Die Wirtschaft Argentiniens basiert vorwiegend auf der Produktion und Verarbeitung von landwirtschaftlichen Erzeugnissen und der Viehzucht. Auch die verarbeitende Industrie und der Bergbau wiesen in den letzten Jahrzehnten ein deutliches Wachstum auf. Argentinien ist einer der größten Rinder- und Getreideproduzenten Südamerikas, wobei die führenden Industrieunternehmen in der Fleischverpackung und der Getreideverarbeitung tätig sind. Ein Großteil der Agrarprodukte geht in den Export - Hauptabnehmerländer sind die USA und Brasilien. Argentinien verzeichnet auch im Fremdenverkehrssektor hohe Einnahmen; die Zahl der Besucher des Landes stieg 1999 gegenüber dem Vorjahr um etwa 22 Prozent. Das Bruttoinlandsprodukt beträgt 268 638 Millionen US-Dollar (2001). Die Zahl der Erwerbstätigen liegt bei etwa 15,4 Millionen (2001). Präsident Menems Privatisierungsprogramm zu Beginn der neunziger Jahre hatte den Verlust mehrerer hunderttausend Arbeitsplätze zur Folge, die Arbeitslosenzahl stieg auf 12,8 Prozent (1998).
6.1 Landwirtschaft
In der Regel produziert Argentinien genügend landwirtschaftliche Erzeugnisse, um den eigenen Bedarf zu decken und Überschüsse ins Ausland zu exportieren. Von der rund 280 Millionen Hektar großen Landfläche Argentiniens wird etwas mehr als die Hälfte als Weide für Rinder- und Schafherden genutzt, etwa 12,7 Prozent sind Waldland (2000), und etwa 4 Prozent werden zum Anbau von Feldfrüchten verwendet. Etwa 9,1 Prozent der Landfläche sind für den Ackerbau nutzbar (2000). Der größte Teil der landwirtschaftlich genutzten Flächen ist Eigentum einiger weniger Familien. Die Pampa ist die wichtigste landwirtschaftliche Zone zum Anbau von Weizen und anderen Getreidesorten. Die bewässerten Gebiete des Río Negro, der in nördlicher Richtung durch die Provinzen Mendoza, San Juan, Tucumán und Jujuy verläuft, sind ergiebige Anbauflächen für Früchte, Zuckerrohr und Weintrauben.
Von großer Bedeutung ist die Aufzucht von Rindern und deren Schlachtung, ebenso die Kühlung und Verarbeitung von Fleisch und Tierprodukten. Argentinische Pferde genießen einen hohen internationalen Stellenwert als Renn- und Polopferde. Trotz eines Rückgangs in den achtziger Jahren spielt der Rinderexport noch immer eine bedeutende Rolle im Außenhandel. Die Einnahmen durch Fleisch, Häute und Felle betragen etwa 11 Prozent der gesamten Exporteinnahmen. Argentinien war lange Zeit die führende Nation im Export von unverarbeitetem Fleisch; Fleischextrakt und konserviertes Fleisch entwickeln sich zunehmend zu Exportprodukten.
Riesige Mengen an Wolle werden produziert und exportiert. Etwa 40 Prozent aller argentinischen Schafe werden in Patagonien gezüchtet. Weizen ist das wichtigste Getreide: Argentinien gehört zu den Hauptproduzenten von Weizen in der Welt. Weitere wichtige Produkte sind Mais, Hafer und Gerste. Von Bedeutung sind außerdem Sojabohnen, Mohrenhirse, Leinsamen, Sonnenblumensamen, Zuckerrohr, Baumwolle, Kartoffeln, Reis, Mate, Erdnüsse sowie Trauben, Orangen und Grapefruits.
6.2 Forstwirtschaft und Fischerei
Der größte Teil des forstwirtschaftlich relativ wenig genutzten Waldes befindet sich in den Bergregionen. Zu den kommerziell verwerteten Hölzern gehören Ulmen und Weiden für die Zellstoffproduktion, weißes Quebrachoholz (von der Baumart Aspidosperma quebrachoblanco) als Brennstoff, rotes Quebrachoholz (von der Baumart Schinopsis balansae) als Gerbstoff und Zedern zur Möbelherstellung. Weitere ökonomisch bedeutende Hölzer sind Eichen, Araukarien, Kiefern und Zypressen.
Argentinien besitzt reiche Fischfanggründe, die jedoch aufgrund von begrenzten Absatzmöglichkeiten im Inland nicht voll ausgeschöpft werden. Der Fischfang umfasst vorwiegend Seehechte, Sardellen und Makrelen.
6.3 Bergbau
Argentinien besitzt verschiedene Bodenschätze wie beispielsweise Erdöl, Erdgas, Steinkohle, Eisen- und Kupfererz. Erdöl und Erdgas gehören dabei zu den wichtigsten Rohstoffen des Landes. Allein die Fördermengen an Rohöl decken praktisch den gesamten Bedarf des Landes. Die Reserven vor der Küste lassen eine Vervielfachung der Fördermengen erwarten. Darüber hinaus werden in Argentinien kleinere Mengen Gold, Silber, Blei, Zink, Zinn, Wolfram, Glimmer, Uran und Kalk abgebaut.
