Henri Théodore Fontane wird am 30. Dezember 1819 als Sohn des Apothekers Louis Henri Fontane und seiner Ehefrau Emilie in Neuruppin (-> Karte, ev. Bild) geboren. Seine Eltern stammen, wie ihre Namen vermuten lassen, aus französischen, hugenottischen Familien . Fontane verbringt seine Kindheit in Swinemünde und Neuruppin, wo er das Gymnasium besucht. Später wechselt er an die Gewerbeschule in Berlin. Darauf folgt seine vom Vater vorgezeichnete Laufbahn als Apotheker, die ihn 1841 nach Leipzig und ein Jahr darauf nach Dresden führt. 1848 engagiert er sich auf Seiten des revolutionären Bürgertums, das entsprechend seiner gewachsenen gesellschaftlichen Bedeutung mehr demokratische Mitbestimmungsrechte einforderte. Den Sieg auf den Barrikaden konnten die Revolutionäre allerdings politisch nicht ummünzen. Am Ende des Jahres hatte der preußische König wieder die Oberhand gewonnen. 1849 weist Friedrich Wilhelm IV. die ihm von der Frankfurter Nationalversammlung angebotene Kaiserkrone zurück. Damit ist auch die konstitutionell-monarchistische Variante der einst rein republikanisch angetretenen deutschen nationalen Revolution gescheitert. Im selben Jahr schlägt Fontanes erster Versuch, als freier Schriftsteller zu leben, fehl. 1850 heiratet er Emilie Rouanet-Kummer, mit der er drei Söhne, George Emile, Theodor und Friedrich sowie eine Tochter namens Martha hat. Noch im selben Jahr werden in Preußen das völlig undemokratische Dreiklassenwahlrecht und eine Verfassung eingeführt. Von 1852 bis 1855 ist Fontane als Herausgeber, Publizist und Kritiker in Berlin tätig. Von 1855 bis 1859 hält er sich in England auf, mit dem offiziellen Auftrag der preussischen Regierung, eine \"Deutsch-Englische Korrespondenz\" aufzubauen. Nach der Rückkehr in seine Heimat Brandenburg bringt ihm sein Werk \"Wanderungen durch die Mark Brandenburg\" das Klischee des \"märkischen Dichters\" ein. 1860 folgt der Eintritt in die Redaktion der konservativ orientierten "Kreuz-Zeitung". In jener Dekade besucht Fontane mehrere der Kriegsschauplätze der deutschen Einigungskriege in Schleswig-Holstein, Dänemark, Böhmen und Frankreich, wo er schliesslich verhaftet wird, kurz darauf jedoch wieder freigelassen wird. 1870 gibt er die Mitarbeit bei der Kreuz-Zeitung auf und wird Theaterkritiker bei der liberalen Vossischen Zeitung. Zwei Jahre später, 1872, bezieht er endgültig eine Wohnung in Berlin, wo er, abgesehen von längeren Reisen, den Rest seines Lebens verbringt. Die Zeit, zu welcher sich Fontane in Berlin aufhielt, war von einem enormen industriellen Aufschwung der Stadt geprägt. Am 18.1.1871 wird das Deutsche Reich nach dem Sieg über Frankreich gegründet und Wilhelm I. in Versailles als Kaiser proklamiert. Die Führungsperson bleibt aber Reichskanzler Bismarck. Berlin wird Residenz des Deutschen Kaisers und Reichshauptstadt, die Einwohnerzahl übersteigt 800.000 und wächst mit enormem Tempo. Es beginnt der Boom der \"Gründerjahre\", beschleunigt durch 5 Milliarden Franc \"Kriegsschuldzahlungen\" Frankreichs. Berlins beispielhafter Aufschwung läßt es 1883 zur größten Industriestadt auf dem europäischen Festland aufsteigen. 1876 gibt Fontane seinen Posten als \"Ständiger Sekretär der Königlichen Akademie der Künste\" in Berlin nach drei Monaten auf. Dies bringt eine Ehekrise mit sich. Sein zweiter Versuch, als Schriftsteller zu arbeiten, gelingt nun. Im sogenannten \"Dreikaiserjahr\" 1888: sterben Wilhelm I. und Friedrich III.. Wilhelm II. übernimmt das Amt des Kaisers. Aufgrund politischer Differenzen verläßt Reichskanzler Otto v. Bismarck 1890 die politische Bühne. Fortan prägt Wilhelm II. einen national-konservativen Politik-, Lebens- und Baustil, der als \"Wilhelminismus\" in die Geschichte eingeht. Auch im kulturellen Bereich strahlte die Reichshauptstadt Dynamik aus. Fontane verfolgt diesen Generationenwechsel in der Politik kritisch und distanziert sich vom \"Neuen Kurs\". Im Jahre 1892 erkrankt er an Gehirnanämie , kann sich jedoch auch dank seiner Arbeit an autobiographischen Texten erholen. Neben seiner grossen Schaffensperiode von 1879 - 1887 ist die Zeit von 1890 bis zu seinem Tod im Alter von 79 Jahren am 20. September 1898 seine zweite schriftstellerisch produktive Phase.
Fontane vermittelt in seinen Romanen ein kritisches Zeitbild der preussischen Gesellschaft und gehört zu den grossen Realisten des 19. Jh.. \"Der Realismus in der Kunst ist so alt als die Kunst selbst, ja, mehr noch: er ist die Kunst selbst. Der Realismus will das Wahre, deshalb schliesse er die Lüge aus; er sei vielmehr die Widerspiegelung alles wirklichen Lebens, aller wahren Kräfte und Interessen im Element der Kunst.\" \"In die Restaurationsepoche hineingeboren, erlebt er die 48er-Revolution und ihr Scheitern in Berlin, begleitet mit journalistischen Ambitionen die Einigungskriege, die 1871 zur Errichtung des deutschen Kaiserreichs führen, und verfolgt kritisch die Tendenzen der Gründerjahre und der zunehmend imperialistisch orientierten Kaiserzeit. Mit 35 Jahren bekennt er sich zum Realismus, er steht nach der gescheiterten Revolution vor einem Wendepunkt in seinem Leben.\" Fontane zeichnet typische Gestalten vor allem des preussischen Adels und Bürgertums in ihrem alltäglichen Leben, das von ihrer gesellschaftlichen Stellung und den geltenden Werten bestimmt wird. Als seine Meisterwerke gelten \"Effi Briest\" sowie \"Der Stechlin\". \"Mathilde Möhring\" erscheint erst 1906 aus seinem Nachlass.
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