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geographie artikel (Interpretation und charakterisierung)

Geschichte und funktionsweise des internet



Als \"interconnected networks\" (bzw. in Kurzform internets) werden miteinander verbun¬dene Computernetzwerke bezeichnet. Das Internet dagegen ist ein Metanetzwerk und wurde ab 1982 als die Gesamtheit der miteinander vernetzten internets, die das Protokoll Transmission Control Protocol/Internet Protocol (TCP/IP) benutzen , definiert. Ein Proto¬koll ist ein Satz von Regeln, der die Art des Datentransfers zwischen Netzwerken festlegt .

Dem Internet zugehörig sind des weiteren miteinander vernetzte Computer, die zu dem speziellen Adreßraum des Internet gehören, was sich durch den sogenannten Domain-Namen ausdrückt. Sie machen den Kern des Netzes aus. Die Rechner, die nur zeitweise bzw. vermittelt mit diesem Kern vernetzt sind, zählen zur Peripherie des Internet.

Ein, wenn nicht sogar das wesentliche Merkmal des Internet ist dessen Dezentralität. Das Internet hat keinen Besitzer, sondern seine Teilnetze und Geräte gehören jeweils den einzelnen Netzwerkbetreibern, die somit als Teilbesitzer des Internet angesehen werden können. Die wenigen zentralen Organisation des Internet wie die 1992 von zahlreichen internationalen Institutionen als Dachverband gegründete Internet Society (ISOC) und die von der US-amerikanischen National Science Foundation (NSF) gegründete InterNIC über¬nehmen lediglich einzelne koordinierende und administratorische Aufgaben. Dazu zählen die Standardisierung neuer Programme oder Protokolle, die Koordination der Forschung und des Betriebs der einzelnen Netze, die Ausbildung internationaler Kooperation (ISOC) und die zentrale Vergabe der Domainnamen (InterNIC). Sonstige Aufgaben wie Finanzierung und Verwaltung der einzelnen Netze liegen im Zuständigkeitsbereich der jeweiligen Netzwerkbetreiber.

Das Internet ist auf drei Ebenen organisiert: Zum einen gibt es die lokalen Netzwerke \"(LAN´s), bei denen Hostbetreiber und Systemadministratoren die zentrale Rolle spielen\" , die auf der nächsthöheren Ebene zu regionalen Netzwerken verknüpft werden, die ursprünglich (in den USA) zumeist von (staatlichen) Non-Profit-Organisationen betrieben wurden, seit den frühen neunziger Jahren jedoch zunehmend privaten Betreibern übereignet werden. Die oberste Ebene bildet letztlich die Gesamtheit dieser regionalen Netzwerke: das Internet .

Der hierarchische Aufbau spiegelt sich auch im Adreßsystem des Internet wider. Es gibt fünf Netzwerk-Adreßklassen (von denen jedoch nur drei praktische Relevanz haben), die sich dadurch unterscheiden, wie viele Hosts, also einzeln erreichbare vernetzte Computer, an ein Netzwerk angeschlossen werden können .

Ferner gibt es mehrere Kategorien von Domains, wobei die höchste, die sogenannte Top-Level-Domain, innerhalb der USA den Typ des Inhabers kennzeichnet (z.B. \".com\" für kommerzielle Unternehmen, \".edu\" für den Erziehungsbereich, etc.). Außerhalb der USA steht die Top-Level-Domain für das Land, in dem der Inhaber der Adresse angesiedelt ist (z.B. \".de\" für Deutschland oder \".va\" für den Vatikan). Unterhalb dieser Bezeichnung finden sich noch unterschiedlich viele Unterhierarchien, die Ort und/oder Art des Domainin¬habers weiter spezifizieren. So bezeichnet die E-Mail-Adresse
\"Hill@stud-mailer.uni-marburg.de\" beispielsweise einen Nutzer, der in Deutschland an der Universität Marburg am Studenten-\"Postrechner\" beheimatet ist.


2.1 Geschichte des Internet

2.1.1 Die militärischen Ursprünge des Internet

Die Entstehung des Internet kann man als Treppenwitz der Computergeschichte bezeichnen, da ausgerechnet das US-Verteidigungsministerium dafür verantwortlich ist. Eine hierar¬chisch organisierte und straff geführte staatliche Institution schafft ein dezentral organisier¬tes, unkontrollier- und unzensierbares, prinzipiell geradezu anarchisches Medium - und das auch noch zu Zeiten des Kalten Krieges. Wenn man sich das alles vor Augen hält, kann man das Internet durchaus als erfolgreichste Fehlleistung des US-amerikanischen Militärs bezeichnen.

Dabei sind diese Widersprüche nur scheinbar und alle Eigenschaften des Internet auch unter militärischen Gesichtspunkten durchaus nachvollziehbar und sogar unumgänglich, wenn man die Entstehungssituation betrachtet: Im Verlaufe des militärisch-technischen Wettlaufs zwischen der NATO und dem Warschauer Pakt im allgemeinen und den USA und der Sowjetunion im besonderen gründete das US-Verteidigungsministerium 1957 (nach dem sogenannten Sputnik-Schock) die Behörde Advanced Research Projects Agency (ARPA), die den USA in eben diesem Bereich einen Vorsprung erarbeiten sollte. Diese stellte 1968 ein Computernetzwerk vor, dessen Installation 1969 vom Verteidigungsministerium genehmigt wurde. Es erhielt den Namen ARPANet, verband vier Knotenrechner von Universitäten und Forschungseinrichtungen und wurde das erste Netzwerk des späteren Internet . Die Idee des ARPANet basierte auf der Mehrfachnutzung der damals noch sehr spärlich vorhandenen und teuren Computer, insbesondere von Forschungs-Großrechnern, durch möglichst viele Wissenschaftler landesweit. Das Netz war also vor allem ein Hilfsmit¬tel zur Arbeitserleichterung für die militärisch-technologische Forschung.

