Die Thematik des Romans beeinflußt in einem hohen Maße die Ausdrucksweise und die Struktur von "Narziß und Goldmund". Hesse benutzt für die Darstellung der Polarität einen Zweischlagrythmus. Dieser zieht sich durch den gesamten Roman. In ihm vermischen sich zwei Sätze, der erste Satz ist wiederum in zwei Teile aufgespalten und rahmt den zweiten ein. Nimmt man den Eröffnungssatz als Beispiel, so erkennt man, daß dieser in spezieller Weise gegliedert ist. "Vor dem von Doppelsäulchen getragenen Rundbogen des Klostereingangs von Mariabronn, dicht am Wege, stand ein Kastanienbaum, ein vereinzelter Sohn des Südens, von einem Rompilger vor Zeiten mitgebracht.
.." Dieser Abschnitt ist der erste Teil des ersten Satzes, er lokalisiert den Ort des Geschehens, weiterhin führt den Hintergrund des Geschehens an. "...
eine Edelkastanie mit starkem Stamm; zärtlich hing ihre runde Krone über den Weg, atmete breitbrüstig im Winde, ..." diesen Teil kann man als eine Art Satz im Satz bezeichnen, er stellt die Persönlichkeit, so wie das rein Äußerliche dar. Der zweite Teil des ersten Satzes "..
. ließ im Frühling, wenn alles ringsum schon grün war und selbst die Klosterbäume schon ihr rötliches Junglaub trugen, noch lange auf ihre Blätter warten, trieb dann um die Zeit der kürzesten Nächte aus den Blattbüscheln die matten, weißgrünen Strahlen ihrer fremdartigen Blüten empor, die so mahnend und beklemmend herbkräftig rochen und ließ im Oktober, wenn Obst und Wein schon geerntet war, aus der gilbenden Krone im Herbstwind die stacheligen Früchte fallen, die nicht in jedem Jahr reif wurden, um welche sich die Klosterschüler balgten und die der aus dem Welschland stammender Subprior Gregor in seiner Stube im Kaminfeuer briet." ( S.1 Kapitel 1 Anfang) verdeutlicht noch einmal die Besonderheit, so wie die Aktion/das Wesen des Objektes und die Reaktion der Umwelt auf, das angeführte Objekt. Dieser Rhythmus tritt zu häufig auf um als Zufall abgehandelt zu werden. Wie eingangs erwähnt, verdeutlicht Hesse ins Besondere durch diesen Satzbau die Gegensätzlichkeiten in dem Werk.
Mit den Gegensätzlichkeiten von Stamm und Krone, von Frühling und Herbst, so wie Klosterbuben und Subprior ist schon von der ersten Passage an die Bandbreite des Werkes dargestellt. Die Tatsache, daß Hesses "Bandwurmsätze" nicht in ein völliges Chaos ausarten, liegt an der von Hesse perfekt beherrschten Kunst seine Gedanken in ihrer Einfachheit darzustellen und dennoch die Komplexität der Situation zu vermitteln. Roman gibt es einige Schlüsselsituationen, diese Schlüsselsituationen treten immer wieder doppelt auf. Goldmund erfährt zweimal, eine große Freundschaft mit Narziß, tötet zweimal aus Notwehr, ferner schafft er es zweimal in der Kunst aufzugehen und wird letztendlich zweimal wegen seinen Affären beinahe getötet. Diese Tatsache ist ein deutliches Indiz für die Ausgeglichenheit des Werkes, das sehr abgerundet wirkt. (Informationen über Stilistik siehe Fußnote)
|