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Im Zuge der Balkankriege verlor das Osmanische Reich außer Ostthrakien alle europäischen Gebiete. Es hatte sich eine politische Gruppierung von jungen
türkischen Offizieren gebildet (das Komitee für Fortschritt). Die Junktürken erreichen die Wiedereinsetzung der Verfassung. Mit einem Aufstand der makedonischen Truppen begann 1908 der Staatsstreich der Jungtürken, der mit dem Sturz des autokratischen Regimes des Sultans endete.

Während des 1. Weltkriegs ließ die Regierung des Osmanischen Reichs mehrere hunderttausende Armenier in das östliche Anatolien deportieren. Bei den davon vollzogenen Massakern kamen die meisten Armenier ums Leben.
Als Ergebnis des 1. Weltkrieges zerfiel das Osmanische Reich, das auf der Seite der Mittelmächte stand, endgültig. Zwischen 1917 und 1918 hatten die Briten mit ersten Offensiven im Irak und Syrien begonnen. Als es 1918 zum Waffenstillstand von Mudros kam, hatte die Türkei bereits alle Gebiete mit Ausnahme von Anatolien verloren. Im Oktober 1918 trat das jungtürkische Kabinett zurück.
Die Türkei war gezwungen, den Friedensvertrag von Svres (1920) zu unterzeichnen, durch den sie nicht nur die arabischen Provinzen aufgeben, sondern auch eine Teilung Anatoliens hinnehmen mußten. Seit 1919 hatte Mustafa Kemal Atatürk den nationalen Widerstand organisiert und 1922 die griechischen Truppen besiegt. Griechenland hatte in den Friedensverträgen von Neuilly und Svres u. a. Ostthrakien, die nördlichen Inseln und das Gebiet um Izmir als Völkerbundsmandat zugesprochen bekommen. Das Mandat militärisch durchzusetzen scheiterte; die Türken eroberten am 9. September 1922 Izmir (früher Smyrna). Ein Jahr später trat die Republik der Türkei an seine Stelle. Im Frieden von Lausanne (1923) endete die drei tausendjährige Siedlungsgeschichte der Griechen in Kleinasien, das ebenso türkisch wurde wie Ostthrakien, die Inseln Tenedos und Imvros.
Die Türkische Republik:
Am 1. November 1922 war die osmanische Dynastie für beendet erklärt und das Reich aufgelöst worden. In den ersten 15 Jahren ihres Bestandes stand die türkische Republik unter der Führung von Atatürk.
Atatürks Nachfolger im Präsidentenamt wurde 1938 sein enger Mitarbeiter Ismet Inönü, der die Innenpolitik von Atatürk fortsetzte. Während des gesamten 2. Weltkriegs verfolgte Inönü eine Politik der Neutralität. Erst im Februar 1945 erklärte die Türkei Deutschland und Japan den Krieg. Nach dem Krieg versuchte die Sowjetunion, die Türkei zu sowjetischem Einflußgebiet zu machen und forderte die Kontrolle über die Ostprovinzen der Türkei sowie über die Meerengen. Daraufhin akzeptierte die Türkei die von dem amerikanischen Präsidenten Harry S. Truman angebotenen Unterstütznugsmaßnahmen und ging enge militärische und wirtschaftliche Beziehungen mit den Vereinigten Staaten ein. 1952 trat die Türkei dem Nordatlantischen Verteidigungspakt (NATO) bei.
Inönü leitete innenpolitisch zu dieser Zeit eine Demokratisierung des Landes ein: u. a. wurden jetzt auch Oppositionsparteien zugelassen. Bei den Wahlen 1950 siegte die Demokratische Partei, die sich für eine stärkere Liberalisierung der Wirtschaft einsetzte.
Von 1950 bis 1960 war die Demokratische Partei die führende politische Kraft der Türkei. In dieser Zeit erlebte die Wirtschaft des Landes einen raschen Aufschwung, aber auch soziale Spannungen. 1960 wurde die Regierung in einem unblutigen Militärputsch gestürzt. Einige führende Politiker der Demokratischen Partei wurden der Korruption beschuldigt und zum Tod verurteilt.