Seine Struktur verdankt es aber hauptsächlich der Angst vor einem feindlichen Angriff. Eine hierarchische Struktur kam schon deshalb nicht in Betracht, weil in diesem Fall der Ausfall einer Zentrale das ganze Netz kopflos und damit handlungsunfähig gemacht hätte. Auch kam die bisher genutzte leitungsorientierte Datenübertragung (circuit switching) nicht in Frage, weil sie als zu störanfällig galt .

Eine dezentrale Struktur auf Basis einer Zweiweg-Punkt-zu-Punkt-Kommunikation und eine paketorientierte Datenübertragung (packet switching) waren die Alternative. Das ARPANet war das erste Netzwerk, das auf packet switching basierte. Die wesentlichen Vorteile dieser Art der Datenübertragung sind, daß Sender und Empfänger nicht physisch miteinander verbunden sein müssen und die einzelnen Pakete, in die eine Datei oder Nachricht aufgeteilt wird, je nach Verfügbarkeit und Belastung unabhängig voneinander über verschiedene Datenleitungen versandt werden können, was die optimale Ausnutzung der Netzwege garantiert, selbst wenn mehrere Datenleitungen im Falle eines Angriffs zerstört worden wären. Nebenprodukt dessen ist, daß das Internet auch gegen Zensur unempfindlich ist, weil diese im System nicht vorgesehen ist und als Fehler ausgelegt wird. So stellte das Computerfachblatt c\'t im Zusammenhang mit dem Verfahren der Münchner Staatsanwaltschaft gegen den Online-Dienst CompuServe im Herbst 1995, das zur Sperrung von über 200 Diskussionsforen führte, treffend fest:

\"[...] eine \'Zensur\' des Internet gleicht dem Versuch, ein großes Sieb mit dem Daumen abzudichten. Das Konzept des Internet ist so ausgelegt, daß es auch nach einem atomaren Erstschlag noch funktionieren soll.\"


2.1.2 Das Internet als akademisches Forschungsnetz

Die Idee, auf der das ARPANet basiert, wurde über vom Militär abgewanderte Forscher in den USA an Privatunternehmen und Universitäten getragen, die damit begannen, eigene - zuerst lokale - Netzwerke aufzubauen. Die Vernetzung der auf unterschiedliche Hardware¬architekturen basierenden Netzwerke wurde durch das 1974 entwickelte TCP/IP ermög¬licht .

In den achtziger Jahren entstanden unter Beteiligung der National Science Foundation (NSF) verschiedene wissenschaftlich und akademisch genutzte Netzwerke sowie einige Firmennetzwerke, die 1983 mit dem ARPANet zum \"ARPA Internet\" (später \"Internet\") verbunden wurden, während ein Teil des ARPANet, der nur militärischen Zwecken diente (Milnet), abgekoppelt wurde . Heute ist der militärische Bereich weitgehend vom zivilen Internet abgekoppelt, benutzt geschlossene Verbindungen und eigene Protokolle .

Durch die Beteiligung der NSF wurde die weitere staatliche Finanzierung des Internet gesi¬chert, die vorher aufgrund des militärischen Ursprungs bereits sehr großzügig war. 1986 gründete die NSF ihr eigenes Hochgeschwindigkeitsnetz NSFNet, das zu einem der vier US-Glasfaser-Backbones wurde und welches zur weitgehenden Bedeutungslosigkeit des ARPANet und dessen Auflösung 1990 führte. Ebenfalls im Jahr 1986 wurde das Domain Name System (DNS) eingeführt, das den zum Internet gehörenden Rechnern und Netzen (Domains) nach einem hierarchischem System eindeutige Adressen zuordnet .

Neben der starken universitären Nutzung kam in den achtziger Jahren ein zweiter Faktor hinzu, der die Entwicklung des Internet maßgeblich beeinflussen sollte: Aufgrund der wachsenden Verbreitung von PCs entstand eine Nutzersubkultur von Hackern, Crackern und sonstigen, meist jungen Computerspezialisten, die Mailbox-Systeme einrichteten, welche zum Softwaretausch und zur Kommunikation dienten und über das Telefonnetz miteinander verbunden waren. Diese wurden nach und nach an das Internet angeschlossen und trugen so entscheidend zur Entwicklung der Netzkultur bei, die sich unter anderem durch die gegenseitige Hilfe vor allem gegenüber Einsteigern, eine funktionierende Selbst¬kontrolle (unter dem Begriff Netiquette zusammengefaßte Verhaltensregeln) und eine Protesthaltung gegen Kommerzialisierungstendenzen auszeichnet.

In Europa wurden mit Verspätung wesentliche Merkmale der US-Infrastruktur übernom¬men. Auch hier bildeten sich Mailbox-Systeme (z.T. wurden diese aus den USA importiert), auch hier entwickelte sich das Internet auf einer hauptsächlich universitären Basis, auch hier wurde der Internetverkehr über einen Backbone (den 1992 in Betrieb genommenen EBone) abgewickelt. So verwundert es nicht, daß auch die europäische Internetstruktur sich ähnlich der US-amerikanischen entwickelt hat, wenngleich auch mit zeitlichem Rückstand.


2.1.3 Der Rückzug der NSF

1987 wurde von der NSF ein erster Schritt weg von der universitär geprägten Internetge¬meinschaft in Richtung Privatisierung unternommen, als die Firmen IBM und MCI in die Wartung des im Jahre zuvor gegründeten NSFNet eingebunden wurden , welches damals noch primär Universitäten und Forschungsstellen miteinander verband. Die Richtlinie, die das NSFNet dem öffentlichen Interesse vorbehielt, führte allerdings dazu, daß kommerzielle Unternehmen weiterhin eigene Netzinfrastrukturen aufbauten. Drei der vier US-Backbones entstammen diesem Zweig: Das PSInet von Performance Systems International und das AlterNet von UUNET Technologies, Inc., die beide der 1991 gegründeten Commercial Internet Exchange Association (CIX) angehören, sowie das 1992 gegründete SprintLink .

