Professor Raat, ein wilhelminischer Schullehrer, wird vom Gymnasium und der ganzen Stadt nur Unrat genannt. Der gewohnte Ruf übt auf den alten Lehrer seine Wirkung noch so gut aus, wie schon vor 26 Jahren. Man braucht nur auf dem Schulhof, sobald dieser vorbeikommt einander zuzuschreien: \"Riecht es hier nicht nach Unrat!\" und schon zuckt der Alte heftig zusammen. Prof. Unrats einziges Bestreben ist es, die Schüler zu fassen; ihnen zu beweisen, daß sie ihn mit dem Wort \"Unrat\" gemeint haben, und ihnen dafür ihr Fortkommen zu erschweren, wenn nicht gar unmöglich zu machen. So sorgt er als Lehrer dafür, daß alle, die ihn bei seinem Spottnamen nennen, das Ziel der Klasse nicht erreichen. Unrat beurteilt ein Jahr mit gut oder schlecht, je nachdem, ob er einige \"faßte\", oder ihnen nichts beweisen konnte. Unrat, der sich von den Schülern hinterrücks angefeindet, betrogen und gehaßt weiß, behandelt sie seinerseits als Erbfeinde, von denen man nicht genug bei Tests hineinlegen und vom Ziel der Klasse zurückhalten kann.
Besonders die drei Schüler Lohmann, Kieselsack, und von Erztum machen ihm das Leben schwer, aber auch umgekehrt. Als Prof. Unrat erfährt, daß eben diese drei verhaßten Schüler die Barfußtänzerin und Künstlerin Rosa Fröhlich allabendlich in ihrer Garderobe in der Spelunke \"Zum blauen Engel\" besuchen, stellt er ihnen nach, um sie zu zerschmettern. Für Unrat ist es Pflicht sich täglich als erster bei der Künstlerin Rosa Fröhlich einzufinden, und somit seine Schüler von dieser bunten Weibsperson fernzuhalten, doch sie wird immer erfreulicher, um so mehr er sich in ihrer Garderobe einlebt. Prof. Unrat verliebt sich in Rosa Fröhlich, was besonders von Erztum stört, da dieser in sie verliebt ist.
Als es zu einem Prozeß gegen die drei Schüler Lohmann, Kieselsack und von Erztum wegen mutwilliger Beschädigung eines Hünengrabes (= vorgeschichtliche Grabanlage aus mächtigen Steinblöcken, die ursprünglich von Erdhügeln abgedeckt waren) kommt, wird auch die Künstlerin Fröhlich als Zeugin geladen, da sie bei der Tat auch anwesend war. Rosa Fröhlich sieht die Zeugenaussage als Möglichkeit, ihrem alten Unrat auf dem Umwege über den Gerichtshof hinweg die Wahrheit zu gestehen. So erfährt Unrat von Rosas \"Nebendingen\" mit seinem Schüler Kieselsack und von von Erztums Heiratsantrag. Unrat ist entsetzt und schockiert und glaubt, daß seine Rosa auch Nebendinge mit Lohmann, seinem größten Feind, treibt...
Nach diesem Prozeß, bei dem er eine Rede führt, die sich gegen die großbürgerliche Kaste, den dekadenten Adel und die korrumpierten Kleinbürger wendet, die sich repräsentativ in den drei pubertären Sündenböcken Lohmann, von Erztum und Kieselsack zeigen, wird Unrat von der Schule entlassen. Unrat und die Künstlerin Rosa Fröhlich versöhnen sich wieder und heiraten. Nun wandelt sich der Tyrann zum Anarchisten (= Es gelten keine Gesetze zur Ordnung des Lebens). Die Ideale der bürgerlichen Umwelt, die er früher gepredigt hat, sind jetzt Opfer seiner Rachsucht. Und die zielt auf Entsittlichung der Stadt. In seiner \"Villa vor dem Tor\" frönen die Bürger dem Glücksspiel; sie wird zu einer Stätte nächtlichen Vergnügens, was natürlicherweise noch mehr Getuschel in der Kleinstadt zur Folge hat. Als Unrat vor lauter Haß gegen Lohmann ihm seine Brieftasche stiehlt, wird er selbst dabei gefaßt und verhaftet, und die Stadt kann vom Druck ihres eigenen Lasters befreit zur scheinheiligen Ordnung zurückkehren.
Stilistik
Die Handlung wird weitgehend von einer Schulgeschichte getragen, die mit einer ungewöhnlichen Liebesgeschichte verknüpft ist. Die gradlinige Erzählweise und der mäßige Umfang (das Taschenbuch hat 153 Seiten) beugen jegliche Überforderung bei der Lektüre vor. Zudem spricht der satirische Stil meiner Meinung nach jugendliche Leser an. Allerdings ist zu bedenken, daß die Gesellschafts- und Schulverhältnisse der Gegenwart eine Identifikation mit den Schülern im Roman beeinträchtigen.
Die Handlung führt zu einer doppelte Negation der Satire auf die kleinstädtisch-bürgerlichen Verhältnisse und dem Vexierbild des "Menschenfeindes"
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