Die bürgerliche Revolution in Frankreich 1789/1799
1. Phase: 1789 - 1792 - konstitutionelle Phase
2. Phase: 1793 - 1795 - radikale Phase der Jakobinerdiktatur
3. Phase: 1796 - 1799 - ergebnissichernde Phase
Die vorrevolutionäre Situation in Frankreich 1770 - 1789
- nach Jahrzehnten stürmischer wirtschaftlicher Entwicklung, seit etwa 1770 Stagnation, später Rezession der Wirtschaft
- Kombination von Wirtschafts-, Gesellschafts- und Herrschaftskrise als Ausgangspunkt der Revolution
Wirtschaftskrise:
- rapide Steigerung der Lebenshaltungskosten (über 60%) bei fast gleichbleibenden Löhnen
- etwa 80% des Einkommens muß für Brot Aufgewandt werden
- 1788/89 akute Ernährungskrise aufgrund freizügiger Handelspolitik, von Mißernten und Viehseuchen
- Brotkrise (ständig steigende Brotpreise)
- durch seit 1786 einströmende englische, billigere Waren - Manufakturkrise - wachsende Arbeitslosigkeit
- chronische Finanzkrise verschärft sich (1788 50% der Staatseinnahmen für Schuldentilgung)
Gesellschaftskrise:
Zusammensetzung der Gesellschaft:
Bürgertum Adel
Großbürgertum Geburtsadel
Bildungsbürgertum Landadel (meist verarmt)
Kleinbürgertum, Sansculotten Amtsadel
Triebkraft der revolutionären Politik
- Unzufriedenheit aller Stände mit dem absolutistischen ancien regime aus ganz unterschiedlichen Gründen heraus
- Verelendung der Bevölkerungsmehrheit (Bauern, Handwerker, Lohnarbeiter [Opfer der englischen Konkurrenz, des unmöglichen Landkaufs, der Arbeitslosigkeit])
- Differenzierungsprozeß des Adels (s.o.) - Amtsadel verdrängt Landadel; Teile des Adels von Aufklärungsideen erfaßt
- restaurative und revolutionäre Tendenzen in der französischen Gesellschaft (restaurative Gruppen: Landadel, Bauern, z.T. Kleinbürgertum - Angst vor der kapitalistischen Entwicklung)
Staatskrise:
- Gefahr des Staatsbankrotts (16.08.1788: Staatsbankrott Frankreichs - zahlungsunfähig)
Finanzminister fordern die Besteuerung aller Stände
Gerichtshöfe (Adelsgerichtshöfe) beharren auf Privileg der
Steuerfreiheit
Forderung nach Einberufung der Generalstände durch den König
- 5. Mai 1789: Einzug der Generalstände in Versailles (Januar 1789 gewählt)
(3. Stand = 600; 1. + 2: Stand jeweils 300 Vertreter)
Erwartungen des dritten Standes:
Gleichberechtigung der Stände
- gleiche Steuern für alle Stände
- Ausarbeitung einer Verfassung
- Beseitigung bzw. Milderung der feudalen Lasten
(Forderung der Bauern)
- König will nur über seine Steuerpläne diskutieren lassen
- Stände sollen einzeln beraten
17. Juni 1789: Abgeordnete des 3. Standes erklären sich zur Nationalversammlung
"Die Versammlung stellt fest, daß sie schon jetzt 96% der von der Nation direkt beauftragten Vertreter vereinigt!"
- 20. Juni 1789: Abgeordnete des 3. Standes widersetzen sich der königlichen Auflösungsorder und tagen im Ballhaus
- Ballhausschwur: "Wir schwören uns niemals zu trennen ... bis die Verfassung des Königreiches ausgearbeitet ist ..."
Wertung der Beschlüsse vom August 1789
Die Nationalversammlung reagierte auf die wachsenden sozialen Unruhen im Sommer 1789 (Bauernaufstände in den Provinzen, Hungeraufstände in den Städten). Sie füllte damit das Machtvakuum, das seit Juli bestanden hatte. In dieser Phase, Frankreich hatte noch keine Verfassung, übte sie sowohl Exekutive als auch Legislative aus. Sie stützte sich dabei vor allem auf die revolutionären neuen Stadtverwaltungen und die neu geschaffene Nationalgarde. Die ökonomischen und gesellschaftlichen Grundlagen des Absolutismus wurden beseitigt, nach dem Vorbild der nordamerikanischen Menschenrechtserklärung wurden in Europa erstmals, dem Grundgedanken der Aufklärung folgend, Menschen- und Bürgerrechte gesetzlich fixiert.
Nicht soziale, sondern juristische Gleichheit wurde angestrebt. Im Interesse des Großbürgertums, aber auch vieler Bauern wurden die Grundlagen für die Durchsetzung kapitalistischer Eigentumsverhältnisse geschaffen. Die politischen und sozialen Interessen der städtischen Unterschichten blieben weitgehend unberücksichtigt (sie bekommen z.B. kein Wahlrecht).