Im Rahmen des \"High Performance Computing Act\" der US-Regierung von 1991 fand eine radikale Kurskorrektur zugunsten kommerzieller Interessen statt, die unter anderem den schrittweisen Rückzug des Staates aus dem Internet vorsah. Statt wie bisher die Wahrung des öffentlichen Interesses wurde nun die Schaffung eines Informationsmarktplatzes zum primären Ziel erklärt. Im März 1993 wurde ein erster großer Schritt in diese Richtung getan, als die NSF drei wesentliche Aufgabenfelder des NSFNet-Betriebs an die von Privat¬unternehmen geführte Organisation InterNIC abgab . Ein weiterer Rückzug kam mit der Einstellung des NSFNet-Backbones zum 30.4.1995. Die daran angeschlossenen 17 regiona¬len Betreiber bekommen die bisher an das NSFNet gezahlten Staatsgelder direkt ausgezahlt und sollen dafür auf dem freien Markt \"backbone services\" dafür erwerben bzw. mieten . Dies alles sind Schritte des \"sunset schedule\", nach dem die NSF sich bis 1998 gänzlich aus der Finanzierung ihres (ehemaligen) Netzes zurückziehen will. Die Übertragungswege des Internet werden privatisiert.

Der NSFNet-Program Officer David Staube bezeichnete 1995 die Phase der letzten acht bis neun Jahre als die des Marktaufbaus, in der die NSF die Infrastruktur des Internet errichtete und deren Nutzung ankurbelte. Diese sei nun abgeschlossen. \"The market can stand on its own-without our seed money.\" Von diesem Sichtweise aus gesehen erscheint eine solche Einschätzung der Internetentwicklung durchaus nachvollziehbar, dennoch erstaunt es, daß der ursprüngliche Anspruch der Wahrung des öffentlichen Interesses und die damit verbun¬dene Limitierung der kommerziellen Nutzung des Netzes nicht erwähnt werden. Man könnte fast den Eindruck gewinnen, dieser Anspruch hätte nie wirklich existiert.

Neben dieser Öffnung des Internet gegenüber kommerziellen Interessen war es die Imple¬mentierung des leistungsstarken und anwenderfreundlichen Dienstes WWW (World Wide Web, vergleiche Abschnitt 2.2.5) im Jahr 1992, die die Ausweitung des Nutzerkreises von universitären Einrichtungen auf Privatpersonen und Unternehmen begünstigte. Die Kommerzialisierung des Internet besteht also nicht nur aus dem Entstehen kommerzieller Netzwerkanbieter, sondern auch und vor allem aus der Anwendung des Internet durch private Unternehmen .


2.1.4 Privatisierung des Internet: Veränderung der Besitzverhältnisse der Übertra-gungswege

Angesichts des Staatshaushaltsdefizits der USA verwundert es nicht, daß die US-Regierung die Finanzierung des Internet von der staatlichen Organisation NSF auf privatwirtschaftliche Unternehmen übertrug. Ein erster und gravierender Schritt war das bereits beschriebene \"sunset schedule\" für das NSFNet und der damit verbundene Rückzug der staatlichen Förderung für das Internet. Die NSF fungierte bis zur Einstellung ihres Backbones als wichtiger - und einziger nicht-privatwirtschaftlicher - Bereitsteller von Datenübertragungs¬wegen.

Im Internet traten an die Stelle des NSFNet \"fünf private Telephonkonzerne wie Alternet, ANS, MCI und Sprint, die nun den sogenannten Internet-Backbone betreiben. Firmen wie IBM und MCI haben nun das Sagen.\" Vor allem MCI hat mit 40% des gesamten Internet¬verkehrs (Eigenangabe) eine tragende Rolle bei den Betreibern .

Zu dieser Entwicklung kommt auch noch eine Wende in der US-Telekommunikationspoli¬tik, die neue Regulierungsmodelle mit einem Schwerpunkt auf Deregulierung entwickelt . Parallel dazu fallen in der Europäischen Union 1998 die Netz- und Telefondienstmonopole. Die Telekommunikation wird eine \"durch Privatisierung, Deregulierung und Globalisierung weltweit im totalen Umbruch stehende Branche\" . Das alles sind Teile der erwarteten Bildung einer sogenannten Multimediabranche, die vermutlich die Bereiche Telekommuni¬kation, Fernsehen und Computer beinhalten und umstrukturieren wird . Diese neue Struktur wird Schwemmle zufolge nicht mehr nach den drei genannten Branchen unter¬scheiden, sondern zwischen den Segmenten Multimedianetze, Endgeräte und Dienstleistun¬gen/Inhalte, die offline und online betrieben und an private und geschäftliche Anwender verkauft werden . Eine ähnliche Struktur sehen Bane et al. entstehen, die jedoch spezifi¬scher zwischen den Marktsegmenten Content (Inhalt), Packaging (Bündelung und Präsen¬tation von Inhalten), Transmission network (Übertragungsnetzwerke), Manipulation infra¬structure (Software und speichernde Hardware) sowie Terminals (Endgeräte) unterschei¬den .

Der erste Schritt zur Schaffung dieser neuen Metabranche ist die Bildung strategischer Allianzen, die z.Zt. noch vornehmlich in der sich umstrukturierenden Telekommunikations¬branche stattfindet, aber ansatzweise auch Konzerne aus den genannten Branchen, sowie Handelsunternehmen und finanzstarke Mischkonzerne einbezieht. Ziel der jeweiligen Akteure ist es, möglichst umfassende Netzinfrastrukturen (breit- und schmalbandige Netze, Funk- und Satellitenverbindungen) zu erreichen, möglichst viele und attraktive Dienstlei¬stungen und Inhalte sowie Hard- und Software bzw. andere elektronische Geräte bereitstel¬len zu können. Die Schwerpunktgebiete dieser Aktivitäten sind Europa, Amerika und der ostasiatische Raum . Als wichtige Allianzen wären zu nennen :

- World Partners Company: Neben der amerikanischen AT&T, dem umsatzstärksten Telekommunikationsunternehmen der Welt, gehören dieser Allianz der Zusammenschluß Unisource, die japanische Fernverkehrsgesellschaft KDD, Singapore Telecom und als assoziierte Mitglieder weitere Telekomgesellschaften aus Asien und Australien an.

