2. Wortbedeutung
Das Wort "Barock" ("der" oder "das" Barock) kommt aus dem portugiesischen "barocco" und bedeutet "seltsam geformte, schiefrunde Perle"; es wurde im 18. Jh. In Frankreich als Bezeichnung ("baroque") für Kunstformen gebraucht, die dem klassizistischen Geschmack der Franzosen nicht entsprachen; der Begriff war also ursprünglich abwertend gemeint.
2. Grundlagen
Das Zeitalter des Barock wurde von drei wesentlichen Grundkräften bestimmt: dem Absolutismus, der Kirche und der Tradition der Antike.
Sichtbarer Ausdruck des Absolutismus ist das Schloss:
Ein barockes Schloss ist groß, ausladend, geschmückt mit Marmorsäulen, breiten Treppen, raffinierten Wand- und Deckenmalereien. Alles soll überwältigend wirken, um dem Besucher zu zeigen, wie mächtig und bedeutend der Besitzer des Schlosses ist. Denn ein barockes Schloss (z.B. Versailles bei Paris, Schönbrunn in Wien, Nymphenburg in München) war mehr als ein Wohnsitz; es war das Zentrum der fürstlichen Macht. Der absolutistisch regierende Herrscher entfaltete in dem Schloss und in der großen Parkanlage, die zum Schloss gehörte, seine prachtvolle Hofhaltung. Sie war bestimmt von glanzvollen Auftritten des Fürsten, von Hoffesten mit Balletteinlagen, Opernaufführungen, Theaterstücken, von ausgedehnten Jagden, Bällen und Empfängen. Zu diesem Zweck war viel Personal nötig, das im Dienst des Fürsten stand. Der Schriftsteller war dabei nicht einmal der wichtigste Posten. Viel wichtiger waren z.B. der Kapellmeister, der Architekt, der Hofmaler. Doch auch der Poet erhielt vom Fürstenhof seine Aufträge und seinen Unterhalt. Je nach den Bedürfnissen des Herrschers hatte er zu dessen oder der Hofgesellschaft Unterhaltung Gedichte zu schreiben oder spannende Romane, musste Theaterstücke verfassen, häufiger aber kleine Szenen und Spiele, die anlässlich eines Geburtstages oder einer Thronfeier oder einer siegreichen Rückkehr aus einem Krieg zur Ehre des Fürsten aufgeführt wurden.
Ein weiterer Auftraggeber der Dichter war die Kirche, v.a. die katholische Kirche. Sie war im 16. Jh. Durch die Reformation (1517) herausgefordert worden. Um gegenüber dem Protestantismus wieder an Boden zu gewinnen, hatte man im Zuge der so genannten Gegenreformation vielfältige Anstrengungen unternommen (Trienter Konzil 1545, Jesuitenorden). Dazu gehörte auch der neue Baustil des Barock, der sich im 17. Jh. Durchsetzte. Er entsprach äußerlich dem des Schlosses und sollte auch eine ähnliche Aufgabe erfüllen. Marmorsäulen, Deckenmalereien, Engel- und Heiligenfiguren, Farben und raffinierte Lichteffekte, die durch die Gestaltung der Fenster erzeugt wurden, sollten die Sinne der Gläubigen betören und sie von der Größe der katholischen Kirche überzeugen. Der Dichtung fiel die Aufgabe zu, geistliches Gedankengut in Liedern, Gedichten oder Schauspielen (Jesuitendrama) zu verbreiten. Solche Literatur fand ihr Publikum. Die Menschen waren für Religiöses empfänglich, nicht zuletzt infolge der Zerstörungen durch den Dreißigjährigen Krieg (1618-1648). (Neben diesen beiden Auftraggebern trat ein weiterer auf: das Bürgertum. In den Städten [in Deutschland v.a. Leipzig] wuchs allmählich eine Nachfrage nach Literatur, die man nicht durch direkte, persönliche Aufträge an einen Poeten befriedigte, sondern indem man die Bücher - so wie heute - bei einem Buchhändler kaufte. Diese neue Verbreitungsweise von Literatur, der Literaturmarkt, war im 17 Jh. Aber erst im Entstehen.).
Die dritte bestimmende Kraft des Barock war die Tradition der Antike. In einer Weise, die heute kaum noch nachzuvollziehen ist, galten antike Schriftsteller (v.a. Homer, Aristoteles, Ovid, Vergil, Horaz, Seneca) und ihre Werke als die großen Vorbilder. (Zu den antiken Autoren kamen Autoren der Renaissance, desjenigen Zeitalters, das sich als "Wiedergeburt" der Antike verstand.) Anweisungen und Vorschriften über die Literatur, die die antiken Schriften enthielten, suchte man zu erfüllen. Man strebte ferner danach, Werke zu schaffen, die den antiken vergleichbar waren. Für einen Dichter galt es als höchste Ehre, wenn er etwa als der "Deutsche Horaz" bezeichnet wurde.
Dabei nahm man einen möglichen Widerspruch in Kauf. Die Antike war nämlich heidnisch, oft sinnenfroh, lebenslustig und im christlichen Sinne "sündhaft", "unmoralisch". Die christliche Religion sah das irdische Leben nur als Durchgangsstadium zum Jenseits, die Antike aber feierte oft die Freude am Diesseits. Die Kirche verbot offiziell vieles, was die antiken Autoren priesen. Dennoch standen religiöse Einstellung und heidnisch-antike Lebensweisheit bei einem Dichter, manchmal auch in einem Werk unvermittelt gegenüber.
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