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geschichte artikel (Interpretation und charakterisierung)

Die anklagepunkte:



Anklagepunkt 1: Verschwörung/ Dieser Anklagepunkt bezieht sich auf die Teilnahme als Führer, Organisatoren, Anstifter und Mittäter an der Ausarbeitung oder Ausführung eines gemeinsamen Planes oder einer Verschwörung, die darauf zielte oder mit sich brachte die Begehung von Verbrechen gegen den Frieden, gegen das Kriegsrecht und gegen die Humanität. Mit allen Mitteln, gesetzlichen und ungesetzlichen, wobei die Verschwörer auch Drohung, Gewalt und Angriffskriege erwogen, wollten sie erreichen: den Versailler Vertrag und seine Beschränkungen der militärischen Rüstungen zu vernichten sowie sich die 1918 verlorenen Gebiete und noch weitere anzueignen. Als ihre Ziele immer ungeheuerlicher wurden, planten sie ihre Angriffskriege unter Verletzung internationaler Verträge und Vereinbarungen. Um andere Personen für die Teilnahme zu gewinnen und sich ein Höchstmaß an Kontrolle über das deutsche Volk zu sichern, wurden unter anderem folgende Grundsätze aufgestellt und ausgenutzt: die Lehre vom \"deutschen Blut\" und von der \"Herrenrasse\", von der sie das Recht ableiteten, andere Rassen und Völker zu unterjochen und auszurotten; das \"Führerprinzip\" mit unbegrenzter Macht der Führerschaft und bedingungslosem Gehorsam der anderen; die Lehre, daß Krieg eine edle und notwendige Beschäftigung für die Deutschen sei.

Die Verschwörer zielten darauf ab, durch Terror und mit dem gewalttätigen Heer der SA die deutsche Regierung zu untergraben und zu stürzen. Sie setzten, nachdem Hitler Reichskanzler geworden war, die freiheitlichen Artikel der Weimarer Verfassung außer Kraft und verboten alle anderen Parteien. Sie festigten ihre Macht durch Gleichschaltung, militärische Erziehung der Jugend, Konzentrationslager, Mord, Zerstörung der Gewerkschaften, Kampf gegen die Kirchen und pazifistischen Vereinigungen, wobei sie Organisationen wie die SS, die Gestapo und andere einsetzten. Zur Verwirklichung ihrer Herrenvolklehre erhoben sie die unbarmherzige Verfolgung und Ausrottung der Juden zum Programm. Von den 9.600.000 Juden, die in Europa unter ihrer Herrschaft lebten, sind nach vorsichtiger Schätzung 5.700.000 verschwunden.

Anklagepunkt 2: Verbrechen gegen den Frieden

Die meisten Angeklagten wirkten dabei mit, die deutsche Wirtschaft zur Ausrüstung der Militärmaschine umzustellen. Bis März 1935 betrieben sie eine geheime Aufrüstung . Sie verließen die Abrüstungskonferenz und den Völkerbund, verkündeten die allgemeine Wehrpflicht und besetzten die entmilitarisierte Zone des Rheinlandes. Sie verleibten sich Österreich und die Tschechoslowakei ein und begannen schließlich den Angriffskrieg gegen Polen, obwohl sie wußten, daß sie damit auch mit Frankreich und Großbritannien in Krieg geraten würden. Sodann überfielen sie Dänemark, Norwegen, Belgien, die Niederlande, Luxemburg, Jugoslawien und Griechenland. Sie marschierten in die Sowjetunion ein und arbeiteten mit Italien und Japan bei dem Angriffskrieg gegen die Vereinigten Staaten zusammen.

Insgesamt wurden von ihnen dabei 36 internationale Verträge und Abmachungen 64 mal verletzt oder gebrochen. Dazu gehören unter anderem die Haager Konvention zur friedlichen Regelung von internationalen Streitfragen von 1899 und 1907; die Haager Konvention V über die Respektierung der Rechte und Pflichten neutraler Mächte und Personen im Falle eines Landkrieges von 1907; der Garantievertrag von Locarno zwischen Deutschland, Belgien, Frankreich, Großbritannien und Italien von 1925; zahlreiche Schieds- und Schlichtungsverträge Deutschlands mit benachbarten Ländern; der Pariser Briand-Kellog-Pakt zur Verdammung des Krieges als eines Instruments der nationalen Politik von 1928; eine Reihe von Zusicherungen, Erklärungen und Nichtangriffsverträgen Deutschlands; und die Verletzung des Münchner Abkommens von 1938.