- Unisource ist ein 1992 gegründetes Joint Venture von niederländischen, schwedischen, schweizerischen und spanischen Telekommunikationsunternehmen.

- Concert Communication ist eine Allianz aus der British Telecom (BT) und der amerikani¬schen Telefongesellschaft MCI, die sich beide unter den zehn umsatzstärksten ihrer Branche befinden.

- Global One: Ebenso wie Concert Probleme mit der US-Kartellbehörde hatte, wurde auch diese Allianz erst nach langen Verhandlungen im Juli 1996 von der EU-Kommission genehmigt . Es handelt sich um ein Joint-Venture aus der Deutschen Telekom AG, der France Telekom und Sprint Corp., dem drittgrößten Telekommunikationsunternehmen der USA.

- Vebacom GmbH: Dieses vor allem auf dem deutschen Markt aktive Gemeinschaftsunter¬nehmen besteht aus der Veba AG (Stromversorger), der britischen Cable & Wireless sowie seit Oktober 1996 dem Energiekonzern RWE.

Die Bildung dieser sowie einiger weiterer kleinerer Allianzen ist ein dynamischer Prozeß. Das Erschließen von Finanzquellen (für Aufkäufe und Beteiligungen) und kartellrechtliche Hürden sind die größten Hemmnisse dieser Entwicklung . Da jedoch davon ausgegangen wird, daß in Zukunft nur noch wenige Global Player Chancen auf den Märkten für Tele¬kommunikation, Datenverarbeitung und multimediale Anwendungen haben werden , versuchen die Konzerne weiterhin, diese Probleme aus dem Weg zu räumen, um sich die besten infrastrukturellen Ausgangspositionen zu sichern.

Folge der Verschärfung dieses internationalen Wettbewerbes wird der Abbau von Arbeits¬plätzen in den Telekommunikations-Stammgesellschaften, der nachrichtentechnischen Industrie, der Unterhaltungselektronik und bei Hardwareherstellern sein. Es ist damit zu rechnen, daß die voraussichtlich neu entstehenden Arbeitsplätze in dem Feld \"Multimedia\" die so verlorengehenden Plätze nicht nur quantitativ nicht aufwiegen, sondern sich auch qualitativ durch den Verlust kollektiver Schutzrechte (z.B. bei der sogenannten Scheinselb¬ständigkeit von Telearbeitern) negativ auswirken werden .

Auch bringt die Bildung branchenübergreifender Allianzen möglicherweise Unternehmens¬gebilde hervor, die in mehreren Branchen marktbeherrschend sein können.

\"Dabei gibt die amerikanische Gesetzgebung in den USA ebenso den Weg zu einer neuen Konzen¬trationswelle frei wie die Deregulierung in der BRD - über das Auftreten neuer Anbieter weg bilden sich integrierte Telekommunikationskomplexe heraus. Statt dessen wäre zu fordern, dass kartell¬rechtlich diese Entwicklung nicht unterstützt wird: ein Monopolist auf dem Gebiet der Betriebssysteme wie Microsoft dürfte kein Anbieter von Telekommunikationsdienstleistungen sein wie Microsoft Network, Fernseh- oder Radiosender oder Verlage mit hohem Marktanteil dürften keine Netzbetreiber sein.\"

Auf diesen wettbewerbsrechtlichen Aspekt kann im Rahmen dieser Arbeit lediglich aufmerksam gemacht werden.


2.2 Funktionsweise der Dienste des Internet

Die Zahl der Dienste ist nicht von der Struktur des Internet vorgegeben, sondern vielmehr von den Bedürfnissen der Nutzer und dem Einfallsreichtum der Programmierer abhängig. Diese müssen jedoch die spezielle Architektur des Internet berücksichtigen, die auf dem Client-Server-Prinzip basiert. Ein Server ist ein Computer, der einen Dienst bereitstellt, ein Client derjenige, der den Dienst nutzt. Im folgenden werden die wichtigsten Dienste des Internet kurz vorgestellt.

2.2.1 Electronic Mail (E-Mail)

Electronic Mail oder abgekürzt E-Mail ist ein 1971 entwickelter Dienst und stellt das Internetpendant zum Briefversand dar. Dabei wird die Netzwerktechnik genutzt, um auf diesem Wege elektronische Nachrichten innerhalb von Sekundenbruchteilen zu versenden. E-Mail ermöglicht bidirektionale Individualkommunikation. Neuere E-Mail-Programme können mittels MIME (Multipurpose Internet Mail Enhancements) auch multimediale Nachrichten verschicken . E-Mail ist mit 35 Millionen Nutzern 1995 und voraussichtlich 60 Millionen 1996 momentan der meistgenutzteste Dienst im Internet .



2.2.2 Mailinglisten und Usenet News

Durch Mailinglisten wurde E-Mail auf einen weiteren Adressatenkreis ausgedehnt. Eine Mailing List entspricht einem Verteiler, also einer Liste von Adressen von Personen, die regelmäßig Informationen zu bestimmten Themenkreisen erhalten möchten (z.B. Rundbriefe von Vereinen oder ähnliches). Da jedes Mitglied dieser Liste allerdings sowohl empfangen als auch (an alle oder per privater E-Mail an einzelne) senden kann, bieten Mailinglisten polidirektionale Massenkommunikation.

Im Internet übernimmt ein E-Mail-Roboter, ein sogenannter Mailserver, die Aufgabe des Versandes. Meist kann man bei diesem mittels einer einfachen E-Mail eine Mailingliste abonnieren. Der Mailserver übernimmt nun die Aufgabe, alle eingehenden Nachrichten an alle weiterzusenden, die die Liste abonniert haben. So entstehen Interessengemeinschaften, die sich z.T. über hochspezielle Themen austauschen. Es gibt moderierte und unmoderierte Listen. Während bei unmoderierten Listen keine Kontrollen existieren, fungiert bei dem ersten Typ eine Person (meist der Initiator der Liste) als Moderator, der Fragen beantwor¬tet, auf Angebote außerhalb der Liste hinweist (sogenannte Frequently Asked Questions-Listen, die z.B. ständig wiederkehrende Fragen beantworten) oder Teilnehmer zurechtweist.