Die politischen Parteien hatten sich in zwei gr0ße Lager gespalten: in die Republikanische Volkspartei und die Gerechtigkeitspartei. Die Republikanische Volkspartei war unter ihrem Führer Bülent Ecevit sozialdemokratisch ausgerichtet, die Gerechtigkeitspartei unter Süleiman Demirel stand in der Tradition Atatürks. Daneben gab es noch mehre kleinere (kommunistische und sozialistische, nationale und islamistische) Parteien.
Die Verfassung von 1961 erschwerte eine Mehrheitsbildung, und die politische Auseinandersetzung verlagerte sich mehr und mehr auf die Straße. In dieser Phase politischer Instabilität entwickelten sich rechts- wie linksgerichtete, zum Teil gewaltbereite Gruppen, die Terrorakte verübten. 1971 intervenierte das türkische Militär erneut, das aber bereits wieder 1972 eine zivile Regierung installierte. Die innenpolitischen Spannungen, vor allem der schlechten Wirtschaftslage, nahmen aber nicht ab, sondern zu. Es wurde der nationale Notstand ausgerufen, und es kam zu brutalen Unterdrückungsmaßnahmen der staatlichen Sicherheitskräfte.
Außenpolitisch war es 1974 zu einer größeren Krise gekommen, als die Türkei als Antwort auf einen von Griechenland inszenierten Putsch, bei dem sich Zypern zur selbständigen Republik erklärt hatte, das nördliche Drittel der Insel besetzt und eine "Türkische Republik Nordzypern" ausrief, die aber international nicht anerkannt wurde. Die Vereinigten Staaten stellten nach dem Einmarsch auf Zypern ihre militärische und wirtschaftliche Unterstützung für die Türkei ein, worauf wiederum die Türkei mit der vorübergehenden Schließung aller amerikanischen Stützpunkte im Land reagierte. Die türkischen Truppen blieben im Norden Zyperns stationiert; die Türkei unterstützte weiterhin eine türkisch-zypriotische Regierung.
Der Staatsstreich von 1980:
Die Regierung von Süleiman Demirel behielt außenpolitisch die enge Bindung an den Westen bei, scheiterte aber in der Innen- und Wirtschaftspolitik. Da sich die Situation nicht änderte, verübten Extremisten rechter und linker Gruppen weiterhin Terrorakte. Am 12. September 1980 putschte die Armee unter Führung des Generalstabschefs Kenan Evren. Als Staatspräsident und Vorsitzender des Nationalen Sicherheitsrates setze er die Verfassung außer Kraft und verhängte das Kriegsrecht. Alle politischen Aktivitäten wurden untersagt, Tausende verhaftet und die Presse zensiert.
Zivilregierungen:
Die neue Verfassung, die 1982 in einem Referendum angenommen wurde, schrieb die "demokratische legitimierte" politische Machtposition des Militärs fest. Evren wurde im selben Jahr mit 90,6 Prozent der Stimmen für eine siebenjährige Amtszeit zum Staatspräsidenten gewählt; 1983 gab er seine militärische Funktion auf. Aus der Stichwahl bei den Parlamentswahlen im November 1983 ging die konservative Mutterlandspartei (die Armee hatte eine rechtsgerichtete Gruppierung unterstützt) als Sieger hervor, und ihr Vorsitzender Turgut Özal wurde Regierungschef. 1989 wurde Özal zum ersten zivilen Staatsoberhaupt seit 1960 gewählt, und Yildirim Akbulut übernahm das Amt des Ministerpräsidenten (Regierungschef). Akbuluts Nachfolger wurde 1991 Mesut Yilmaz, der wurde wiederum 1993 von Tansu Ciller, einer Wirtschaftswissenschaftlerin, die an der Spitze der Partei des Rechten Weges (DYP) stand, abgelöst.
