Die Gesandten der Großmächte und der Balkanstaaten trafen sich vom 20. bis zum 30. Mai in London, um über einen Waffenstillstand und einen gemein¬samen Friedensvertrag zu verhandeln. Die Großmächte hofften, durch ihre Beteiligung an den Verhandlungen, die Lage wieder unter ihre Kontrolle zu bringen. Sie einigten sich jedoch nur darauf, dass die Dardanellen und Kon¬stantinopel weiterhin türkisch bleiben müssten . Des weiteren vereinbarten die Großmächte, dass ein unabhängiger albanischer Staat mit der Hauptstadt Dur¬rës (Durazzo) geschaffen werden solle.
Allerdings war man sich über dessen Grenzen völlig im Unklaren. Montenegro forderte Skodra (Shkodër, Skutari), Griechenland beanspruchte den ganzen Südteil mit Korça und die Serben wollten den gesamten Kosovo mit Durrës als Hafen. Schließlich setzte sich im Friedensvertrag 1913 nur Serbien, mit Russland im Hintergrund, durch: Es be¬kam den gesamten Kosovo zugesprochen, der allerdings überwiegend alba¬nisch besiedelt war. Durch diesen rein diplomatischen Entschluss wurde eine gefährliche Brandregion auf dem Balkan geschaffen. Für den jungen Staat Al¬banien bedeutete dies zudem eine starke wirtschaftliche Einschränkung. Der Kosovo - Konflikt wurde dadurch 1913 für die Zukunft vorprogrammiert.
Grie¬chenland wurde mit der Çameria, einem zum Teil albanisch besiedelten Kü¬stenstreifen im Nordepirus, kompensiert. Montenegro erhielt Pec (Ipek), einen alten serbischen Patriarchensitz. Durch den bewusst hervorgerufenen Streit um Pec wurde die Eintracht der ansonsten sehr gut zusammenarbeitenden Kö¬nigshäuser in Cetinje und Belgrad empfindlich gestört. Bei der Gebietszuwei¬sung versuchten die Großmächte Reibungsflächen zwischen den kleinen Völ¬kern zu schaffen und sie gegeneinander auszuspielen, um die eigene Vor¬machtstellung zu erhalten, getreu dem Leitsatz "divide et impera". 1913 wurde also nur ein unvollständiges Albanien geboren, da gut ein Drittel der Albaner außerhalb der festgesetzten Staatsgrenzen blieb. Die Unabhängigkeit Alba¬niens sollte durch die Großmächte garantiert werden und als oberste Instanz wurde der deutsche Prinz Wilhelm zu Wied gewählt.
Dieser sah sich allerdings mit solch chaotischen Zuständen konfrontiert, dass er bereits nach sechs Mo¬naten wieder abreiste .
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