Usenet News ist das 1979 etablierte System verschiedenster öffentlicher Diskussionsforen. Diese sind hierarchisch in Themengebiete gegliedert. Im Gegensatz zu Mailinglisten sind diese jedoch nicht per E-Mail, sondern über Newsreader genannte Programme erreichbar, die auf die lokalen Server zugreifen, auf denen die Nachrichten der Gruppe gespeichert sind. Auch sind Newsgroups im Gegensatz zu Mailinglisten relativ schwierig zu initiieren, weil dieser Vorgang durch eine genau festgelegte Prozedur reglementiert ist . Die Newsgruppen kann man als digitale \"schwarze Bretter\" verstehen.


2.2.3 Telnet

Dieser Dienst wurde 1972 etabliert , fungiert als Fernsteuerung und ermöglicht autorisier¬ten Nutzern (die sich meist über Paßwörter ausweisen müssen), sich über das eigene Termi¬nal bei einem entfernten Rechner anzuschließen (\"einzuloggen\"). Telnet wird vor allem zu Recherchezwecken benutzt, so daß man die Internetnetzwege nutzen kann, um sich vom eigenen Terminal aus an die Rechner von Bibliotheken und anderer Institutionen anzuschließen.



2.2.4 File Transfer Protocol (FTP)

File Transfer Protocol steht gleichzeitig für den Dienst, der den Austausch von Daten - vor allem von Computerprogrammen - ermöglicht, wie für das Protokoll, das diesen Dienst realisiert . Neben dem privaten Datenaustausch zwischen autorisierten Nutzern ist auch der Abruf von Daten aus Datenbanken via Anonymous FTP möglich, bei dem der Nutzer nicht bekannt sein muß. Wenn man die abrufbaren Daten nicht als Waren, sondern als Kommuni¬kationsinhalte oder Botschaften begreift, funktioniert FTP ebenso wie der klassische Rund¬funk: Ein Sender liefert Inhalte an beliebig viele Empfänger.

Telnet und FTP sind die ursprünglichen Internetdienste. Sie erfüllen die Anforderungen, die in den sechziger Jahren der Grund für die Einrichtung des Internet waren: Fernnutzung von (Hochleistungs-) Rechnern und Ressourcenteilung mittels Datenaustausch.


2.2.5 Gopher und World Wide Web

Das von der University of Minnesota entwickelte Gopher war \"das erste umfassende, Dienste integrierende und benutzerfreundliche Werkzeug zur Navigation im Internet\" . Es fungierte als Suchdienst, den man bequem mit der Computermaus steuern konnte und der als Plattform auch Telnet und FTP integrierte.

Mittlerweile ist es weitgehend durch das noch benutzerfreundlichere World Wide Web (WWW, W3, Web) abgelöst worden. Das WWW wurde von dem Genfer Kernforschungs¬zentrum CERN (Conseil Europeen pour la Recherche Nucleaire) entwickelt und 1992 im Internet als Public-Domain-Interface (also als öffentliches Gut) eingeführt. Viele Firmen entwickelten daraufhin Software für das WWW (z.B. die Browser genannten Navigations¬werkzeuge von Mosaic oder Netscape), was dazu führte, daß es innerhalb kurzer Zeit zum Internetdienst mit der größten Nutzungsintensität wurde . Die Browsertechnologie, die eigene Art von Adressen, die die Art der Dateien spezifiziert (Uniform Ressource Locator, abgekürzt URL) sowie die eigene Sprache HTML (Hypertext Markup Language) und das eigene HyperText Transfer Protocol (HTTP), das die Kommunikation zwischen Webser¬vern und -Browsern regelt, sind die wesentlichen Merkmale des WWW. Seine Beliebtheit sowohl bei den Nutzern als auch bei Softwareentwicklern liegt vor allem in drei Eigenschaf¬ten des WWW begründet:

- Benutzerfreundlichkeit: Die einheitliche grafische Oberfläche, die bequeme Bedienung sowie die durch Browsertechnologie erreichte einfache Navigation machen das Web auch für Nutzergruppen interessant, die nur wenige Kenntnisse von Computertechnik haben. Durch Hilfsprogramme wie Kataloge (z.B. Yahoo!) oder die äußerst populären Suchagen¬ten oder Suchmaschinen (z.B. Alta Vista) wird die Suche nach URLs ständig vereinfacht. Die relativ einfache Programmierung von WWW-Pages führt des weiteren dazu, daß eine relativ große Anzahl an Personen auch zu Produzenten von Inhalten (Homepages) werden und sich so Informationen zu verschiedensten Themen im WWW finden. Allerdings darf nicht außer acht gelassen werden, daß die Anbieter von Diensten sich nicht nur Programmierfähigkeiten aneignen müssen, sondern auch wesentlich mehr Programme und Speicherplatz benötigen als bloße Konsumenten.

- Integration anderer Dienste: Weiterentwicklungen der Browsertechnologie haben dazu geführt, daß das WWW sich mittlerweile zur Plattform entwickelt hat, die die meisten anderen Applikationen (u.a. E-Mail, News, FTP, Telnet, Gopher) in sich aufnimmt. Es ist damit die erste Applikation des Internet, die diese Eigenschaft besitzt.

- Hypermediaprinzip: Ein Vorteil des WWW ist seine durch HTML ermöglichte Hyperme¬diafähigkeit. Es kann nicht nur Ton und bewegte Bilder übertragen, sondern auch einzelne Inhalte durch Verweise (Hyperlinks, Links) miteinander verbinden, wenn der Nutzer diese durch Anklicken aktiviert. Der Fülle der Links, mit der Webseiten untereinander auf sich verweisen, verdankt das World Wide Web auch seinen Namen, da durch dieses Prinzip Inhalte nicht mehr isoliert, sondern in einem Kontext zueinander stehen.

