Andreas Vesalius kam am letzten Tag des Jahres 1514 in Brüssel zur Welt, als Sohn des Andreas Vesalius, der als Apotheker im Dienste Kaiser Karl V. stand. Nach der in Brüssel absolvierten Schulzeit immatrikulierte sich Vesalius im Februar 1530 in Löwen. Da die medizinische Fakultät in Löwen keinen guten Ruf genoss, ging Vesalius im September 1533 zum Medizinstudium nach Paris, wo er bei Günther von Andernach und Jacobus Sylvius, zwei entschiedenen Anhängern Galens, studierte. Professor Sylvius kannte seinen Galen besser als den menschlichen Körper. Häufig konnte der Ostensor ein Körperteil nicht finden, über das Sylvius aus dem Galen vortrug.
Vesalius äusserte später einmal kritisch, dem Studenten würde wenig geboten, was ein Metzger in seinem Laden nicht besser lehren könnte. In der Dedicatio der \"Fabrica\" schreibt er: \"Diese Absicht (ein anatomisches Grundwerk zu schreiben) hätte ich freilich niemals ausführen können, wenn ich nicht, als ich in Paris Medizin studierte, mit eigener Hand zugefasst, sondern fraglos die verschiedenen mehr zufälligen und oberflächlichen Demonstrationen einiger Organe hingenommen hätte, wie sie mir und meinen Mitstudenten von ungelernten Badern in einer oder zwei öffentlichen Sektionen vorgeführt wurden\". Geschult durch die Tiersektionen von Jacobus Sylvius habe er schliesslich, auf Wunsch der Studenten, selbst eine Sektion vorgenommen, \"vollständiger, als es jemals geschehen war\". In seiner Pariser Zeit stahl Vesalius Leichen und sammelte auf dem Friedhof der Unschuldigen Kinder Knochen ein, die ihm nicht selten von wild herumstreunenden Hunden streitig gemacht wurden. Später wurde er so geschickt, dass er mit Studenten darauf wettete, mit geschlossenen Augen, nur durch Berührung, Knochen bestimmen zu können. Wegen eines Kriegs zwischen Frankreich und dem deutschen Kaiser verliess Vesalius 1536 Paris und kehrte nach Löwen zurück.
Dort führte er, mit Unterstützung des Bürgermeisters, die Sektion wieder ein, die dort lange nicht mehr ausgeübt worden war. 1537 erwarb er den Grad eines Baccalaureus. Im Herbst 1537 immatrikulierte sich Vesalius an der Universität Padua, damals die erste Adresse für Medizin. Schon am 5. Dezember 1537 wurde er (\"magna cum laude\") zum Dr. med.
promoviert. Und nur einen Tag später wurde er zum Explicator chirurgiae ernannt, mit Vorlesungen über die Chirurgie und Anatomie. Vesalius erregte grosses Aufsehen, als er seine erste Sektion eigenhändig vornahm. Zum Gebrauch seiner Studenten fertigte Vesalius drei Lehrtafeln über das Adernnetz an. Zusammen mit drei Skelettdarstellungen, die der Tizianschüler Jan Stephan von Kalkar zeichnete, wurden sie 1538 als \"Tabulae anatomicae sex\" in Venedig veröffentlicht. In diesem schmalen Werk haben wir die Vorstufe zur späteren \"Fabrica\".
Bis zum Winter 1539 hatte Vesalius genug Erfahrungen gesammelt, um sich zum Angriff gegen die Anatomie Galens gerüstet zu fühlen. Bei einem Gastvortrag in Bologna im Januar 1540 zeigte er, dass die menschliche Anatomie nur von menschlichen Leichen gelernt werden könne, nicht anhand von Tieren. Von dieser Vorlesung ist uns glücklicherweise der Augenzeugenbericht eines Studenten, Baldasar Heseler, erhalten. Dieser Bericht wurde erst in unserem Jahrhundert wieder aufgefunden und 1959 in Uppsala publiziert. Von jetzt an arbeitete Vesalius bis zum Sommer 1542 intensiv an seinem Hauptwerk. Er verpflichtete die besten Zeichner und Holzschneider.
Als Verleger wählte er Johannes Oporinus in Basel. Im Sommer 1542 ging Vesalius nach Basel, um den Druck zu überwachen. Dort sezierte er auch eine Leiche, die heute noch im anatomischen Institut in Basel aufbewahrt ist. Im August 1543 erschien die \"Fabrica\", gefolgt von einer Kurzfassung für die Hand des Studenten, \"Epitome\" genannt. Die Fabrica gliedert sich in sieben Bücher.
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