Dass für lernschwache Kinder die Schule zumeist ein Greuel ist, verwundert nicht, aber auch hochbegabte Kinder haben in der Schule große Schwierigkeiten. Dies ist aber leider weniger bekannt. Tatsächlich haben aber auch diese Kinder und Jugendlichen Probleme auf ihrem Bildungs-, Berufs- und Lebensweg. Für hochbegabte Kinder ist die gewöhnliche Schule oft ein einziger Leidensweg, deswegen fordern Experten eigene Schulen für Hochbegabte. Unzureichende Anforderungen und Ansprüche führen immer wieder zu Störungen von hochbegabten Kindern im Bereich der Entwicklung von Lernstrategien sowie der Persönlichkeitsentwicklung.
Hochbegabte Kinder fühlen sich häufig isoliert und unterfordert. In den Schulen werden sie so gut wie gar nicht gefördert, sie ist ihnen zu leicht und zu langweilig. Doch über diese Problematik macht man sich eigentlich so gut wie keine Gedanken. Häufig bleibt das intellektuelle Potential der begabten Kinder von Eltern und Lehrern sogar unentdeckt. Das hat damit zu tun, dass man als hochbegabt gewöhnlich nur die sogenannten Wunderkinder bezeichnet, jene kleinen Genies also, die auf allen Gebieten den Durchschnitt weit hinter sich lassen. Mittlerweile weiß man, dass es auch einseitig begabte Kinder gibt, die nur eine spezielle Begabung haben, deren anderen Fähigkeiten aber normal oder sogar unterentwickelt sind. Deshalb erhalten überdurchschnittlich begabte Kinder auch nicht lauter "Sehr Gut" im Zeugnis. Häufig ist genau das Gegenteil der Fall. Die Kinder glänzen nicht durch Noten. Aber wenn sie richtig geprüft werden, bringen sie Resultate, von denen wir nur träumen können. Begabte Kinder denken anders, nämlich in Querverbindungen. Das bedeutet, dass sie womöglich auf eine ganz konkrete einfache Frage nicht antworten können, dafür aber in der Lage sind, komplizierte, fachbegreifende Zusammenhänge sofort zu erfassen.
Aufgrund ihrer Andersartigkeit gelten sie im Kindergarten und in der Schule oft auch als komisch, werden von den Mitschülern verspottet und von den Lehrern nicht verstanden. Im schlimmsten Fall diskriminieren auch die Lehrer, weil diese aufgrund der Unangepasstheit, vor allem aber der intellektuellen Überlegenheit des Kindes eine Untergrabung ihrer Autorität befürchten.
"An Heilner war ihnen ohnehin von jeher ein gewisses Geniewesen unheimlich - zwischen Genie und Lehrerzunft ist eben seit alters eine tiefe Kluft befestigt, und was von solchen Leuten sich auf Schulen zeigt, ist den Professoren von vornherein ein Greuel. Für sie sind Genies jene Schlimmen, die keinen Respekt vor ihnen haben, die mit 14 Jahren zu rauchen beginnen, mit 15 sich verlieben, mit 16 in die Kneipen gehen, welche verbotene Bücher lesen, freche Aufsätze schreiben, den Lehrer gelegentlich höhnisch fixieren und im Diarium als Aufrührer und Karzerkandidaten notiert werden. Ein Schulmeister hat lieber einige Esel als ein Genie in seiner Klasse, und genau betrachtet hat er ja recht, denn seine Aufgabe ist es nicht, extravagante Geister heranzubilden, sondern gute Lateiner, Rechner und Biedermänner."(4)
Manchmal dauert dieser Leidensweg jahrelang und kann sogar bis zum Selbstmord führen, denn begabte Kinder können manchmal, den Druck der Schulpflicht und den Forderungen der Familie nicht aushalten und nehmen sich am Ende wegen der fehlenden Anpassungskraft oder aus Protest gegen die Gesellschaft das Leben. Eltern, Lehrer und Freunde erwarten von ihnen, perfekt zu sein und immer ihr Bestes zu geben und üben einen ziemlichen Druck auf sie aus.
"Doch machte ihn das jetzt nicht traurig, nur die Angst vor seinem enttäuschten Vater, dessen Hoffnungen er betrogen hatte, beschwerte ihm das Herz."(5)
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