Während des Golfkriegs 1991 unterstützte die Türkei die Alliierten, entsandte aber keine eigenen Truppen. Nach Ende des Golfkrieges flüchteten Hunderttausende Kurden nach einem erfolglosen Aufstand gegen die irakische Regierung in das kurdische Siedlungsgebiet in der Türkei. Viele wurden in der Nähe der Grenze vorübergehend unter den Schutz alliierter Truppenverbände gestellt. In dieser im Südosten der Türkei gelegenen Region herrscht seit 1984 Bürgerkrieg. Alle bisherigen türkischen Regierungen haben die Autonomiebestrebungen der 15 Millionen Kurden massiv mit militärischen Mitteln bekämpft. Der politische und militärische Arm der Unabhängigkeitsbewegung ist die Partiya Karkeren Kurdistan (Arbeiterpartei Kurdistan; PK. Bei den Kämpfen sind bis 1994 über 14.000 Menschen getötet worden.
Im März 1995 verkündete die Regierung von Ciller die Absicht, die PKK zu vernichten und nahm den größten jemals gestarteten Angriff gegen die Rebellen auf, wobei die türkische Armee 40 Kilometer in die von den Vereinigten Staaten ausgewiesene Schutzzone des Kurdengebiets im Nordosten des Iraks eindrang. Zur selben Zeit versuchte Tansu Cillers Regierung, liberalere Gesetze zu verabschieden, um die kurdischen Nationalisten wieder in politische Strukturen einzugliedern und die kurdischen Schulen wieder öffnen zu können.
Die Regierungen der westlichen Länder kritisierten weiterhin die aus der Türkei gemeldeten Menschenrechtsverletzungen, die im Bericht des amerikanischen Außenministeriums vom Februar 1995 zusammengefaßt waren, und verurteilten das Verschwinden und die Ermordungen von Kurden sowie die fortgesetzte Schikanierung, Einschüchterung und Inhaftierung von Menschenrechtsbeobachtern, Journalisten, Rechtsanwälten und Wissenschaftlern.
Am 24. Dezember 1995 fanden die türkischen Parlamentswahlen statt. Aus diesen Wahlen ging erstmals in die Geschichte der modernen Türkei mit der Wohlfahrtspartei (RP) eine islamische Partei als stärkste politische Kraft hervor. Die Partei des Rechten Weges wurde zweitstärkste, die national-liberale Mutterlandspartei drittstärkste Partei. Für eine Regierungsbildung fand die RP keinen Koalitionspartner. Der Vorsitzende der Mutterlandspartei und Tansu Ciller unterzeichneten ein Koalitionsprotokoll. Der Vorsitzende übernahm im März 1996 das Amt des Ministerpräsidenten, trat aber nach einem Mißtrauensvotum im Juni zurück. Präsident Demirel erteile daraufhin Necmettin Erbakan, dem Vorsitzenden der Wohlfahrtspartei, den Auftrag zur Bildung einer neuen Regierung. Tanzu Ciller, deren Partei des Rechten Weges mit der RP die Regierung bildete, wurde stellvertretende Ministerpräsidentin und Außenministerin. Erbakan und Ciller verständigten sich auf eine gemeinsame Regierung, die zuerst von Erbakan, später von Ciller geführt werden sollte.
Im Juni 1997 trat, nachdem seine Partei die Mehrheit im Parlament verloren hatte, Ministerpräsident Erbakan zurück. Daraufhin beauftragte Demirel den Oppositionspolitiker Mesut Yilmaz von der Mutterlandspartei mit der Regierungsbildung. Yilmaz führte eine Regierungskoalition seiner Partei mit der Partei für eine demokratische Türkei und der Demokratischen Partei der Linken. Zu den erklärten Zielen der neuen Regierung gehören das entschiedene vorgehen gegen Islamisten und kurdische Separatisten sowie die baldige Aufnahme in der EU.
Nachdem Mesut Yilmaz im November 1998 wegen Korruptionsvorwürfen vom Parlament gestürzt worden war, amtierte in der Türkei nur eine geschäftsführende Regierung. Die Regierungsbildung wurde an den Staatspräsidenten Süleyman Demirel zurück gegeben. Daraufhin bildete der Sozialdemokrat und ehemalige Ministerpräsidenten Bülent Ecevit am 11. Januar eine Minderheits- und Übergangsregierung mit Vollmacht bis zu den nächsten Parlamentswahlen, die am 18.4.1999 stattfanden. Ecevit bildete nach diesen um ein Jahr vorgezogenen Wahlen zur Nationalversammlung eine Koalition aus Demokratischer Partei der Linken, Partei der nationalen Bewegung und Mutterlandspartei.


