Der biographische bzw. individualpsychologische Interpretationsansatz:
In der Biographie Ingeborg Bachmanns und vor allem in ihrer Liebesbeziehung mit Max Frisch wird ihr persönlicher Standpunkt zur Gesellschaft allgemein und ihre persönlichen Einstellungen deutlich. Sie war eine Frau mit einer feministischen Haltung, mit einem eigenen Willen und mit einem sehr eigenen Charakter. Ihre schlechten Erfahrungen mit dem männlichen Geschlecht, lassen sich in einigen Erzählungen ( z.B. "Unter Mördern und Irren", "Undine geht") wiederfinden. Man vermutet, dass sie einerseits in ihren Erzählungen ihre schlechten Erfahrungen mit dem männlichen Geschlecht verarbeitet und andererseits eine Art Aufruf an alle unterdrückten Frauen gestartet hat. Ingeborg Bachmann selber hat dazu nie präzise Stellung bezogen. Sie sagte lediglich: " ... mit der Sprache der Literatur will ich die Grenze, die logische Form der Sprache, überschreiten... ."
Der historisch - politische bzw. historisch - soziologische Interpretationsansatz:
Der Erzählband "Das dreißigste Jahr" entstand 1961.In dieser Zeit musste sich Ingeborg Bachmann gegen die in der Nachkriegszeit bekanntgewordenen Schriftsteller ( Böll, Grass...)
durchsetzen. In der von Männer besetzten "Schriftstellerwelt" musste sie sich als Frau erst mal beweisen. Frauen, vor allem feministisch Eingestellte, waren in den damaligen, gesellschaftlichen Verhältnissen nicht gerne gesehen.
Die "Gruppe 47", der Ingeborg Bachmann angehörte, war von Hans Werner Richter 1947 in München gegründet worden. Sie war eine Art Dichter - und Kritikerkreis junger literarischer Kräfte Deutschlands. Sie förderten die junge deutsche Literatur durch gegenseitige Kritik bei jährlichen Tagungen. Durch ihr linkssozialistisches, politisches Engagement war sie eine der einflussreichsten Gruppierungen der deutschen Nachkriegsliteratur.
Der geistes - bzw. ideengeschichtliche Interpretationsansatz:
Der Schreibstil Ingeborg Bachmanns war zu der Zeit ein sehr ungewöhnlicher. Durch ihre "neue Sprache" brachte sie der Literatur eine völlig neue Betrachtungsweise der Lyrik und Prosa.
Die Arbeit an den Erzählungen "Das dreißigste Jahr" war auch für sie etwas völlig neues: "Nach Gedichten Prosa zu schreiben, das war zunächst wie ein Umzug im Kopf."
Ingeborg Bachmann war außerdem eine der Schriftstellerinnen, die sich von dem festgesetzten Frauenbild, dass sich im Laufe der Jahrhunderte in den Köpfen der Menschen manifestiert hat, abzugrenzen.
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