Das WWW wird oft als der multimediale Teil oder Dienst des Internet bezeichnet. Das bedeutet, daß es sich durch Integration oder auch Konvergenz , durch Interaktivität und durch Vernetzung auszeichnet. Es vereinigt mit \"publishing, real-time-communication broadcast and narrowcast\" erstmals bisher entgegengesetzte Medieneigenschaften.

Die Kommunikationsstruktur des WWW ist im Gegensatz zu Usenet nicht poli- sondern bidirektional aufgebaut. Ein Nutzer kann sich hier Bilder und Texte ansehen und - falls vom Verfasser vorgesehen - darauf antworten, er kann sie jedoch nicht verändern .


2.2.6 Sonstige Dienste

Weitere Internetdienste sind beispielsweise Internet Relay Chat (IRC), Multiple User Dungeons (MUDs), Internettelefondienste und Videokonferenzen, die alle verschiedene Formen der Kommunikation in Echtzeit ermöglichen, sowie Internetradio .

2.3 Wachstum des Internet und geografische Verteilung der Zugänge

Das Wachstum des Internet wurde von verschiedenen Institutionen dokumentiert. Allerdings sind weder die Zahl seiner Nutzer noch die seiner Hosts aufgrund der dezentralen Struktur erfaßbar. Die Network Wizards (deren Host- und Domaindaten mit den weiter unten zitierten identisch sind) geben beispielsweise bezüglich ihrer Domain- und Hostzäh¬lung vom Juli 1996 folgendes zu bedenken:

\"- We consider the numbers presented in the domain survey to be fairly good estimates of the minimum size of the Internet. We can not tell if there are hosts or domains we could not locate.
- In summary, it is not possible to determine the exact size of the Internet, where hosts are located, or how many users there are.\"

Aufgrund der Erfassungsschwierigkeiten sollten die Wachstumsdaten mit entsprechender Zurückhaltung behandelt werden.

Tabelle 1: Wachstum der technischen Infrastruktur des Internet (Quelle: Lottor 1996B)
Zeitpunkt Hosts Netzwerke Domains

1969 4
06/74 62

10/84 1.024
07/89 130.000 650 3.900

07/92 992.000 6.569 16.300
07/93 1.776.000 13.767 26.000

07/94 3.212.000 25.210 46.000
07/95 6.642.000 61.538 120.000

07/96 12.881.000 134.365 488.000

Eine auf diesen Zahlen basierende Prognose rechnet für die folgenden Jahre mit einer weiteren Zunahme der Hostzahlen:

Tabelle 2: Prognose der Hostentwicklung (Quelle: Altobelli/Hoffmann, S.15)
Zeitpunkt Hosts

Jahresende 1996 17.681.000
Jahresende 1997 32.699.000

Jahresende 1998 56.831.000
Jahresende 1999 89.729.000

Jahresende 2000 124.256.000

Aus den von der Internet Society gesammelten Daten läßt sich außerdem ersehen, wie sich die Anzahl der Internetanschlüsse global verteilt:

Tabelle 3: Geografische Verteilung der Internethosts (Quelle: Internet Society)
Region prozentualer Anteil der Internethosts

Nordamerika 68,38
Lateinamerika 0,41

Westeuropa 22,04
Osteuropa 1,01

Mittlerer Osten 0,29
Afrika ohne Republik Südafrika 0,001

Republik Südafrika 0,62
Asien ohne Japan 1,06

Japan 2,41
Pazifik ohne Australien 0,66

Australien 3,12

An diesen Zahlen wird deutlich, daß das Internet vor allem Sache der reichen Industriena¬tionen ist, insbesondere der USA. Neben der verschwindend geringen Quantität der An-schlüsse von Entwicklungs- und Schwellenländern an das Internet ist auch deren Qualität meist gering. So bieten 58 der 168 im weiteren Sinne an das Internet angeschlossenen Län-der lediglich E-Mail an . Sie sind also von der Menge an Informationen, die im WWW vorliegen, abgeschnitten und können dort auch selbst keine Informationen anbieten.

2.4 Anzahl und demografische Daten der Internetnutzer


2.4.1 Anzahl der Internetnutzer

Noch schwieriger als die Zahl der Hosts ist die Zahl der Nutzer des Internet zu ermitteln. Nicht jeder Internetnutzer ist ja ein Host. Viele Nutzer haben beispielsweise Zugang zum Internet über Universitäten, Arbeitgeber oder Familienangehörige. Deshalb kann man die Zahl der Nutzer auch nur sehr grob schätzen. Laut Batinic variierten die Schätzungen der weltweiten Nutzeranzahl 1996 zwischen 16 und 60 Millionen, je nachdem, wie viele Nutzer man durchschnittlich pro Host annahm .

Es kursieren auch Ergebnisse repräsentativer Umfragen, in denen sich die Befragten selbst als Nutzer des Internet einstufen. Durch diese Methode kann man die Zahl der Nutzer in dem Gebiet, in dem die Umfrage stattfand, zu dem Umfragezeitpunkt hochrechnen. Der Un-sicherheitsfaktor dieser Methode ist, daß die Ergebnisse je nach der Definition eines Nutzers stark differieren. So wird ein Nutzer von einem Teil der US-amerikanischen Umfragen da-durch definiert, daß er in den letzten drei Monaten das Internet benutzt hat, daß er in den letzten zwölf Monaten das Internet benutzt hat oder ob er direkten Internetzugang hat .

CyberAtlas hat versucht, 21 Studien zur Anzahl der Internetnutzer in den USA zu einer \"Consensus Estimate\" zusammenzufügen und somit diese Unterschiede \"einzuebnen\".


Abbildung 1: Anzahl der US-Internetnutzer (Quelle: CyberAtlas 1996A)

Auf die gesamte Bevölkerung der USA ab einem Alter von 16 Jahren bezogen, hatten je nach Studie und deren Fragestellung zwischen 17% (IntelliQuest, Frage nach der Nutzung des Internet oder von Online-Diensten in den ersten drei Monaten 1996) und 23% (Nielsen Media Research, Frage nach Zugang zum Internet im August 1996) Zugang zum Internet oder Online-Diensten .

