Schon immer bereiteten die Religionen den Menschen auf das Sterben vor. Und schon die Gräber der Steinzeitmenschen und die gewaltigen Grabstätten der Ägypter zeugen von einem Glauben an ein Leben nach dem Tod. Und bis heute stimmen alle großen Religionen darin überein, daß der Mensch, so wie er gewöhnlich lebt, unwirklich lebt, unfrei, nicht mit sich identisch, daß also der Jetzt-Status des Menschen unbefriedigend, leidvoll, unglücklich ist. Und warum? Weil der Mensch getrennt, entfremdet leben muß von jener verborgenen, allerletzten, allerhöchsten Wirklichkeit, die seine wahre Heimat ist, seine eigentliche Freiheit ausmacht, seine wirkliche Identität bedeutet und die man das Unverfügbare, Unbedingte, Unaussprechliche, das Absolute, die Gottheit, Gott oder auch anders nennt. Der Sinn des Daseins vollendet sich in seinem Ende. Der Tod - das große Geheimnis: Kein Verenden, sondern die Vollendung.
Dabei handelt es sich nicht etwa nur um den Glauben der Christen an eine Auferweckung, die ein die Dimensionen von Raum und Zeit sprengendes, völlig anderes Leben im unsichtbaren, unbegreiflichen, göttlichen ereich meint, der symbolisch "Himmel" genannt wird.
Und es handelt sich auch um die Überzeugung der Buddhisten von einem "Nirvana", von einem Endzustand ohne Leiden, Gier, Haß und Verblendung, der von den wenigsten Buddhisten als totale und restlose Vernichtung verstanden wird.
Sowohl im Christentum wie im Buddhismus geht es um eine andere Dimension, etwas Transzendentes, die wahre Wirklichkeit, von der man nur in Sinnbildern reden kann.
Trotz aller Unterschiede läßt sich eine Konvergenz der Vorstellungen nicht übersehen:
. Die Buddhisten hüten sich zwar im allgemeinen, vom Fortbestehen des Individuums im Nirvana zu sprechen. Und doch machen sie so viele positive Aussagen über den leidlosen Endzustand, daß eine gewisse Übereinstimmung mit der christlichen Vorstellung von einem "ewigen Leben" nicht von vornherein ausgeschlossen ist.
. Die Christen legen zwar ihrerseits darauf Gewicht, daß die Vorstellung von einem "ewigen Leben" ein Fortbestehen der menschlichen Person einschließt. Doch bleiben sie sich durchaus bewußt, daß ihre Aussagen vom "ewigen Leben" nur Bilder sind für das Unvorstellbare, und daß das Personsein in der Dimension des unendlichen Jenseits von Raum und Zeit alle Beschränktheit des irdischen Lebens verliert.
Nach christlicher, aber auch jüdischer und muslimischer Vorstellung stirbt der Mensch im Tod nicht ins Nichts hinein. Vielmehr wird er aufgenommen in jene unbegreifbare und unfaßbare letzte und erste Wirklichkeit hinein, die jenseits von Raum und Zeit reine Geistigkeit, die ewige wirklichste Wirklichkeit ist. Eine Transformation durch Neuschöpfung und eine ewige Geborgenheit in Gott.
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