Das Betriebliche Vorschlagswesen ist ein System von Regelungen zur Behandlung und Be-lohnung von Verbesserungsvorschlägen aus dem Kreis der Mitarbeiter. Ziel ist es, die Leis-tungen der Unternehmung ständig zu verbessern.
Diese Leistungen beziehen sich auf mehrere Ziele, die im folgenden näher beschrieben und durch die Kennzahlen zur Effizienz des BVW ergänzt werden. Anschließend erfolgt eine Betrachtung des Verbesserungsvorschlages, dem Grundelement des BVWs.
Wurde das Betriebliche Vorschlagswesen früher von den Unternehmungen als reines Ra-tionalisierungsinstrument angesehen, so ist es aus der heutigen Sicht der Wissenschaft ein Instrument zur wirtschaftlichen und menschengerechten Betriebsführung. Insbeson¬dere rückt in den letzten Jahrzehnten der menschlich-soziale Aspekt ("weiche Faktoren" ) in den Vordergrund der Betrachtung. Das BVW wird als ein Mittel zur Befriedigung indi-vidueller und sozialer Bedürfnisse und der Förderung der Zusammenarbeit aller Mitarbeiter erkannt .
So ergeben sich als die Hauptziele des BVW Rationalisierung, Erhöhung der Arbeits¬sicherheit, Innovation und die Führungs- und Personalentwicklung.
Rationalisierung: Wie bereits in der geschichtlichen Entwicklung des BVWs erwähnt, handelt es sich bei der Rationalisierung um das klassische Ziel des BVWs, das auch heute in der Praxis, unter dem Wort der Wirtschaftlichkeitsverbesserung, in den meisten Firmen noch im Vordergrund steht.
Erhöhung der Arbeitssicherheit: Der Verbesserung der Arbeitssicherheit wird auch in der Praxis ein hoher Stellenwert, als wichtigem Humanisierungsziel, eingeräumt.
Innovation: Technische Entwicklungen und soziale Veränderungen bringen Inno-vationen mit sich. Das BVW kann durch viele kleine Innovationen (Verbesse-rungsvorschläge) die Unternehmung langsam größeren Aufgaben nähern.
Führungs- und Personalentwicklung: Das Bestreben, in der Personalführung und Persönlichkeitsentwicklung den Mitarbeitern die Bedeutung des BVWs zu ver-deutlichen, wird auf Dauer nur erfolgreich sein, wenn die vorher genannten Ziel¬aspekte in das ganzheitliche betriebliche Konzept gefaßt und von den Führungskräften aller Ebenen getragen werden. Dem mittleren Management obliegt es im wesentlichen, die Ziele der Unternehmung in die Sprache und die Ziele der Mitarbeiter umzusetzen . Der Information, Förderung und Motivation der Mitarbeiter kommt dabei eine spezielle Bedeutung zu. Wichtig ist auch die Koop-eration zwischen Vorgesetzten und ihren Mitarbeitern.
Neben den Hauptzielen gibt es noch indirekte Ziele. Diese sind nicht Hauptgrund für die Einführung des BVWs, tragen aber in der Summe zur Bedeutung des BVWs bei:
. Identifikation der Mitarbeiter mit dem Unternehmen durch die Möglich-keit der aktiven Mitwirkung am Betriebsgeschehen,
. verantwortliches Mitdenken möglichst aller Mitarbeiter,
. Förderung der Teamarbeit und Verbesserung des Betriebsklimas,
. Steigerung der Qualität und Reduzierung von Streßsituationen durch Op-timierung von Arbeitsabläufen,
. Innerbetriebliche Mitarbeiterentwicklung durch Schulungen,
. Verbesserung des Firmenimages und
. Erhaltung und Steigerung der Leistungs- und Konkurrenzfähigkeit des Unternehmens und dadurch Sicherung der Arbeitsplätze.
Diese Ziele von der Wissenschaft werden in der Praxis auch anerkannt, aber dennoch sehen die meisten Führungskräfte das BVW vorrangig als Rationalisierungsinstrument. Der Aspekt des BVW als Führungs- und Personalentwicklungsinstrument wird in der Praxis oft mehr im Sinne einer Aufforderung an den Mitarbeiter verstanden, sich durch konstruktive Ideen an der Entwicklung der Unternehmung zu beteiligen, sowie in der Bereitstellung
einer Einrichtung, die allen Mitarbeitern gleiche Chancen für die Einreichung, Prüfung und Realisierung ihrer Vorschläge gewährt.
