Die Elektrizität ist eine Sammelbezeichnung für physikalische Erscheinungen, die sich aus der Existenz von Ladungen und dem Zusammenwirken von Ladungen ergeben. Wenn eine Ladung unbeweglich oder statisch ist, übt sie Kräfte auf in der Nähe befindliche Körper aus. Wenn Ladung in Bewegung ist, erzeugt sie zusätzlich magnetische Wirkungen. Elektrische und magnetische Wirkungen werden auch durch die relative Lage und Bewegung von positiv und negativ geladenen Materieteilchen verursacht.
Geschichte:
1600 stellte der englische Physiker William Gilbert die ersten Untersuchungen über Elektrizität an. Gilbert benutzte als erster den Ausdruck elektrisch (griechisch élektron: Bernstein).
Die erste Maschine zur Erzeugung von elektrischen Ladungen wurde 1672 von dem deutschen Physiker Otto von Guericke beschrieben. Der französische Wissenschaftler Charles François de Cisternay Du Fay erklärte als erster die beiden unterschiedlichen Arten elektrischer Ladung: positive und negative Ladung. Der erste Kondensator, die Leidener Flasche (Kleistsche Flasche), wurde 1745 entwickelt. Sie bestand aus einer Glasflasche, die innen und außen mit Stanniol überzogen war, wobei die beiden Folien voneinander getrennt waren. Wenn eine der beiden Folien mit einer elektrostatischen Maschine aufgeladen wurde, konnte man einen heftigen Schlag erhalten, indem man beide Folien gleichzeitig berührte.
Benjamin Franklin verbrachte viel Zeit mit Forschungen auf dem Gebiet der Elektrizität. Sein berühmtes Experiment mit dem Drachen lieferte den Beweis dafür, das die atmosphärische Elektrizität im Prinzip identisch mit der elektrostatischen Ladung der Leidener Flasche ist. Franklin entwickelte die Theorie, daß Elektrizität eine Flüssigkeit ist, die in jeder Materie vorhanden ist, und daß ihre Wirkungen durch Überschüsse und Mängel dieser Flüssigkeit erklärt werden könnten.
Das Gesetz, daß sich die Kraft zwischen elektrischen Ladungen indirekt proportional zum Quadrat der Entfernung zwischen den Ladungen verhält, wurde durch den britischen Chemiker Joseph Priestley um 1766 experimentell bewiesen. Priestley wies auch nach, daß sich eine elektrische Ladung von selbst gleichförmig über die Oberfläche einer hohlen Metallkugel verteilte, und daß innerhalb einer solchen Kugel keine Ladung und kein elektrisches Kraftfeld existierten. Charles Augustin de Coulomb erfand eine Torsionswaage für die genaue Messung der von elektrischen Ladungen ausgeübten Kraft. Mit diesem Gerät bestätigte er die Beobachtungen von Priestley und zeigte, daß die Kraft zwischen zwei Ladungen auch proportional zum Produkt der einzelnen Ladungen ist. Faraday, der im frühen 19. Jahrhundert viel zur Erforschung der Elektrizität beitrug, war auch Urheber der Theorie von den elektrischen Kraftlinien.
Die italienischen Physiker Luigi Galvani und Alessandro Volta führten die ersten bedeutenden Experimente mit elektrischen Strömen durch. Galvani erzeugte Muskelkontraktionen in Froschbeinen, indem er elektrischen Strom durch sie fließen ließ. Volta stellte 1800 die erste künstliche elektrochemische Spannungsquelle in Form der Voltaischen Säule vor. Die Tatsache, daß um einen fließenden Strom ein Magnetfeld existiert, wies 1819 der dänische Wissenschaftler Hans Christian Oersted nach. André-Marie Ampère bestimmte die Richtung des elektromagnetischen Feldes und erfand die elektromagnetische Spule. Auch die Theorie über Molekularströme in Magneten stammt von ihm. 1831 bewies Faraday, daß ein durch eine Spule fließender Strom auf elektromagnetischem Weg einen Strom in einer benachbarten Spule induzieren kann. Um 1840 bewiesen James Prescott Joule und der deutsche Wissenschaftler Hermann Ludwig Ferdinand von Helmholtz, daß in elektrischen Stromkreisen das Gesetz der Energieerhaltung gilt, und daß Elektrizität eine Energieform ist.
Ein bedeutender Beitrag zur Erforschung der Elektrizität im 19. Jahrhundert lieferte der britische Wissenschaftler James Clerk Maxwell, der die Fundamente für eine Theorie der elektromagnetischen Wellen legte und Licht als ein elektromagnetisches Phänomen deutete. Maxwells Theorie bestätigte der deutsche Physiker Heinrich Rudolf Hertz, der 1886 elektrische Wellen erzeugte und Experimente über die Ausbreitung von elektromagnetischen Wellen durchführte. Dem italienischen Ingenieur Guglielmo Marconi dienten diese Erkenntnisse als Grundlage für das erste Funkgerät, das er 1896 der Fachwelt vorstellte.
Bereits etwas früher begann man mit Untersuchungen über den Durchgang von Elektrizität durch Gase. Der deutsche Physiker Julius Plücker untersuchte mit seinem Schüler Johann Wilhelm Hittorf die Spektren verdünnter Gase. Plücker entdeckte 1859 die Kathodenstrahlen. 1876 stellte der deutsche Forscher Eugen Goldstein die Ablenkbarkeit von Kathodenstrahlen mit Hilfe eines Magneten fest. Goldstein entdeckte 1886 die sogenannten Kanalstrahlen. Mit der Elektronentheorie führte der holländische Physiker Hendrik Antoon Lorentz im Jahr 1892 die Atomistik in die Elektrizitätslehre ein. Die Ladung des Elektrons wurde 1909 von dem amerikanischen Physiker Robert Andrews Millikan erstmals genau gemessen.
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