In der Bundesrepublik Deutschland gestaltet sich die Schätzung der Grundgesamtheit der Internetnutzer noch schwieriger, da es noch keine repräsentativen und verläßlichen Untersuchungen zu dieser Thematik gibt . Bachem geht davon aus, daß es in der BRD zwischen 2,5 und 3 Millionen Online-Nutzer gibt, also Personen, die entweder das Internet oder Online-Dienste nutzen (da die meisten Online-Dienste ihren Kunden inzwischen Übergänge zum Internet anbieten, sind deren Nutzer auch zumindest potentielle Internet¬nutzer). Davon nutzen ca. 1,8 Millionen Personen die Online-Medien mittels privater Anschlüsse, während der Rest auf die außer Haus-Nutzung an Arbeitsplätzen, Universitä¬ten, InterneTcafés usw. fällt .

Auf die Gesamtbevölkerung der BRD ab einem Alter von 14 Jahren bezogen, ergab eine Umfrage im Februar 1996, daß 7% sich als Nutzer des Internet bezeichnen . In den USA ist die Nutzung des Internet also erheblich weiter verbreitet als in der Bundesrepublik.



2.4.2 Demografische Daten der Nutzer

Ebenso wie bei der Erfassung der Nutzerzahlen des Internet gibt es auch bei der Erfassung demografischer Daten der Internetnutzer Probleme. So basieren viele Analysen der Nutzerstruktur auf internetinternen Umfragen. Neben der Tatsache, daß damit ausschlie߬lich Internetnutzer im allgemeinen und in der Regel WWW-Nutzer im besonderen ange¬sprochen werden, bevorzugt diese Art der Befragung auch noch die regelmäßigen Nutzer, da die Wahrscheinlichkeit bei ihnen größer ist, daß sie auf eine solche Umfrage stoßen, die meist als Fragebogen auf WWW-Seiten vorliegen und auf die an mehreren Stellen im WWW aufmerksam gemacht wird. Tatsächlich zeigen Vergleiche der Ergebnisse mit denen internetexterner Umfragen, daß die interne Befragungsmethode die Nutzungszeit und formale Qualifikation der Nutzer ebenso überschätzt wie den Anteil der Männer . Diese Umfragen können also hauptsächlich dazu genutzt werden, um die regelmäßigen Nutzer zu charakterisieren.


2.4.2.1 Internetexterne Erhebungen

Die bekannteste und umfangreichste internetexterne Umfrage stammt von dem US-ameri¬kanischen Marktforschungsunternehmen Nielsen Media Research und wurde im Auftrag des Commerce-Net im August/September 1995 sowie im März/April 1996 mittels Telefonin¬terviews erhoben. Dabei wurden in der ersten Umfrage über 4.200 abgeschlossenen Telefoninterviews mit repräsentativ ausgewählten Personen über 16 Jahren aus den USA und Kanada geführt . Die zweite Befragung wurde unter den bereits befragten Personen durchgeführt, was zu 2.800 abgeschlossenen Interviews führte. Die Repräsentativität der ersten Umfrage wird von verschiedenen Forschern bezweifelt, da die Verteilung der Antworten Menschen mit geringem Einkommen und geringer Bildung unterrepräsentiere und eine teilweise willkürliche Veränderung inkonsistenter Fragebögen durchgeführt worden sei . Alpar geht bezüglich der ersten Befragung von einer Überschätzung um etwa 15 % bei den Ergebnissen der Fragen nach Zugang und Nutzung des Internet sowie Nutzung des WWW aus .

Eine in der zweiten Befragung vorgenommene Aufteilung zwischen Langzeitnutzern, also Personen, die das Internet bereits in den drei Monaten vor August 1995 nutzten, und Neueinsteigern zeigt Trends bezüglich der Entwicklung der Nutzerstruktur auf :

- 23% der Langzeitnutzer gegenüber 11% der Neueinsteiger bezeichnen sich als \"computer professionals\".

- 67% der Langzeitnutzer gegenüber 60% der Neueinsteiger sind männlich.

- 70% der Langzeitnutzer gegenüber 59% der Neueinsteiger benutzen seit mindestens fünf Jahren einen Computer.

- 56% der Langzeitnutzer gegenüber 39% der Neueinsteiger haben mindestens einen College-Abschluß.

- 27% der Langzeitnutzer gegenüber 17% der Neueinsteiger leben in Haushalten mit mindestens US-$ 80.000 Jahreseinkommen.

Diese Beobachtungen lassen sich dahingehend interpretieren, daß es in den USA durch die verstärkte Nutzung des Internet durch breitere Bevölkerungsschichten (sogenannten Early Adopters) zu einer langsamen Verschiebung der Profile der Internetnutzer von vorwiegend männlichen, überdurchschnittlich gebildeten und verdienenden und zumeist im Computerbe¬reich tätigen Personen (sogenannten Technology Developers/Pioneers) zum Bevölkerungs¬durchschnitt kommt.

In der BRD haben internetexterne Umfragen aufgrund der geringen Anzahl der Internetnut¬zer meist keinen repräsentativen Charakter, so daß ihre Aussagen zurückhaltend interpre¬tiert werden sollten . Außerdem beziehen sie sich auf die Nutzung von Online-Medien allgemein, was es unmöglich macht, die spezifische Internetnutzung herauszukristallisieren. Zimmer zufolge stellt sich dabei folgende Nutzerstruktur dar:

- das Durchschnittsalter der Nutzer liegt bei etwa 30 Jahren .

- 82 % der Personen, die das Internet zu Hause nutzen sind männlich, während die männli¬che Dominanz bei der außer Haus-Nutzung mit 72 % geringer ist .

- 57 % der Nutzer verfügen über Abitur - davon 26 % des weiteren über einen Universitäts¬abschluß -, 28 % über Mittlere Reife, 13 % über einen Volks- oder Hauptschulabschluß .

