7.1. Die Familie
Muslimische Männer und Frauen sollen heiraten und sich mehren, denn am jüngsten Tag möchte der Prophet mit einer gewaltigen Zahl von Muslimen vor allen anderen Völkern glänzen. Es besteht kein Zwang, aber es wird mit wohlwollen gesehen, wenn man heiratet und Kinder zeugt, da dies die Gemeinschaft der Gläubigen stärkt. Ansonsten hat man ein keusches Leben zu führen. Dem Koran zufolge sind Mann und Frau vor Gott gleichwertig, doch wegen ihrer \"natürlichen\" Unterschiede fallen ihnen auf Erden verschiedene, nach islamischen Verständnis durchaus gleichrangige, gesellschaftliche Rollen zu. Der Mann als Familienoberhaupt hat gegenüber der Frau und den Kindern umfangreiche Pflichten zu erfüllen. Daher darf er von der Frau Gehorsam verlangen und Zuwiderhandlungen sogar durch körperliche Züchtigung bestrafen.
Bei einer Hochzeit ist ein \"Kaufpreis\" zu entrichten, die erste Hälfte direkt vom Bräutigam an die Braut, die andere Hälfte bei Tod oder Scheidung. Die Frau darf selbst über ihr Vermögen verfügen. Auch kann die Frau, wenn schwerwiegende Gründe wie Pflichtvernachlässigung, Impotenz oder Ehebruch vorliegen, sich scheiden lassen. In vorislamischer Zeit wurde der \"Kaufpreis\" an die Eltern der Braut entrichtet und die Braut galt dadurch auch als Eigentum des Mannes. Sie besaß nichteinmal das Recht auf ihre Kinder, woran sich auch in einigen fundamentalistisch geprägten, islamischen Ländern bis heute nichts geändert hat.
7.2. Die Stellung der Frau in der islamischen Gesellschaft
Die islamische Welt umfaßt heute mehr als 40 Nationalstaaten, die sich in Geschichte und Geographie, Kultur und Politik ungemein unterscheiden.
Ebenso unterschiedlich ist die Situation der Frauen. Die heiligen Texte des Korans geben widersprüchliche Aussagen über die Stellung der Frau. Es verhält sich da mit dem Koran kaum anders, als mit dem Alten oder Neuen Testament. Das Frauenbild , das aus den religiösen Texten herausgefiltert wird, hängt also vom Standpunkt des Betrachters und der Betrachterin im Hier und Heute ab. Nicht nur in islamischen, sondern auch in christlichen oder jüdischen Gesellschaften gab es traditionell eine Zurücksetzung der Frau; in islamischen Staaten wiegt sie besonders schwer, weil dort die Tradition heute noch eine wichtige Rolle spielt. Die Ehefrau schuldet ihrem Mann, der das Oberhaupt der Familie ist, Gehorsam im Haus, in ihrer sexuellen Beziehung und in der Öffentlichkeit. Nach der Überlieferung des Propheten ist die beste Frau die, die ihren Mann betört, wenn er sie ansieht, die ihm gehorcht, wenn er ihr befiehlt, die ihm treu bleibt und sein Vermögen nicht verschwendet, wenn er nicht anwesend ist. Die Frau, die sich weigert, den Geschlechtsakt zu vollziehen, ist ungehorsam und wird doppelt bestraft: auf Erden und im Himmel. Das islamische Recht billigt dem Mann zu, in bestimmten Fällen den Unterhalt zu entziehen, auch wenn er im Prinzip dazu verpflichtet ist. Auch billigt der Koran dem Mann ein Züchtigungsrecht gegenüber seiner Frau zu. Im Koran ist weiterhin zu lesen: "Die Männer stehen über den Frauen, weil Gott sie von Natur vor diesen ausgezeichnet hat und wegen der Ausgaben, die sie von ihrem Vermögen gemacht haben. ... Und wenn ihr fürchtet, daß (irgendwelche) Frauen sich auflehnen, dann vermahnt sie, meidet sie im Ehebett und schlagt sie!" (Koran 4:34) Eine der Strafmaßnahmen gegen die ungehorsame Frau ist beispielsweise die Verstoßung. Die Ausnahmen, in denen die Frau ihrerseits die Scheidung beantragen kann sind auf sexuelle Impotenz, unberechtigte Nichtgewährung von Unterhalt, Ehebruch und unheilbare Erkrankung beschränkt. Selbst hier ist der Ermessensspielraum des urteilenden Richters groß: stets liegt die Beweislast bei der Frau. Die Verstoßung, die bis heute praktiziert wird, ist alleiniges Recht des Mannes. Sie kann auch durch einen Richter erfolgen, ist aber nicht gesetzlich vorgeschrieben. Ein garantiertes, uneingeschränktes Recht auf Unterhalt besitzt die Frau nicht. Die Polygamie, die Vielehe eines Mannes mit mehreren Frauen, existiert bei arabischen Muslimen noch immer. In ca. 2 Prozent der arabischen Ehen herrscht Polygamie, die die Vorherrschaft des Mannes in der Familie festigt.
Auch das Erbrecht schreibt die ökonomische Abhängigkeit der Frau fest: die Töchter erben die Hälfte dessen, was den Söhnen zusteht. Die Witwe bekommt nur die Hälfte dessen, was dem Witwer vom Vermögen der verstorbenen Ehefrau gebührt.
