Durch den sich stärker entwickelnden Austausch von Stadt und Land vermehren sich die Märkte, bzw. vergrößern sich. Das Marktrecht, welches im 9. Jahrhundert entstand, erfährt im 10. Jahrhundert Neuerungen. Im Gebiet zwischen Rhein, Donau und Elbe erreichte die königliche Marktpolitik eine besondere Form des Marktes. Der Markt wurde durch Zoll und Münze abgabepflichtig. Zudem durften die Händler nur in der örtlichen Währung Handel betreiben. Auf der anderen Seite wurde der Markthandel nun beaufsichtigt und geordnet. Außerdem wurde der Marktfriede gewährleistet unter den die Marktbesucher und der Marktort gestellt wurden. Die engen Beziehungen zwischen Markt und Münze bewirkt, daß nur einer, der über einen Markt verfügte, Münzen prägen durfte.
Eine neue Dimension erhält der Markt unter Otto III. Bei Erschließung eines neuen Marktes mit entsprechender Rechtslage werden Bezugsorte aufgeführt. Die alten Märkte sollen als Vorbild dienen. Bedeutend waren die Märkte von Mainz, Köln und Regensburg. In der nachfolgenden Position lagen Dortmund, Zürich und Konstanz.
Nachdem das Königtum im 11. Jahrhundert zurückgetreten ist, nimmt die Bildung von Marktanlagen zu. Als Beispiel für Marktsiedlungen gelten u.a. Hamburg, Osnabrück, Münster und Paderborn, die meist aus alten einzeiligen Kaufmannsniederlassungen entstanden. Im 12. Jahrhundert entstehen die Märkte nicht mehr ausschließlich durch das königliche Marktprivileg, sondern können auch durch landesherrliche Verleihung des ius fori entstehen.
Die gewerbliche Produktion entwickelt sich zu einem wichtigen Faktor in den Städten. Reisende Händler sichern den Absatz dieser Produktion.
Zudem gewinnt der Exporthandel im 11. Jahrhundert zunehmend an Bedeutung zugunsten des Fernhandels. Handel und Handwerk sind fest in der Stadt integriert und werden städtische Berufe. Im Gegensatz dazu treten die grundherrlichen Manufakturen zurück, d. h. es bildet sich eine Arbeitsteilung zwischen Stadt und Land heraus.
5.1 Die Stadtentwicklung am Beispiel Bonn
Die Stadtentwicklung zwischen Loire und Rhein weist einen Dualismus zwischen altstädtischem Kern und früherer Kaufmann- oder Marktsiedlung auf. Variationsmöglichkeiten eröffnen sich diesen Hauptbestandteilen der Siedlung in vielfältiger Hinsicht. "Der altstädtische Kern kann ein Bischofssitz in Römermauern- im rechtsrheinischen Gebiet in frühmittelalterlicher Befestigung- sein, eine Königspfalz, eine Dynastenburg, ein befestigtes Stift oder Kloster, zusammenfassend kann man ihn als befestigten Sitz eines geistlichen oder weltlichen Herrn charakterisieren."
Eine frühe Kaufmannsiedlung, ein vicus, portus, emporium, negotiatorium claustrum oder auch eine Marktsiedlung kann Vorläufer für das Entstehen der Siedlung bei einem Herrensitz sein.
Das Beispiel Bonn zeigt, daß der Stadtwerdungsprozeß ein allmähliches Wachstum, aber auch Aspekte der Planung und Gründung beinhaltet.
Die Siedlung des altstädtischen Kerns entstand am Cassiusstift. Hier entwickelte sich eine einzeilige Kaufleuteniederlassung des 9. Jahrhunderts, die durch Angriffe von Normannen geschwächt wird. Die alte Kaufmannsstraße ging wahrscheinlich in den im 11.Jahrhundert entstandenen unbefestigten Markt auf, der sich vor der befestigten Stiftssiedlung ansiedelte. Auf dem Marktplatz waren die Marktstände dicht angesiedelt, während die daran anschließenden Häuserblocks mit einer gleichmäßigen Aufteilung in langrechteckige Grundstücke eine Planungsphase erkennen lassen. 1244 wird auf Anordnung des Stadtherrn die Marktsiedlung befestigt.
Die Städte zwischen Loire und Rhein sind gewachsene Städte. Ihre Entwicklung grenzt sie von gegründeten Städten ab. Der Prozeß der mittelalterlichen Stadtwerdung ist dennoch von Stadt zu Stadt unterschiedlich, denn jede Stadt besitzt ihre eigene Individualität.
Das typisch mittelalterliche Aussehen erhält die Stadt im 10 Jahrhundert durch den Mauerbau. Die Mauer wurde aus der Notwendigkeit heraus gebaut, daß kein Frieden erreicht werden konnte.Wegen Fehden und Kriegen konnte der Frieden nicht in das Land einkehren. Bis 1495 galt die Fehde als erlaubtes Mittel im Rechtsstreit für Herrschaftsgebilde, Stadtkommunen, Fürstentümern und Territorien.
Die Burgen und Römermauern reichen für die außerhalb der Siedlungen liegenden Bevölkerung nicht mehr aus. Die Römermauern werden erweitert und umschließen den Herrensitz oder die Kaufmanns- bzw. Markvorstadt. Hiermit wird der Gegensatz der Stadt als Siedlung aufgelöst.
Im 11. Jahrhundert setzt sich für die Stadt und Stadtbewohner die noch heute gültige Bezeichnung durch. Zuvor gab es keine Bezeichnung für die Stadtbewohner. Im allgemeinen galt das Synonym Burg anstelle der späteren Bezeichnung Stadt.
Anhand der neuen Terminologie kann man ein neues Selbstverständnis der Stadtbewohner feststellen.
Die landläufige Bezeichnung \"Burg\" für die Stadt ist bis ins Spätmittelalter verbreitet. Hiervon abgeleitet ist der \"Bürger\", als Bezeichnung für die Stadtbewohner.
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