- Formierungsprozeß bürgerlicher Macht- und Besitzverhältnisse 1789/91
- vorläufiger Endpunkt: Verfassung 1791
Neuwahl der Nationalversammlung (01.10.1789)
2. Phase der Revolution 1792/94
- radikale Demokratie und Terror
Begründung des Terrors:
- Jakobiner: radikale Demokratie ("kein König")
- Feuillants: Großbürger - rechtsgerichtete Gruppe. die an der
konstitutionellen Monarchie festhalten
- Girondisten: Republikaner (anfangs König akzeptiert)
Rechts- und Chancengleichheit
Besitzbürgertum begünstigt
- Montaguards
- Sansculotten: 31.05. - 02.06.1793 - Aufstand der Sansculotten
radikale Jakobiner übernehmen die Macht
Konvent - Wohlfahrtsausschuß
Revolutions-ausschüsse
Beauftragte der Armee
Revolutions-tribunal
Bedrohung der Revolution
Kriege mit antirevolutionären Koalitionen 60 von 80 Departments - Aufstände Unzufriedenheit mit Versorgungslage
Ziele und Maßnahmen der Jakobiner:
- Besänftigung der Bauern durch entschädigungslose Aufhebung aller noch
verbliebenen Feudallasten
- bessere Versorgung der städtischen Bevölkerung, Stärkung der
Kriegswirtschaft
- Besteuerung und Zwangsanleihen gegen die Händleraristokratie zur Deckung der Staatsschulden, Finanzierung des Krieges
- Festsetzung von Höchstpreisen (kleines Maximum) erst für Getreide, dann auch für Löhne (großes Maximum) und Preise der Grundlebensmittel und der wichtigsten Güter
- allgemeine Wehrpflicht eingeführt, da die Verteidigung des neuen Staates Sache der ganzen Nation ist
- Volkssouveränität: alle Bürger gleichberechtigt - bilden den Souverän
keine Beschränkung des Wahlrechts
Volk wählt Legislative und Exekutive
Allgemeinwohl im Zentrum der Verfassung
Recht der Armen auf Unterstützung
Recht auf Arbeit, Bildung
Terror als politisches Mittel
"Die Revolution frißt ihre Kinder"
- hohe Zivilstrafen
- Willkür der Justiz (Oktober 1793 - Mai 1794 - 11000 Tote)
- Einschüchterung und Kontrolle der Masse (s. Rousseau)
- Ziel: aufhalten der Bedrohung von innen und außen - Terror wird zum Selbstzweck - Stärke wird demonstriert
unkontrolliertes Chaos wurde verhindert, Situation für Frankreich verbessert, es gab zu viele Tote
HA: Nenne Ursachen / Gründe für den Sturz der Jakobinerherrschaft! Gib eine Wertung über die Jakobinerdiktatur ab!
Die Gründe für den Sturz der Jakobinerdiktatur sind vor allem, daß Robespierre seine Anhängerschaft im Volk verlor als die Lebensbedingungen der Lohnarbeiter sich verschlechterten, die Kontrollen der Lebensmittelpreise jedoch gelockert und die strengen Strafen für Warenhortung abgeschafft und schließlich sogar streikende Arbeiter der staatlichen Rüstungsbetriebe als "Verdächtige" verhaftet wurden.
Auch versuchten die Jakobiner mehr und mehr den Selbstruin durch den Terror gegen abweichende Mitglieder der Partei doch noch aufzuhalten. Als schließlich selbst das Revolutionstribunal und der Wohlfahrtsausschuß von "Abweichlern" gesäubert werden sollte, beschloß der Konvent am 27. Juli 1794 die Verhaftung und Hinrichtung Robespierres, womit die Jakobiner ihres Kopfes beraubt worden waren und ihre Macht so vollständig zerbrach.
Die Jakobinerdiktatur war kurze Zeit erfolgreich, sie erreichte zum Beispiel die vorläufige Zufriedenstellung der Bauern, die bessere Versorgung der städtischen Bevölkerung, die Stärkung der Kriegswirtschaft, die Staatsschulden konnten getilgt werden. die Jakobiner führten auch die allgemeine Wehrpflicht ein, sodaß es an Soldaten für die Regierung nicht fehlte. Doch die Begeisterung für die Jakobiner war nur noch von kurzer Dauer, als sie begannen, ihre Feinde und schließlich sogar scheinbar anders denkende Parteimitglieder aus dem Weg zu schaffen, verloren sie die meisten Sympathien des gelehrten Volkes, also der politisch Aktiven. Die Sympathien des niederen Proletariats verloren sie dann auch. Auf lange Sicht gesehen, konnte die Herrschaft der Jakobiner gar nicht bestehen, denn sie basierte auf Terror.
|