Erste Nachweise über das Vorschlagswesen stammen aus dem 18. Jahrhundert, es soll aber auch schon im Mittelalter Ansätze zu ersten Formen eines Vorschlagswesens gegeben ha-ben. In Schweden wurde 1750 eine "königliche Kommission" eingerichtet, die Vorschläge von Bürgern prüfte und beurteilte. In Venedig hatten Bürger die Möglichkeit, Verbes¬serungsvorschläge in einen Briefschlitz im Dogenpalast einzuwerfen.
Das Betriebliche Vorschlagswesen (BVW) entstand erst im Rahmen der fortschreitenden Industrialisierung. Insbesondere vom Taylorismus gingen die ersten Impulse zum Be-trieblichen Vorschlagswesen aus, weil hier der grundsätzliche Gedanke durch ständige Ra-tionalisierung bestmögliche Wirtschaftlichkeit des Einsatzes menschlicher Arbeitskraft zu erreichen, erstmals mit aller Konsequenz vertreten wurde.
Um 1880 wurden die ersten Formen des BVWs unabhängig voneinander, in England, Amerika und Deutschland eingeführt. In Deutschland erstellte Alfred Krupp 1872 (Ein-führung 1888) ein sogenanntes "Generalregulativ" für seine Unternehmung. Er forderte seine Mitarbeiter zum Mitdenken auf und gab Anweisungen für die Behandlung solcher Vorschläge. Der erste belegte prämierte Vorschlag erfolgte im Jahre 1901 bei der AEG. Bis zum zweiten Weltkrieg wurde zwar in mehreren Unternehmungen ein betriebliches Vorschlagswesen aufgebaut, dieses stieß aber immer wieder auf Ablehnung der Vorgesetz-ten oder Mitarbeiter. Die Gründe hierfür waren Ängste um einen Autoritätsverlust auf Seiten der Vorgesetzten und Lohn- oder Arbeitsplatzverlust auf Seiten der Mitarbeiter. Im zweiten Weltkrieg kam es aufgrund der Rüstungsindustrie und der Knappheit der Produk-tionsfaktoren, zu einer weiten Verbreitung des betrieblichen Vorschlagswesens. Die Koor-dination erfolgte von Seiten der "Deutschen Arbeitsfront". 1943 wurde eine Meldepflicht für Verbesserungsvorschläge eingeführt.
In Westdeutschland kam nach Ende des Krieges das Betriebliche Vorschlagswesen zum Erliegen, faßte aber im Rahmen des Wiederaufbaus wieder Fuß in den Unternehmungen. 1954 wurde eine erste "Arbeitsgemeinschaft Betriebliches Vorschlagswesen" gegründet. Es folgte 1961 eine weitere Arbeitsgruppe vom Deutschen Institut für Betriebswirtschaft (DIB). Waren es anfänglich 27 Mitglieder, so sind es heute 266 . Außerdem werden noch ca. 500 Unternehmungen als Nichtmitglieder beraten.
Die Mitglieder des DIB haben durch Verbesserungsvorschläge von Mitarbeitern 1994 ins-gesamt über eine Milliarde DM eingespart. An die Mitarbeiter wurden über 218 Mil-lionen DM in Form von Geld- oder Sachprämien ausgeschüttet. Die größten Einsparungen wurden hierbei in der Automobilindustrie mit 554 Millionen DM erzielt.
In der ehemaligen DDR wurde das BVW bis zum Mauerfall als Neuererwesen gesetzlich normiert. Nach der Vereinigung wurde das Neuererwesen als BVW freiwillig in die Be-triebsvereinbarungen übernommen. Bei den Mitarbeitern blieb aber der Nachgeschmack einer "sozialistischen Einrichtung". Dies und die geringe Identifikation vieler Mitarbeiter mit ihren durch die TREUHANDANSTALT verwalteten Unternehmungen führte zu einer gerin-gen Beteiligung am BVW.
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