6.4 Industrie
Ein Großteil der Industriebetriebe befindet sich im Ballungsraum Buenos Aires. Etwa 24,8 Prozent der Arbeitnehmer sind in Industrieunternehmen beschäftigt (1998). Der älteste und größte Industriezweig ist die Verpackung und Verarbeitung von Nahrungsmitteln, daran schließt sich die Textilindustrie an. Weitere bedeutende Industriezweige produzieren Gummierzeugnisse (sowohl Natur- als auch synthetische Kautschukwaren), Zement, chemische Erzeugnisse, Papier, Kunststoffe und Erdölprodukte. Die Eisen- und Stahlproduktion expandiert rapide. Ein Anstieg ist auch in der chemischen Industrie und in der Automobilindustrie zu verzeichnen.
6.5 Währung und Bankwesen
Die Währungseinheit in Argentinien ist der Argentinische Peso (nuevo peso argentino), einem Peso entsprechen 100 Centavos. Früher basierte das argentinische Währungssystem auf dem peso oro (spanisch: Goldpeso), obwohl sich keine Goldmünzen im Umlauf befanden. Der peso moneda nacional (Banknote, bestehend aus 100 Centavos) war die gebräuchliche Währung. Eine steigende Inflation in den siebziger und Anfang der achtziger Jahre führte zur drastischen Abwertung des Peso. Im Rahmen eines Programms zur Eindämmung der Inflation wurde der Peso im Juni 1985 durch eine neue Währung, den Austral (entspricht 1 000 Pesos), ersetzt. Im Januar 1992 führte man schließlich den nuevo peso argentino (Argentinischer Peso, entspricht 100 Centavos) ein, wodurch die hohen Inflationsraten gemildert werden konnten. Im Zuge der seit Ende der neunziger Jahre fortschreitenden Wirtschaftskrise mussten im Lauf des Jahres 2002 zahlreiche Banken Insolvenz anmelden.
Die 1935 gegründete Banco Central de la República Argentina ist Nationalbank und hat das alleinige Recht, Banknoten zu drucken. Sie ist seit 1949 unter staatlicher Kontrolle.
6.6 Außenhandel
Ein weltweit hoher Bedarf an Lebensmitteln wirkt sich günstig auf die Handelsbilanz Argentiniens aus. Sowohl für den Import als auch für den Export sind Brasilien und die USA die wichtigsten Handelspartner. Weitere bedeutende Handelsbeziehungen gibt es zu den Ländern der Europäischen Union (z. B. Deutschland, Niederlande, Italien, Spanien), Japan, China, Chile und Uruguay. Der regionale Handel mit anderen lateinamerikanischen Ländern wird von der Lateinamerikanischen Handelsvereinigung gelenkt. Die Handelsbilanz ist defizitär, die Importkosten übersteigen die Erlöse aus dem Export. Hauptimportgüter sind Maschinen, elektronische Ausrüstungen, chemische Erzeugnisse, Fahrzeuge und Fahrzeugteile, Metallwaren, Brennstoffe, Papier und Holz. Hauptexportgüter sind Getreide, Ölsamen, Fleisch, Eisen, Stahl, Wolle, Häute, Milchprodukte, Nutztiere, Transportausrüstungen, Metalle, Leder und Felle.
6.7 Verkehrswesen
Von 1948 bis zur Teilprivatisierung im Jahr 1992 war das argentinische Eisenbahnsystem staatlicher Betrieb. Das gesamte Schienennetz hat eine Länge von etwa 28 291 Kilometern (1999) mit verschiedenen Spurbreiten. Zwei Eisenbahnlinien durchqueren die Anden und sind an das chilenische Streckennetz angeschlossen. Weitere Eisenbahnstrecken verbinden Argentinien mit Bolivien, Paraguay, Uruguay und Brasilien. Infolge von Privatisierung und Streckenstilllegungen werden einige Gebiete des Landes nicht mehr versorgt.
Die nationale Fluggesellschaft, Aerolíneas Argentinas, wurde 1990 privatisiert. Daneben gibt es mehrere kleine Inlandsfluggesellschaften. Etwa 3 100 Kilometer der zur Verfügung stehenden Wasserwege sind schiffbar, besonders die in der Region des Río de la Plata. Das gesamte Straßennetz hat eine Länge von 215 471 Kilometern (1999), davon sind rund 14 Prozent befestigte Nationalstraßen. Ein Eisenbahntunnel durch die Anden ermöglicht seit seiner Erweiterung im Jahr 1940 einen Durchgang für Automobile.
6.8 Gewerkschaften
Die meisten der 1 100 Handelsgewerkschaften sind der landesweiten Zentralgewerkschaft Confederación General del Trabajo (CGT) angegliedert. Das Recht, sich gewerkschaftlich zu organisieren, wurde 1976 aufgehoben, 1982 allerdings wiederhergestellt. Rund drei Millionen Menschen sind gewerkschaftlich organisiert.
6.9 Energie
Die Nutzung der Wasserkraft entwickelte sich in Argentinien mit hoher Geschwindigkeit. Bedeutende Wasserkraftprojekte wurden z. B. in den siebziger und achtziger Jahren im nördlichen Patagonien durchgeführt (Yaciretá-Staudamm, Staudämme am Río Paraná und Río Uruguay). 40,8 Prozent des Strombedarfs decken Wasserkraftwerke. Kernkraftwerke liefern 6,7 Prozent und Wärmekraftwerke 52,2 Prozent der benötigten Elektrizität (2001).
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