktorkerns unterbrochen wird und die Temperatur des Kühlmittels stark ansteigt. Folge ist eine Leistungssteigerung, worauf die automatische Reaktorregelung mit weiterem Einfahren der Steuerstäbe reagiert. Die Einfahrgeschwindigkeit der Stäbe ist jedoch zu langsam, sodass die Leistung nicht stabilisiert werden und so der Neutronenfluss ansteigen konnte.
Ø Schichtleiter löst manuell Notabschaltung des Reaktors aus, woraufhin alle Steuerstäbe wieder in den Kern hineingefahren werden. Die durch das gleichzeitige Einfahren aller Stäbe massiv gesteigerte Neutronenausbeute ließ die Reaktivität so weit ansteigen, bis schließlich um 1:23:44 die prompten Neutronen für die Kettenreaktion ausreichten und die Nennleistung innerhalb von Sekundenbruchteilen um das 100-fache erhöhte. Es kam zu einer Explosion, bei der der 1000 Tonnen schwere Deckel des Reaktorkerns abhob. Zudem wurde das Dach zerstört, so dass der Reaktorkern nun direkte Verbindung zur Atmosphäre hatte. Die Folgen waren verheerend.
In Europa wurden insgesamt 3.900.000 km² (40% der Gesamtfläche) durch Caesium-137 kontaminiert. Neben den 237 akuten strahlenerkrankten Personen, von denen mittlerweile 47 gestorben sind, sind dazu noch ca. 15.000 von insgesamt ca. 700.000 Aufräumarbeitern an den gefährlichen Strahlen gestorben. |