Der Ausgang der Bundestagswahl 1969 bildete für das Parteiensystem der BRD einen fundamentalen Einschnitt. Die CDU/CSU mußte trotz stärkster Fraktion in die Opposition, SPD und FDP bildeten die erste sozial-liberale Regierung unter dem Bundeskanzler Willy Brandt. Das schwache Ergebnis der FDP war bedingt durch Abwanderung konservativer Wähler zur CDU und Gegnerschaft zur SPD-Koalition.
20 Jahre hatte dieser grundlegende Wandel in der Parteienlandschaft gebraucht. Die CDU schlug einen scharfen Konfrontationskurs in der Opposition ein. Durch Übertritte von Abgeordneten der SPD und FDP zur CDU verringerte sich die schwache Mehrheit der Regierungskoalition allmählich; nach dem Wahlsieg der CDU bei der Landtagswahl in Ba-Wü (April 72), entschlossen sich die christlichen Demokraten zu einem Konstruktiven Mißtrauensvotum gegen Willy Brandt, doch Rainer Barzel erreichte nicht die absolute Mehrheit - in geheimer Abstimmung stimmten 2 Mitglieder der eigenen Fraktion gegen ihn. Da aber die sozial-liberale Koalition ebenfalls nicht über die parlamentarische Mehrheit verfügte, wurden Neuwahlen unumgänglich.
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