Am 8.Mai 1945, dem Tag der Kapitulation, bot sich dem Betrachter ein schreckliches Bild von Deutschland. Deutschland glich auf den ersten Blick, aufgrund der exzessiven Bombardierung durch die Alliierten, aufgrund des Kriegsgeschehens im eigenen Lande und nicht zuletzt Hitlers ansatzweise verwirklichter verbrannte Erde Taktik einer öden Trümmerlandschaft. Die Menschen litten bittere Not, denn bisher hatte sich die dt. Wirtschaft bis zum äußersten verausgabt, um die Kriegsmaschinerie in Gang zu halten. Der Ausbau oder die Fortentwicklung der Lebensmittelerzeugung oder das Anlegen von Reserven waren vernachläßigt worden, und so schlug die schon vor der Kapitulation herrschende Knappheit jetzt, da keine übergeordnete Verwaltung die Produktion mehr kontrollierte und koordinierte in akute Not und Hunger um.
Die Erzeuger und Selbstversorger zogen es vor, ihre Erzeugnisse, statt sie für wertlos gewordene Zahlungsmittel bei offiziellen Stellen abzuliefern in Eigenverantwortung und auf Tauschbasis zu verteilen. Der hilflosen Verwaltung blieb nichts anderes übrig, als das wenige was sie noch zu verteilen hatte möglichst gerecht unter die Leute zu bringen.
Von einem geistig-politischem Gestaltungswillen und einer zukunftsorientierten kreativ-produktiven Aufbauphase konnte keine Rede sein, denn es galt mit der Not des Alltags, mit dem Jetzt fertig zu werden. Die Ernährung und Wohnung mußten gesichert und erhalten werden, die nötigsten Aufräumarbeiten mußten geleistet werden, zudem mußten Flüchtlinge und Heimkehrer betreut und versorgt werden und verschiedene Anordnungen der Alliierten waren auszuführen. Dies waren die praktischen Anforderungen des Alltags, die sich mit Sorgen, Trauer, Trostlosigkeit und Ungewißheit verbanden und so die depressiv-melancholische Gesamtstimmung in der Frühzeit nach der Kapitulation verursachten. Erschwerend hinzu kam der Hungerwinter 1946/47 mit Hunger, Krankheit und Kältetoten. Gesellschaftliches Leben war auf die Basis primitiven Tauschhandels zurückgefallen, Naturalien, Heizstoffe, Kleidung, Medizin, Zigaretten und Liebe hatten die inflationäre Reichsmark als Zahlungsmittel abgelöst und an ihrer Stelle bestimmten Schwarzmärkte das tägliche Leben. Auch in Zahlen läßt sich das Elend der ersten Tage nach der Kapitulation belegen: Der Ruhrkohlebergbau förderte \'45 nur 25000t monatlich, gegenüber 400000t vor dem Krieg, die Stahlerzeugung war noch niedriger, im August arbeiteten nur 15% aller Werke und die tatsächliche Produktion betrug nur 5% der Gesamtkapazität. Viele dt. Häfen waren völlig zerstört und im Mai \'45 waren im britischen Sektor nur der Eisenbahnstrecke befahrbar. Allerdings täuschte der äußere Schein, denn obgleich der abschreckenden Trümmerberge war in dt. Fabriken mehr intakt als man zunächst annahm. Es stellte sich heraus, daß einige dt. Häfen, darunter auch Hamburg den Luftkrieg fast unbeschadet überstanden hatten. Außerdem fand man heraus, daß nur ca. 30% der Maschinerie des Ruhrgebietes völlig zerstört und nicht mehr instandsetzbar war. Im übrigen Reichsgebiet waren sogar nur 15-20% der Maschinerie völlig zerstört. Bei der Bestandsaufnahme der dt. Industrie stellten die Alliierten außerdem fest, daß dt. Fabriken im Schnitt sogar höhere Materialreserven als viele englische Fabriken hatten ud zusätzlich lagen noch ca. 2 Mio. Tonnen Kohle auf Halde. Auch auf dem Sektor der Transportwege konnte vieles leicht wieder ins Lot gebracht werden, z.B. waren schon \'46 nur noch der Eisenbahnstrecke des brit. Sektors nicht mehr befahrbar.
Zusammenfassend läßt sich sagen, daß die Zeit nach der Kapitulation geprägt war durch Hunger und Elend, durch rießige Flüchtlingsbewegungen und den Schwarzmarkt wohingegen konstruktive Tendenzen nur in kleinem Ausmaß vorhanden waren. Die Grundlage für einen erneuten Aufschwung war jedoch weitaus besser als das Ausmaß der Zerstörung erahnen ließ und in den westlichen Besatzungszonen sollte sich dieser Aufschwung dank der gemäßigten Haltung der westlichen Alliierten schon bald vollziehen.
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