Mutterlandspartei

Mutterlandspartei, von Turgut Özal gegründete Partei.
Die Partei entstand, nachdem die Militärregierung per Gesetz vom 24. April 1983 in beschränktem Umfang die Neugründung von Parteien zugelassen hatte. Die ANAP war neben den beiden von den Generälen initiierten Parteigründungen die einzige Partei, die die bürokratischen Hürden überwinden konnte, um im November 1983 an den Parlamentswahlen teilnehmen zu können. Die ANAP ging mit einem Stimmenanteil von über 45 Prozent als Sieger aus diesen Wahlen hervor, Özal wurde Ministerpräsident, und am 1. Oktober löste er den Exgeneral Kenan als Staatspräsidenten ab.
Von Beginn an stellte die ANAP eher eine Sammlungsbewegung dar als eine Partei mit einem fest umrissenen Programm; neben Befürwortern einer religiös-konservativen Politik fanden sich darin Wirtschaftsliberale ebenso wie Verfechter des Laizismus. Ihre Prägung erhielt die Partei durch den Pragmatiker Özal, für den es keinen Widerspruch bedeutet, innenpolitisch den orthodox-islamischen Kreisen mehr Einfluß zu gewähren und außenpolitisch die Integration in der EU anzustreben. Als derjenige, dem es gelang, die Macht des Militärs zurückzudrängen, gibt Özal als Wegbereiter der neuen Demokratie. Während er auf der einen Seite sogar die Bereitschaft signalisierte, in der Kurdenpolitik neue Wege zu suchen, können andererseits durch das am 12. April 1991 verabschiedete "Antiterrorgesetz" grundlegende demokratische Rechte eingeschränkt werden.


Wohlfahrtspartei

Die konservativ- religiöse Wohlfahrtspartei (RP) ging aus der Ende der sechziger Jahre gegründeten Nationalen Heilspartei hervor, die nach dem Militärputsch am 12.September 1980 verboten worden war. Nachdem das Militärregime unter General Kenan Evren am 14. April 1983 ein neues Parteiengesetz erlassen hatte, wurde die Partei als Wohlfahrtspartei neu gegründet. In ihrem Programm fordert sie die Einführung des islamischen Rechts und die Wiederherstellung einer islamischen Ordnung. Die Republikgründung wird ebenso als historische Fehlleistung betrachte wie das laizistische Staatsprinzip des Kemalismus; eher sieht sich die RP der Tradition des Osmanischen Reiches verpflichtet.
Im Februar 1998 verbot das türkische Verfassungsgericht die Wohlfahrtspartei, da diese gegen den Laizismus und damit gegen eines der Grundprinzipien der Republik verstoßen habe. Einige führende Politiker der Partei wurden mit mehrjährigen Politikverbot belegt.
Nach dem Verbot organisierte sich der größte Teil der Wohlfahrtspartei in der Tugendpartei neu; aus den Parlamentswahlen im April 1999 ging die Tugendpartei mit über 15 Prozentpunkten immerhin als drittstärkste Partei hervor.


Partei des Rechten Weges

Die konservative Partei des Rechten Weges ist die Nachfolgeorganisation der Gerechtigkeitspartei, die ihrerseits aus der nach dem Verbot der Demokratischen Partei (1960) hervorgegangen ist.
Die Gerechtigkeitspartei war wie alle anderen türkischen Parteien per Gesetz vom 16. Oktober 1981 verboten worden.; nach der Wiederzulassung politischer Parteien im April 1983 wurde die DYP als Nachfolgepartei der Gerechtigkeitspartei gegründet. Vorsitzender wurde 1987 Süleyman Demirel, der seit den sechziger Jahren eine zentrale Rolle in der türkischen Politik spielte, u. a. als Ministerpräsident und als Vorsitzender der Gerechtigkeitspartei. Seine Nachfolgerin im Parteivorsitz und als Regierungschefin wurde Tansu Ciller.

 
 

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