THACKERAY, William Makepeace, engl. Schriftsteller, *18.7.1811 in Kalkutta, †24.12.1863 in London - William verlor seinen Vater schon in seinem fünften Jahre.
Seine Mutter verheiratete sich später zum zweiten Male, und zwar mit dem Major Smyth, der gewissenhaft für seinen Stiefsohn sorgte. Der Sohn eines englischen Kolonialbeamten besuchte die berühmte Privatschule Charterhouse, studierte in Cambridge und wandte sich nach einer abgebrochenen Juristenausbildung und dem Verlust des ererbten Vermögens dem Journalismus zu. Seine Beiträge für »Frazer\'s Magazine«, »Punch« und andere Blätter bilden das Frühwerk, zu dem auch Parodien der Romane Bulwer-Lyttons und Disraelis gehören. Mit dem »Book of Snobs« (unter einem anderen Titel 1846/47 in »Punch«) karikiert er das Gentleman-Ideal, um dessen bürgerliche Neudefinition er sich in seinem späteren Oeuvre bemüht. Mit dem zunächst in Fortsetzungen erschienenen satirischen Zeitroman »Vanity Fair« (1847/48) begründete er seinen Rang als Schriftsteller. Er gilt heute neben Dickens als wichtigster Repräsentant der frühviktorianischen Erzählliteratur.
Das titelspendende Motiv eines »Jahrmarkts der Eitelkeiten« entstammt der allegorischen Erzählung »The Pilgrim\'s Progress« des Puritaners John Bunyan. Zusammen mit dem Untertitel »A Novel Without a Hero« deutet es den Werthorizont und die Perspektive an, die durch einen auktorialen Erzähler gekennzeichnet ist, der die Charaktere als Marionetten apostrophiert. So kann dieser Roman, dessen Handlung während der Napoleonischen Wirren spielt, als Absage an den romantischen Helden und Affirmation des bürgerlichen Zeitalters gelesen werden. Das Episodische der Handlungsstruktur dürfte ein Tribut an die Erscheinungsweise sein; zugleich verhilft es diesem satirischen Panorama zu seiner Weite. Die einprägsamste Schöpfung des Romans ist die Figur der Becky Sharp. Ihr skrupelloser Ehrgeiz wirkt nicht unbedingt abstoßend; vielmehr kompensieren Intelligenz und Gewitztheit der verwaisten Tochter eines Malers und einer Tänzerin die soziale Benachteilung und üben allein durch ihren Unterhaltungswert eine Anziehungskraft aus, wie sie auch den großen `Schurken\' der Weltliteratur seit jeher eigen ist.
Der viktorianische Moralismus wird dadurch gebrochen. Die Rede von der vanitas vanitatum erscheint in Nachsicht und Milde getaucht. Die Romane »Pendennis« (1849/50) und »Henry Esmond« (1852) beruhen zum Teil auf der literarischen Verarbeitung der eigenen Biographie, die 1851 gehaltenen Vorträge »The English Humourists of the Eighteenth Century« bezeugen die Bewunderung, die Th. dem 18. Jahrhundert und seiner Literatur, insbesondere Fielding, entgegenbrachte. Von den späteren Romanen verdienen »The Newcomes« (1853-55) sowie »The Virginians« (1857-59) besondere Erwähnung.
Allein noch ehe das Jahr 1863 zu Ende gegangen war, starb der Dichter plötzlich an einem Krampfanfalle. Er wurde auf dem Friedhof zu Kensal-Green begraben.
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