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deutsch artikel (Interpretation und charakterisierung)

Faust zusammenfassung


1. Drama
2. Liebe

Zueignung Ein lyrisches Ich - vielleicht Goethe selbst - spricht mit seinen Gedanken und Erinnerungen. Außerdem überlegt es sich, wie sein Vortrag auf die Zuschauer wirken werde.

Als erste Seite eines Dramas dient die Zueignung wohl vor allem dazu, nichtinteressierte und weniger gebildete Leser davon abzuhalten, das Werk zu lesen. Wenn ich dieses Büchlein in einer Buchhandlung gesehen hätte und mir die erste Seite durchgelesen hätte, hätte ich es niemals gekauft. Vorfreude erregen diese ersten Worte nicht unbedingt.

Vorspiel auf dem Theater

Der Theaterdirektor fragt seinen Dichter, wie man ein Theaterstück für die Masse schreibt und verlangt vom Dichter auch gleich, dass er es tut. Der Dichter aber will nicht der Masse gefallen, sondern lieber ein schönes Kunstwerk schreiben. Die lustige Person, wohl ein Schauspieler, fordert alle auf, sich aller Tugenden zu bedienen, dann würde es schon gelingen.
Dieser Konflikt wird noch weiter dargestellt, immer zeigt sich der Gegensatz von Kunst und \"Massentauglichkeit\". Zum Schluss will der Direktor endlich anfangen, wobei er nochmals betont, dass er ein Stück für ein großes Publikum haben möchte, und dieses sei wohl am besten mit einem großen Aufwand an Technik und Bühnenbild zu erreichen.

Goethe hat wohl schon selber bemerkt, dass ein großer Unterschied zwischen der perfekten Kunst in seinem Sinne und dem Vergnügen des Publikums besteht. Schade, dass er den Theaterdirektor nicht ernst genommen hat :-)


Prolog im Himmel

Nun beginnt praktisch die Handlung. Am Anfang leiten die Erzengel das Gespräch zwischen Mephistopheles (=Teufel , Mephisto) und Gott ein. Mephisto erklärt, dass die Menschen schlecht und unvernünftig seien: \"Er nennt\'s Vernunft und braucht\'s allein, nur tierischer als jedes Tier zu sein.\"
Gott (der Herr) ist etwas genervt und fragt Mephisto, ob man ihm denn nichts rechtmachen könne. Der antwortet, die Menschen wären schon so schlecht dran, dass er ihnen garnichts mehr tuen wolle.
Nun bringt Gott Faust ins Spiel, seinen \"Knecht\". Mephisto bemerkt, dass auch Faust nicht glücklich sei und immer mehr wolle. Gott erwidert, er werde Faust bald \"in die Klarheit führen\". Mephisto meint nun, er könne auch diesen Faust vom rechten Wege abbringen, wenn Gott es erlaube. Gott erlaubt es, denn \"es irrt der Mensch, solang er strebt.\" Die beiden schließen eine Wette ab, bei der Mephisto triumphieren und Faust zerstören darf, wenn er gewinnt.

Es fällt auf, dass Gott und der Teufel recht gut miteinander auskommen und man eigentlich keine Feindschaft erkennen kann, wie man eigentlich annehmen würde. Auch hat der Teufel Respekt vor Gott und erfragt dessen Erlaubnis. Mit dem normalen christlichen Glauben stimmt - mal abgesehen von der Existenz des Teufels - auch nicht überein, dass Gott einen scheinbar treuen Christen einfach in die Hände des Teufels übergibt. Aber Hiob wurde von Gott ja quasi auch zerstört...

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Nacht


Nun tritt Faust zum ersten Mal persönlich auf. Man erfährt, dass er sehr gebildet ist und weder Skrupel noch Angst vor irgendetwas hat. Auch wird deutlich, dass er mit seinem Wissen noch lange nicht zufrieden ist, er will wissen, \"was die Welt im Innersten zusammenhält\". Er scheint auch etwas geisteskrank zu sein und sich insgesamt am Leben nicht zu erfreuen.
Er nimmt ein Buch mit dem Zeichen des Makrokosmos. Dann entschließt er sich, den Erdgeist zu rufen. Als der endlich da ist, kann Faust ihn nicht ansehen und der Erdgeist fragt sich, ob das wirklich der Faust ist, der ihn hergeholt hat und der alles wissen will. Faust stellt sich trotzdem auf eine Ebene mit dem Geist: \"Ich bin\'s, Faust, bin deinesgleichen!\". Der Erdgeist aber meint, er gleiche ihm nicht und verschwindet. Faust ist ganz verstört, denn er hält sich eigentlich für ein \"Ebenbild der Gottheit\".