Anklagepunkt 3: Kriegsverbrechen

Abschnitt A dieses Anklagepunktes behandelt die Ermordung und Mißhandlung der Bevölkerung von besetzten Gebieten, wobei Erschießen, Erhängen, Vergasen, Aushungern, übermäßiges Zusammenpferchen, planmäßige Unterernährung, systematische Überarbeitung, unzureichende Hygiene, Prügel, Folter und Experimente hervorgehoben werden. Hinzu kommen Massenmorde an Gruppen bestimmter Rasse oder Nationalität, Verhaftung und Freiheitsentzug ohne Gerichtsverfahren sowie unmenschliche Haft in Konzentrationslagern. Die nachfolgenden Einzelheiten sind nur Beispiele aus der Fülle des Materials: In Frankreich kam es zu Massenverhaftungen, denen Martern folgten wie Eintauchen in kaltes Wasser, Erstickung, Ausrenken von Gliedern und Benutzung von Folterwerkzeugen wie des eisernen Helms und elektrischen Stroms. In Nizza wurden im Juli 1944 die Gefolterten zur Schau gestellt. Von 228.000 Franzosen, die in Konzentrationslager gebracht wurden, gab es nur 28.000 Überlebende. In Oradour-sur-Glane wurde die gesamte Ortsbevölkerung erschossen oder lebendig in der Kirche verbrannt. Unzählige Morde und Grausamkeiten wurden in Italien, Griechenland, Jugoslawien und in den nördlichen und östlichen Gebieten begangen. In Polen und in der Sowjetunion gehen die Zahlen in die Millionen. Etwa 1.500.000 Menschen wurden in Majdanek, ungefähr 4.000.000 in Auschwitz umgebracht. Im Lager von Ganow, wo 200.000 Menschen ermordet wurden, kam es zu ausgeklügelten Grausamkeiten wie Bauchaufschlitzen und Erfrierenlassen in Wasserfässern. Massenerschießungen fanden unter Musikbegleitung statt. Im Gebiet von Smolensk wurden mehr als 135.000 Menschen ermordet, im Gebiet von Leningrad 172.000, im Gebiet von Stalingrad 40.000. In Stalingrad selbst wurden nach der Vertreibung der Deutschen über tausend verstümmelte Leichen von Ortsbewohnern gefunden, die Foltermerkmale aufwiesen, darunter 139 Frauen, denen die Arme in schmerzhafter Weise nach hinten gebogen und mit Draht zusammengeschnürt waren; einigen waren die Brüste abgeschnitten worden, auf den Leichen der Männer war der fünfzackige Judenstern mit einem Eisen eingebrannt oder mit einem Messer ausgeschnitten, einigen war der Bauch aufgeschlitzt. In der Krim wurden 144.000 Menschen auf Lastkähne getrieben, aufs Meer gefahren und ertränkt. In Babi Jar bei Kiew wurden über 100.000 Männer, Frauen und Kinder und Greise ermordet, in Kiew selbst 195.000, im Gebiet Rowno über 100.000, im Gebiet von Odessa 200.000, in Charkow etwa 195.000 erschossen, zu Tode gefoltert oder vergast. In Dnjepropetrowk wurden 11.000 Frauen, Greise und Kinder erschossen oder lebendig in eine Schlucht geworfen. Mit den Erwachsenen rotteten die Nazis unbarmherzig auch die Kinder aus. Sie töteten sie in Kinderheimen und Krankenhäusern, begruben sie bei lebendigem Leibe, warfen sie ins Feuer, erstachen sie mit Bajonetten, vergifteten sie, führten Experimente an ihnen aus, zapften ihnen Blut zum Gebrauch in der deutschen Armee ab und warfen sie ins Konzentrationslager, wo sie durch Hunger, Folter und Seuchen ums Leben kamen. Im Lager Janow in Lemberg töteten die Deutschen 8.000 Kinder in zwei Monaten.

Abschnitt B des dritten Anklagepunktes befaßt sich mit der Deportation von Millionen Menschen aus den besetzten Gebieten zur Sklavenarbeit und für andere Zwecke, wobei viele wegen der schrecklichen Verhältnisse schon auf den Transporten starben. Als Beispiele werden unter anderen Belgien angegeben, von wo 190.000 Menschen nach Deutschland verschleppt wurden, die Sowjetunion mit 4.978.000 und die Tschechoslowakei mit 750.000 Deportierten.

Abschnitt C gilt Mord und Mißhandlung an Kriegsgefangenen, wobei ebenfalls wieder viele Beispiele aufgeführt werden, zu denen unmenschliche Märsche, Prügel, Hunger, Vergasungen, Foltern, Fesselungen und Erschießungen gehören.

Abschnitt D stellt fest, daß die Angeklagten im Laufe ihrer Angriffskriege in den von den deutschen Streitkräften besetzten Ländern dazu übergingen, in weitem Maße Geiseln aus der Zivilbevölkerung herauszugreifen und zu töten, besonders in Frankreich, Holland und Belgien. In Krajlevo, Jugoslawien wurden einmal 5.000 Geiseln erschossen.

