6. 1. Das Bildungsproblem
Zu der Zeit, als sich das Burgenland noch Westungarn nannte, war die Unterrichts¬sprache in den Schulen natürlich Ungarisch.
Auch waren für viele Eltern ihre Kinder bei der Feldarbeit nützlicher als in der Schule.
Diese beiden Umstände bewegten die Landesregierung dazu, einiges in die Bildung der Bevölkerung zu investieren. So stieg die Zahl der Hauptschulen beispielsweise bis 1938 von sieben auf sechzehn. Trotzdem gelang es nur sehr langsam, den Anal¬phabetismus zu bekämpfen.
6. 2. Die wirtschaftliche Lage
Schon in seiner ungarischen Zeit war das Burgenland vernachlässigt worden, und auch bei Österreich verbesserte sich die Lage zunächst nicht wesentlich. Der strikte Sparkurs, der 1922 von der Bundesregierung angeordnet wurde, war für die Entwick¬lung der Wirtschaft auch nicht unbedingt nützlich.
Rund zwei Drittel der burgenländischen Bevölkerung lebten von der Landwirtschaft. Das war sogar für die damaligen Verhältnisse viel.
Einem 300stel der Bevölkerung gehörte die Hälfte der Gesamtfläche des Burgenlan¬des. Davon wiederum entfiel ein Drittel allein auf die Familie Esterhazy.
Die von der Landesregierung ins Leben gerufene "Bodenreform" scheiterte jedoch.
Mitte der Zwanziger kam es zu einem Aufschwung in der burgenländischen Landwirt¬schaft. Man versorgte nun auch andere Bundesländer mit Ernteüberschüssen. 1930 wurde diese Entwicklung allerdings von der Weltwirtschaftskrise gestoppt.
Über den Zustand der Straßen ist zu sagen, daß vor allem eine leistungsfähige Nord-Süd-Verbindung fehlte. Eine Fahrt von Güssing nach Eisenstadt war ein nahezu un¬mögliches Unterfangen. Bahnverbindungen waren im Burgenland überhaupt nicht vorhanden.
Das Burgenland war ein Land ohne Städte (kein Ort hatte über 5000 Einwohner) - und damit auch ein Land (fast) ohne Industrie.
Verhältnismäßig gut ging es dem Gewerbe: Der Handel mit Nahrungsmitteln und Textilwaren blühte, und die Bauindustrie erlebte einen in diesem Ausmaß nicht vor¬hergesehenen Aufschwung. Einige größere Orte waren auf dem Weg zu wirtschaft¬lichen Zentren in Österreich. Doch auch dieser Aufschwung wurde von der Weltwirt¬schaftskrise praktisch beendet. Die Arbeitslosigkeit stieg sprunghaft an, so verloren z. B. von den 4000 Bauarbeitern fast die Hälfte ihren Arbeitsplatz.
6. 3. Die soziale Lage und die Auswanderungswelle
Durch diese Entwicklung wurden zahlreiche Menschen gezwungen, ihren Arbeitsplatz nach Wien oder in größere Städte der Steiermark und Niederösterreichs zu verlegen. Die meisten Leute siedelten sich dann auch in der Nähe ihres neuen Arbeitsplatzes an. Viele, die bei der Arbeitssuche nicht so viel Glück hatten, wanderten nach Amerika aus. Ein Drittel aller österreichischen Immigranten der damaligen Zeit kam aus dem Burgenland.
Und noch heute leben z. B. in Chicago mehr Burgenländer als in Eisenstadt.
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