Die Trennung der Geschlechter ist einer der Grundpfeiler der muslimischen Gesellschaftsordnung. Der häusliche Bereich ist das Territorium der Frau und die Öffentlichkeit gehört zur Domäne des Mannes. Jede Überschreitung seitens der Frauen wird von den Männern als Provokation empfunden. Seit sich die Frauen den Zugang zu formalen Wissen und zur Berufstätigkeit erobern, sind sie in den öffentlichen Raum vorgestoßen. Bis heute haben sich die Männer von diesem Schock nicht erholt. Die Regelverletzung hat ihre Identität bis ins Mark getroffen. Die Ehe des Mannes hängt von der Kontrolle ab, die er über die Sexualität seiner Ehefrau ausübt, sowie von der Produktivität ihrer Geschlechtsorgane. Frauen in der Öffentlichkeit bedrohen die Familienehre und stellen die männliche Autorität und Kontrolle in Frage.
Die Geschlechtertrennung, das heißt die Verbannung der Frau aus dem öffentlichen Raum, äußert sich auch durch das Tragen des Schleiers. Frauen und Mädchen tragen ihn zumeist nach der Geschlechtsreife. Zum Thema Schleier heißt es im Koran: " Prophet! Sag deinen Gattinnen und Töchtern und den Frauen der Gläubigen, sie sollen (wenn sie austreten) sich etwas von ihrem Gewand (über den Kopf) herunterziehen. So ist es am ehesten gewährleistet, daß sie (als ehrbare Frauen) erkannt und daraufhin nicht belästigt werden." (Koran 33:59) Andere Koranverse variieren das Thema, ohne jemals explizit vom Gesichtsschleier zu sprechen. Wie bei vielen Koranstellen ist auch hier die Interpretation offen und von Land zu Land verschieden. Weder der Koran, noch die Überlieferungen verbieten es den Frauen, berufstätig zu sein. Aber das Festhalten an ihrer traditionellen Rolle im Haus setzt der Erwerbsarbeit außer Haus enge Grenzen. Sie braucht dafür die Genehmigung des Mannes oder des Vormundes. Sie soll möglichst nur mit Frauen zusammenarbeiten und darf keine Stellung einnehmen, in der sie Männern Weisungen erteilt. Nur wirtschaftliche Not gilt als ausreichender Grund für eine Erwerbstätigkeit.
Die gesellschaftliche Wirklichkeit hat diese Rechtskonstruktion längst überholt. So haben Frauen in Ägypten und in den Maghrebstaaten fast alle Bereiche der Erwerbstätigkeit erobert. Hohe politische Ämter bleiben ihnen jedoch verwehrt. So bleiben Richterämter oder Posten in der Staatsanwaltschaft ägyptischen Frauen auch weiterhin verschlossen: Erstens gebe es genügend qualifizierte Männer und zweitens fehle es den Frauen an der erforderlichen Nervenstärke. Zudem seien sie wegen ihrer monatlichen Menstruationsphasen starken Stimmungsschwankungen unterworfen.
Heute sind Frauen zwischen despotischen Regimen (alleinherrschende Regierung) und islamischen Demagogen (negativ: Volksverführer, der eine unpolitische Menschenmasse im Sinne seiner Ziele zu manipulieren und zu mobilisieren versucht) eingezwängt, die Errungenschaften ihres langen Kampfes um Gleichberechtigung sind bedroht.
7.3. Feste und Feiertage des islamischen Jahres
Von allen Muslimen gemeinsam werden nur zwei Feste gefeiert, die jeweils drei Tage lang dauern:
Das Opferfest \"Id el - adah\", es erinnert daran, daß Gott Abraham befahl, einen seiner Söhne (nach islamischer Auffassung Ismail und nicht Isaak) zu töten. Als Abraham seinen starken Glauben bewies, ließ Gott anstelle des Sohnes ein Lamm opfern. Das Fest beginnt jeweils am 10. Tag des Pilgermonates. Jede Familie, die es sich leisten kann, schlachtet ein Schaf, Rind oder Kamel. Zwei Drittel des Fleisches sind davon für die Armen bestimmt.
Das Fest des Fastenbrechens \"Id el - fitr\" wird am Ende des Fastenmonats Ramadan gefeiert.
7.4. Vergnügungen und Alkohol
Der Genuß von Alkohol, insbesondere von Wein, ist dem Koran zufolge nicht verboten, sondern lediglich nur abzulehnen. Ein Verbot hätte sich auch kaum durchsetzen lassen, wenn die strengen Sittenwächter den Arabern den Weindurst nicht ausgetrieben hätten. In Saudi - Arabien stehen auf Alkoholgenuß Prügelstrafe und Gefängnis. Auch weltliche Vergnügungsveranstaltungen, wie z.B. Diskotheken und Kinos, sind verpönt und in streng - islamischen Ländern unter Strafandrohung verboten. Erlaubt sind Musik und Tanz hingegen bei religiösen oder familiären Festen wie bei Hochzeiten oder dem Ende des Ramadan.
7.5. Das Verhältnis der islamischen Gesellschaft zu Randgruppen
(Homosexualität und Prostitution)
Der Islam verurteilt Homosexualität als eine Form der Unzucht. Prostitution ist ebenfalls strafbar. Das islamische Recht sieht hierfür allerdings keine Sanktionen vor. Außerdem verboten sind außerehelicher Geschlechtsverkehr und Selbstbefriedigung. Das ist ein Grund dafür, weshalb gesellschaftliche Randgruppen in islamischen Ländern unter Androhung schwerster Strafen verfolgt werden. So kann zum Beispiel eine Frau, die Ehebruch begangen hat, öffentlich gesteinigt werden.
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