Die sozial und machtpolitisch gestärkten gabellutti schlossen sich um die Mitte des 19. Jahrhunderts zu Selbsthilfeorganisationen zusammen, deren Ziel es war, den ohnehin schwachen Stand, den der italienische Staat im Süden des Landes hatte, weiter zu unterhöhlen. Die Eingriffe der Regierung aus Rom sollten bewusst behindert werden, um die eigene Macht zu sichern. Die Truppen der gabellutti stellten in vielen Regionen Süditaliens die einzige wirkliche Autorität dar. Auch boten sie den wirksamsten Schutz vor Übergriffen räuberischer Banden, den sogenannten Briganten, die in Süditalien recht häufig waren. Diesen Schutz ließen sich die mafiusi sowohl von den Bauern als auch vom Landadel bezahlen: Das pizzu (Schutzgeld) war geboren. Die Abhängigkeit der unterdrückten Bauernschaft lässt sich in mancher Hinsicht mit dem antiken Sozialmodell der Klientelen vergleichen: In diesem Rechtsverhältnis war für eine bürgerliche Staatsordnung kein Raum.
Mit der Übernahme von Teilen des staatlichen Gewaltmonopols war die Macht faktisch auf die gabellutti übergegangen. Diesen Prozess empfanden sie durchaus nicht als illegalen Akt, sondern als Anerkennung ihres gewonnenen sozialen Prestiges. Auch in der Bevölkerung wurde diese Auffassung geteilt, so dass sich die subkulturelle \"Volksmoral\" stärker als die offiziellen Moral entpuppte: Die Sizilianer nannten die Mafia onorata sozieta, ehrenwerte Gesellschaft.
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