Die Dialektik stellt also Platons Lösungsversuch der großen metaphysischen Probleme des Heraklitismus und Eleatismus dar. Für ersteren gibt es nur das Viele, aber kein Eines und Allgemeines, für letzteren existiert nur das eine Identische, das Viele oder Verschiedene wäre ein Nichtseiendes. Als Beispiel soll die dialektische Begriffsbestimmung des Angelfischers aus dem Werk ¯Sophistes® dienen, die dadurch zustande kommt, daß der allgemeine Begriff ¯Kunst® immer wieder in seine Teile aufgegliedert wird, bis der gesuchte Begriff erreicht worden ist.
An diesem Beispiel wird deutlich, daß es durchaus noch sinnvoll ist, trotz aller Vielheit noch von Einheit zu sprechen, denn die allgemeine Gattung faßt jeweils alles Darunterfallende in ihrer Allgemeinheit zusammen. Es ist aber ebenso sinnvoll, von Vielheit zu reden, weil neben dem Allgemeinen auch das Besondere vorkommt. Darüber hinaus ist es möglich, alles als identisch zu bezeichnen, da alles Viele jeweils in seinem Wesen teilhat an Art und Idee und insofern damit identisch ist, andererseits zeigt gerade das Schema mit seiner Gliederung, daß zusammen mit der durchgehenden, wesentlichen und identischen Idee gleichzeitig noch vieles davon Verschiedene auftritt. Schließlich wird deutlich, daß alles Seiende zugleich auch Nichtseiendes ist, weil man im Hinblick auf ein Anderes nämlich das, was Sein ist, ebenso als Nichtsein bezeichnen kann, da jenes Andere eben nicht ist.
Das Geheimnis der Ideengemeinschaft beruht also darauf, daß nicht ein EntwederOder das Richtige ist, sondern ein SowohlAls auch. Um diese Synthese von Heraklit und den Eleaten zu ermöglichen, wird der Gedanke der Teilhabe benötigt, denn dieser sieht das Identische, ohne das Verschiedene zu übersehen.
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