Anschließend behandelte der Gerichtshof die grundsätzlichen Rechtsfragen des Verfahrens. Unter anderem ging es um den Antrag der Verteidigung , den Anklagepunkt des Angriffskrieges fallen zu lassen, weil \"zur Zeit, als die angeblichen verbrecherischen Handlungen begangen wurden, keine souveräne Macht Angriffskriege als Verbrechen ansah\" und \"daß kein Verbrechen ohne ein bereits vorher in Kraft befindliches Strafgesetz bestraft werden kann\", nulla poena sine lege. Dieser Einwand wurde vom Gericht mit der Begründung abgelehnt, daß Angriffskriege mindestens seit dem Abkommen von Paris im Jahre 1928, dem Kellog-Briand-Pakt, als Verbrechen im Sinne des Völkerrechts anzusehen seien. (43) Außerdem wies das Gericht den Einwand der Verteidigung, daß sich Völkerrecht nur mit den Handlungen souveräner Staaten befasse und keine Bestrafung von Einzelpersonen vorsehe, zurück. \"Verbrechen gegen das Völkerrecht\", sagt das Urteil, \"werden von Personen begangen, nicht von abstrakten Einheiten, und nur durch Bestrafung von Einzelpersonen ..
. kann ... internationales Recht durchgesetzt werden.\" Ferner wies das Urteil das Vorbringen der Verteidigung zurück, daß die Angeklagten unter Hitlers Befehlsgewalt gehandelt hätten und daher nicht für ihre Handlungen verantwortlich seien: \"Daß ein Soldat den Befehl erhalten hat, unter Verletzung des Völkerrechts zu töten oder zu martern, ist niemals als ein Entschuldigungsgrund für solche brutalen Handlungen anerkannt worden, wenn auch .
.. der Befehl als mildender Umstand bei der Bestrafung berücksichtigt werden kann. Der wirkliche Prüfstein ...
ist nicht das Bestehen eines solchen Befehls, sondern die Frage, ob eine den Sittengesetzen entsprechende Wahl tatsächlich möglich war\". (44)
|