Abschnitt E betrifft die Plünderung öffentlichen und privaten Eigentums. Dazu gehörte es, den Lebensstandard in den besetzten Gebieten durch Abtransport von Nahrungsmitteln herabzusetzen und Hungersnöte hervorzurufen, Rohstoffe und Maschinen fortzuschaffen, Geschäftsunternehmungen und industrielle Anlagen zu beschlagnahmen sowie Eigentümer zu zwingen, ihren Besitz \"freiwillig\" abzutreten. Ferner wurden der Wert der Landeswährungen herabgesetzt, hohe Besatzungssteuern auferlegt, Ländereien für deutsche Siedlungszwecke enteignet, ganze Industriestädte zerstört, Kulturstätten und wissenschaftliche Institute vernichtet, Museen und Galerien geplündert. Frankreich wurden dabei Werte in Höhe von 1.337 Milliarden Francs entzogen. Die Sowjetunion nennt ebenfalls enorme Zerstörungen und Ausbeutungen, darunter 1.710 Städte und 70.000 Dörfer, die von den Deutschen zerstört oder schwer beschädigt wurden, was 25 Millionen Menschen obdachlos machte. Ferner hebt die Sowjetunion hervor, daß die Deutschen Gut und Museum Leo Tolstois zerstörten, das Grab des großen Schriftstellers entweihten und ebenso das Tschaikowskij-Museum in Klin vernichteten. Der Gesamtbetrag der der Sowjetunion zugefügten Schäden wird mit 679 Milliarden Rubel angegeben. Die der Tschechoslowakei entzogenen Werte beliefen sich auf 200 Milliarden Kronen.

Abschnitt F behandelt die Eintreibung von finanziellen Kollektivstrafen. Die Gesamtsumme der Bußen zum Beispiel, die allein französischen Gemeinden auferlegt wurden, beläuft sich auf 1.157.179.484 Francs.

Abschnitt G betrifft die frevelhafte Zerstörung von großen und kleinen Städten und Dörfern sowie Verwüstungen ohne militärisch begründete Notwendigkeit. In Norwegen wurde ein Teil der Lofoten zerstört, ebenso die Stadt Telerag. In Frankreich fielen außer Oradour-sur-Glane zahlreiche andere Orte willkürlicher Zerstörung zum Opfer, die Stadt Saint-Die wurde niedergebrannt, der Hafenbezirk von Marseille in die Luft gesprengt, Kurorte wurden in Trümmer gelegt. In Holland wurden Häfen, Schleusen, Deiche und Brücken zerstört und ungeheure Verwüstungen durch Überflutungen angerichtet. Griechenland und Jugoslawien werden mit vielen sinnlos zerstörten Ortschaften erwähnt, so zum Beispiel das Dorf Skela in Jugoslawien, das durch Feuer dem Erdboden gleichgemacht wurde, wobei die Deutschen alle Einwohner töteten. Das gleiche Schicksal erlitten Lidice und seine Bewohner in der Tschechoslowakei.

Abschnitt H ist der zwangsweisen Rekrutierung von Zivilarbeitern gewidmet, wobei viele Parallelen zu Abschnitt B bestehen. Für Frankreich werden 936.813 Personen genannt, die gezwungen wurden, in Deutschland zu arbeiten.

Abschnitt I trägt die Überschrift \"Zwang für Zivilbewohner besetzter Gebiete, einer feindlichen Macht den Treueid zu leisten\", womit hauptsächlich die Bewohner von Lothringen und dem Elsaß gemeint sind.

Abschnitt J behandelt die Germanisierung besetzter Gebiete . Auch in diesem Abschnitt werden ausschließlich Beispiele aus Frankreich angeführt, wie zum Beispiel die Ansiedlung von 80.000 Deutschen aus dem Saargebiet und Westfalen in Lothringen, wobei 2.000 französische Bauernhöfe Deutschen übertragen wurden, oder die zwangsweise Germanisierung aller französischen Vor- und Familiennamen im Departement Moselle.

Für alle im Anklagepunkt 3 genannten Taten werden die Bestimmungen, Verträge und Konventionen genannt, die dadurch verletzt wurden.

Anklagepunkt 4: Verbrechen gegen die Menschlichkeit

Dieser Anklagepunkt ist eine Erweiterung des Anklagepunktes 3 und umfaßt folgende zwei Titel: \"Ermordung, Ausrottung, Versklavung, Deportation und andere unmenschliche Handlungen gegen Zivilbevölkerungen vor oder während des Krieges\" sowie \"Verfolgung aus politischen, rassischen und religiösen Gründen. Neben Judenausrottungen werden in diesem Punkt auch Verbrechen an einzelnen Persönlichkeiten aufgeführt, wie die Ermordung des österreichischen Bundeskanzlers Dollfuß, des Sozialdemokraten Breitscheid und des Kommunisten Thälmann.

Teil 1 und 2 der Anklageschrift , die Verschwörung und Verbrechen gegen den Frieden betreffend, wurden in erster Linie von den Engländern und Amerikanern verfaßt. Für Robert Jackson bestand der Kern der ganzen Klage darin, daß Verbrechen gegen den Frieden zum anerkannten Bestandteil des Völkerrechts erklärt wurden. Die Briten setzten sich gleichfalls für dieses Ziel ein. Die Anklagepunkte \"Kriegsverbrechen\" und \"Verbrechen gegen die Menschlichkeit\" stützten sich hauptsächlich auf das Beweismaterial über spezifische Grausamkeiten, das von den Sowjets, Franzosen oder den von Deutschen besetzt gewesenen Ländern vorgelegt worden war.

 
 

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