2.3.1 EFFIZIENZKRITERIEN DES BVWS
Die Effizienz des BVW läßt sich mit mehreren Kennzahlen bestimmen. Dabei kann in der Regel keine direkte Zuordnung zu einem der vorher genannten Ziele erfolgen . Um eine Aussage treffen zu können, müssen jedoch Vergleichswerte existieren. Diese können Werte aus Zielvorgaben, Kennzahlen aus den letzten Jahren oder Werte von anderen Unternehmungen sein . Die Kennzahlen des BVWs sind :
Beteiligungsquote: Sie benennt die Relation der Anzahl von Vorschlägen pro hundert Teilnahmeberechtigten. Sie ist ein Maß für die Mitwirkungsbereitschaft. Eine Verfälschung dieser Kennzahl kann auf eine hohe Beteiligung sogenannter Mehrfacheinreicher zurückgeführt werden. Dies kann durch die Einreicher¬dichte verhindert werden.
Einreicherdichte: Ergibt sich aus dem Verhältnis der Anzahl der Einreicher von Verbesserungsvorschlägen zu der Anzahl der eingereichten Verbesserungsvor-schläge. Aus ihr wird ersichtlich, ob es einen oder mehrere Mehrfacheinreicher gibt (bei kleiner Einreicherdichte). Ist der Wert größer 1, so liegt tendenziell eine stär¬kere Beteiligung von Gruppenvorschlägen am BVW vor.
Annahmequote: Zeigt das Verhältnis von angenommenen zu eingereichten Vor-schlägen auf. Diese Zahl kann Auskunft über die Qualität der Vorschläge geben.
Durchführungsquote: Beschreibt das Verhältnis durchgeführter zu angenomme-nen Vorschlägen, informiert über den Rationalisierungs- und Innovationsbeitrag des BVWs zur Verbesserung der betrieblichen Situation und ist zudem Indikator für be-stehende Änderungswiderstände.
Verteilungsquote: Bestimmt die Einsenderstruktur (wie z. B. Berufsgruppen, Abteilungszugehörigkeit u. a.) der eingereichten Vorschläge. Hieraus kann man die Beteiligungen der einzelnen Unternehmensbereiche erkennen.
Prämienarten und -höhen: Die Prämiensumme sowie Durchschnitts- und Höchstprämien geben Hinweis auf die Qualität der eingereichten Verbesserungs-vorschläge für die Unternehmung.
Wenn das BVW als Instrument der Betriebsführung von der Unternehmungsleitung ver-standen wird, dann ist ihre wichtigste Aufgabe, die Erfüllungsgrade der Effizienzkriterien zu verfolgen. Bei unbefriedigenden Werten müssen sie die Ursachen zu ermitteln und Maßnahmen zur Effizienzsteigerung zu veranlassen.
2.3.2 DER VERBESSERUNGSVORSCHLAG
Der Verbesserungsvorschlag ist das Grundelement des BVWs. Hierbei ist Verbesserung jede Veränderung, die der Unternehmung in ihren Unternehmungszielen dient.
Eine Verbesserung bzw. ein Verbesserungsvorschlag im Sinne des BVWs umfaßt die Beschreibung des bisherigen Zustandes (Ist-Zustand) und einen Vorschlag für dessen Ver¬besserung (Soll-Zustand). Dabei reicht der alleinige Hinweis auf bestehende Mängel nicht aus. Der Vorschlag sollte einen genauen Lösungsweg zur Verbesserung des gegenwärtigen Zustandes nachvollziehbar aufzeigen.
Die im Verbesserungsvorschlag vorgeschlagene Maßnahme kann anderweitig bekannt oder gebräuchlich sein, sie muß nur für die vorgesehene Verwendung neu sein. Hierbei gilt: Ohne Anregung des Mitarbeiters würde die Maßnahme zu diesem Zeitpunkt nicht realisiert werden.
Ein Verbesserungsvorschlag kann nach BESSOTH eine "Mini-Innovation" sein. Unter Inno-vationen werden "Neuerungen verstanden, welche durch ein System zum erstenmal in seiner Entwicklung vollzogen und erreicht werden." Man unterscheidet Innovationen einmal in Innovationen, die für den Markt neu sind und zweitens die, die für die Unternehmung neu sind. Verbesserungsvorschläge zeichnen sich, wie oben schon beschrieben, durch ihre Neuheit für die Unternehmung aus.
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