- 44,4 % der Nutzer leben in Haushalten, die über ein monatliches Nettoeinkommen von mehr als 5.000 DM, 19,9 % in Haushalten, die zwischen 4.000 und 5.000 DM, 18,9 % zwischen 3.000 und 4.000 DM und 11 % zwischen 2.000 und 3.000 DM verfügen .

Eine Bewertung dieser Ergebnisse zeigt, daß in der BRD die Online-Nutzung noch stärker als die Internetnutzung in den USA die Domäne überdurchschnittlich verdienender und gebildeter, mehrheitlich männlicher Personen ist.

\"Ohne die Aussagefähigkeit des Prognos-Szenarios überbewerten zu wollen, läßt sich [...] festhalten, daß eine gleichmäßige und rasche Ausbreitung von Onlinediensten in allen Bevölkerungsschichten, wie sie optimistische Onlinemarktprognosen meist implizit voraussetzen, keineswegs gesichert ist.\"



2.4.2.2 Internetinterne Erhebungen

Die umfangreichste internetinterne Erhebung stammt vom Georgia Institute of Technology, das die Angaben von 55.000 WWW-Nutzern sammelte . Die Befragungen finden seit Januar 1994 etwa alle sechs Monate statt und charakterisieren aufgrund ihrer Erhe¬bungs-struktur (Fragebögen auf WWW-Pages, die die Befragten nach Selbstauswahl ausfül¬len) vor allem die starken Nutzer des WWW. Ferner bezieht sich die Erhebung aufgrund der Hinweise darauf in international frequentier¬ten Newsgroups und WWW-Sites auf die globale WWW-Population, vorausgesetzt, sie ist der englischen Sprache mächtig.

Trotz der Eigenheiten der WWW-internen Erhebungstechnik bestätigt auch diese Untersu¬chung im wesentlichen die in internetexternen Umfragen festgestellten Entwicklungen:

- Der Anteil der US-Amerikaner sank von 80,6 % in der dritten (April/Mai 1995) auf 73,5 % in der fünften Umfrage (April/Mai 1996). Kanada und Mexiko (zusammen 8,44 % in der fünften Umfrage), Europa (10,82 %), Ozeanien (3,63 %) und Asien (1,81 %) haben dagegen leicht wachsende Anteile .

- Der Altersdurchschnitt der Befragten lag in der fünften Umfrage bei 32,95 Jahren entgegen 35 Jahren bei der dritten Umfrage. Der Altersdurchschnitt der europäischen Teilnehmer liegt mit 28,8 Jahren niedriger als der der Amerikaner .

- Der Anteil der Frauen an der WWW-Population stieg kontinuierlich von 5% im April/Mai 1994 auf 31,4% im Oktober/November 1996. Dabei ist das Internet in Europa mit einem Frauenanteil von19,8% besonders männlich dominiert .

- Das Ausbildungsniveau sinkt von seinem sehr hohen Niveau etwas ab. Beleg dafür ist die Anzahl von Befragten mit akademischen Titeln, die von der zweiten (Oktober/November 1994) bis zur fünften Umfrage von 13 auf 4 % sank .

- Der durchschnittliche Verdienst der Befragten hält sich relativ stabil und lag bei der fünften Umfrage bei 88.200 DM, wobei der Durchschnittsverdienst der US-Nutzer mit 90.580 DM deutlich über dem der europäischen Nutzer (78.400 DM) liegt .

Eine ähnlich durchgeführte, auf den deutschsprachigen Teil des WWW bezogene Umfrage von Fittkau/Maaß kam zu folgenden Ergebnissen:

- der Anteil der Männer ging von 94 % (Oktober/November 1995) auf 91% (April/Mai 1996) zurück.

- das Durchschnittsalter lag konstant bei 29 Jahren.

- der Anteil der Studenten ging von 48 auf 40 %, der von Angestellten von 33 auf 30 % zurück, während sich der Anteil der Selbständigen von 9 auf 10 % und der der Schüler und Auszubildenden von 4 auf 5 % erhöhte .

Der hohe Anteil der Studenten an den deutschsprachigen WWW-Vielnutzern kann als Hauptgrund für das geringere Durchschnittsalter und den geringeren Durchschnittsverdienst der europäischen gegenüber den amerikanischen Befragten angesehen werden (auch in vielen anderen europäischen Ländern haben Studenten aufgrund des kostenlosen Internetzu¬gang und einen relativ hohen Anteil an den Internetnutzern ).


2.4.3 Beobachtungen

Die Daten und Schätzungen über Nutzerzahl und -demografie belegen, daß Zugang und Nutzung des Internet gesellschaftliche Ungleichheiten nicht nur widerspiegeln, sondern daß diese im Internet auch vervielfacht werden . Wie bereits die internationale Struktur der Internetanschlüsse globale Ungleichheiten deutlich gemacht hat, so zeigen die Eigenschaften der Internetnutzer innergesellschaftliche Ungleichheiten auf. Auch wenn die Nutzerschaft des Internet und insbesondere des WWW heterogener wird und sich in den meisten demo¬grafischen Eigenschaften dem Bevölkerungsdurchschnitt langsam annähert, so ist die Nutzung doch nach wie vor von Privilegien abhängig. Dazu gehören Bildung (in vielen Ländern ist die Internetnutzung für Studenten kostenlos oder subventioniert), finanzieller Wohlstand (die Kosten eines PC, des Internetzugangs, vor allem in Deutschland hohe Telefonkosten, etc.) und nicht zuletzt die Beherrschung der Technik und der englischen Sprache. Diese Privilegien haben auch in den Industrienationen, die vorwiegend die Nutzerschaft des Internet stellen, weite Teile der Bevölkerung nicht. Der Generalsekretär der International Telecommunikation Union, Pekka Tarjanne, nennt vor allem den Wohlstand als entscheidenden Faktor für den Zugang:

\"To date, access to communications facilities has been largely dictated by wealth: the wealth of a country, an organizantion or an individual familiy.\"

 
 

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