Schaffenszeit vor dem Exil
1920 starb Brechts Mutter. Im gleichen Jahr schloss er Freundschaft mit dem bekannten Kabarettisten Karl Valentin, den er sehr schätzte. Die gemeinsame Arbeit der Künstler Valentin und Brecht haben das spätere Schaffen Brechts deutlich beeinflusst. Ab 1920 reiste Brecht oft nach Berlin, da er dort Beziehungen zu Personen aus dem Theater und zur literarischen Szene aufbaute. 1924 zog er ganz nach Berlin. Hier arbeitete er zunächst zusammen mit Carl Zuckmayer als Dramaturg an Max Reinhardts Deutschem Theater. In den Münchner Kammerspielen inszenierte er selbst. Im Jahr 1922, dem Jahr der Verleihung des Kleist-Preises, heiratete er die Schauspielerin und Opernsängerin Marianne Zoff. Ein Jahr später bekamen sie eine gemeinsame Tochter mit Namen Hanne. Kurz danach lernte er seine spätere Frau Helene Weigel kennen.
1924 wurde sein zweiter Sohn Stefan geboren, drei Jahre später ließ er sich von Marianne Zoff scheiden. Nach der Heirat mit Helene Weigel 1930 kam Tochter Barbara zur Welt.
Seit 1926 hatte er viel Kontakt zu sozialistischen Künstlern. Diese prägten seine Weltanschauung sehr stark. Seine ersten Werke sind beeinflusst durch das Studium der Schriften Hegels und Marx\'. Seine erste Gedichtsammlung \"Die Hauspostille\" veröffentlichte er mit 29 Jahren. Ein Jahr später hatte er einen der größten Theatererfolge der Weimarer Republik mit der \"Dreigroschenoper\" (Musik von Kurt Weill).
Brecht wollte schon immer mit seinen Auftritten in der Öffentlichkeit Einfluss nehmen. Dafür suchte er sich gezielt Medien wie z.B. das Radio oder das Theater aus, mit denen er das entsprechende Publikum erreichen konnte. Er strebte eine gesellschaftliche Umwälzung an, in der es zur Befreiung der Produktionsmittel kommen sollte. Er schloss dabei den intellektuellen und ästhetischen Bereich mit ein. Auch in den sehr frühen Werken \"Baal\", \"Trommeln in der Nacht\" und in seiner Gedichtsammlung \"Die Hauspostille\" ist diese Zielsetzung zu erkennen. Die \"Dreigroschenoper\" beispielsweise kritisiert die bürgerliche Ordnung, über die Brecht sich, verkörpert durch die Verbrechersozietät, lustig machte.
Leben im Exil
Zu Beginn des Jahres 1933 wurde eine Aufführung von \"Maßnahme\" durch die Polizei unterbrochen. Die Veranstalter wurden wegen Hochverrats angeklagt. Am 28. Februar - einen Tag nach dem Reichstagsbrand - verließ Brecht mit seiner Familie und Freunden Berlin und flüchtete über Prag, Wien und Zürich schließlich nach Skovsbostrand bei Svendborg auf Fünen in Dänemark, wo er sich die nächsten fünf Jahre aufhielt. Im Mai desselben Jahres wurden alle seine Werke von den Nationalsozialisten verbrannt.
Brechts Zeit im Exil war sicherlich die härteste Zeit seines Lebens, obwohl er in diesen Jahren einige seiner größten Werke verfasste. Außer Dramen schrieb er auch Beiträge für mehrere Emigrantenzeitschriften in Prag, Paris und Amsterdam. Im Jahre 1939 verließ Brecht Dänemark, lebte ein Jahr in einem Bauernhaus in der Nähe Stockholms und im April 1940 in Helsinki. In dieser Zeit verfasste er \"Das Leben des Galilei\". In diesem Theaterstück portraitierte er andeutungsweise seine eigene Situation in der Gesellschaft: Galilei wendet sich niemals direkt gegen die Kirche, da die kirchliche Inquisition ihm dann Ketzerei nachweisen könnte. Ähnlich handelte auch Brecht im Exil: Er äußerte sich nie explizit kritisch gegenüber Obrigkeit, Staat und Gesellschaft, sondern immer nur unterschwellig; gerade so kritisch, dass er sich nicht selbst zum Märtyrer seiner Ideen machte. Während eines Sommeraufenthalts in Marlebäck, wohin die Familie von der finnischen Schriftstellerin Hella Wuolijoki eingeladen worden war, schrieb Brecht nach einer Erzählung der W. seinen \"Puntila\". Im Sommer 1941 fuhr er via Moskau im Transsibirienexpress nach Wladiwostok. Vom Osten der UdSSR fuhr er mit dem Schiff nach Kalifornien, wo er in Santa Monica in der Nähe von Hollywood lebte. Er stellte sich vor, eine Rolle im Filmgeschäft zu spielen. Dazu kam es nur in geringem Maße. Darüber hinaus veranstaltete er einige kleinere Theateraufführungen, meist auf Emigrantenbühnen. Allerdings hatte er kaum Möglichkeit, politisch zu wirken. Er bezeichnete sich selbst als \"Lehrer ohne Schüler\", da die US-Amerikaner sich nicht für seine Arbeit zu interessieren schienen. Deshalb beschloss er, sich nur auf seine großen Stücke zu konzentrieren, wozu er auch \"Das Leben des Galilei\" zählte, das am 9. September 1943 im Schauspielhaus Zürich uraufgeführt wurde..
Die USA unterstellten ihm eine kommunistische Einstellung, weshalb er am 30. Oktober 1947 vom House Committee on Un-american Activities verhört wurde. Einen Tag später floh er - während der Premiere von \"Das Leben des Galilei\" in New York - über Paris nach Zürich. Dort hielt er sich ein Jahr auf, da die Schweiz das einzige Land war, in das er noch einreisen durfte; die Einreise nach Westdeutschland wurde ihm untersagt. Drei Jahre später erlangte er die österreichische Staatsbürgerschaft.
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