Dann kommt Wagner, sein Assistent herein und sie reden über Kunst und Wissen, wie man es erlangen könne und dass vieles über das Herz gehe. Wagner scheint weder so gebildet noch so intelligent wie Faust zu sein und bewundert diesen auch. Bald darauf schickt Faust Wagner weg und denkt sich, dass Wagner eigentlich viel zu dumm und unwürdig ist, zu ihm zu kommen.
Wieder zweifelt er nun an sich und ärgert sich, dass er den Erdgeist nicht halten konnte. In seiner Enttäuschung meint er nun: \"Den Göttern gleich ich nicht! zu tief ist es gefühlt; Dem Wurme gleich ich, der den Staub durchwühlt\". Nun schaut er sich im Zimmer um und findet nur nutzloses Zeug, bis er ein kleines Fläschchen mit Gift findet, dass er als seine Erlösung ansieht, er will sich umbringen. Als er ansetzt, hört er den Chor der Engel und wird so am trinken gehindert. Eigentlich stört er sich nicht am Engelchor, aber trotzdem setzt er ab und gibt seine Selbstmordgedanken auf.






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Vor dem Tor


Das Volk spaziert durch die Gegend vor der Stadt und es finden die üblichen Unterhaltungen statt, je nach gesellschaftlicher Schicht.
Auch Faust und Wagner gehen spazieren und Faust bemerkt, dass die ganzen Menschen aus der trüben, finsteren Stadt jetzt aufs Land kommen um sich zu vergnügen: \"Hier ist des Volkes wahrer Himmel. [...] Hier bin ich Mensch, hier darf ich\'s sein.\".
Faust wird als Doktor vom Volk verehrt, was ihm aber nicht sehr gefällt, da er sich selbst und die Tätigkeit seines Vaters für eher unehrenhaft hält. Er habe zusammen mit seinem Vater die Kranken vergiftet und ihnen nicht geholfen, nur wisse das Volk das nicht.
Wieder fängt Faust an, über die Welt, das Wissen und seine Wünsche zu philosophieren und meint dabei: \"Zwei Seelen wohnen, ach! in meiner Brust, die eine will sich von der andern trennen; die eine hält in derber Liebeslust sich an der Welt mit klammernden Organen; die andre hebt gewaltsam sich vom Dust zu den Gefilden hoher Ahnen.\"
Gegen Ende des Spaziergangs entdeckt Faust einen Pudel, der seiner Meinung nach sie umkreist und unheimlich wirkt. Wagner dagegen meint, es wäre ein ganz normales Tier. Als der Pudel herkommt, lässt sich Faust von Wagner Sorglosigkeit überzeugen und nimmt ihn sogar mit nach Hause.

In diesem Akt wird deutlich, dass Faust in der Gesellschaft sehr angesehen ist und sich gleichzeitig von ihr distanziert. Er nimmt nicht am gesellschaftlichen Leben teil sondern lässt sich nur kurz blicken.
Faust scheint sich mit Magischem und Übersinnlichem recht gut auszukennen, da er sofort merkt, dass der Hund nicht normal ist. Vielleicht sieht Faust aber auch einfach überall `Gespenster`.

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Studierzimmer

Faust ist mit dem Pudel zurück in seinem Studierzimmer und fühlt plötzlich, dass seine innere Befriedung erloschen ist. Also macht er sich daran, die Bibel ins \"geliebte Deutsch\" zu übersetzen. Goethe scheint direkt seine Auffassung zur deutschen Sprache durch Faust auszudrücken. Schon beim ersten Satz \"Am Anfang war das Wort\" stockt er und nimmt nach einigem überlegen die Übersetzung \"Am Anfang war die Tat\", da ihm \"Tat\" wichtiger erscheint als \"Wort\".
Darauf verwandelt sich der Hund in Mephisto, wogegen Fausts Beschwörungen nichts auszurichten vermögen. Faust fragt ihn, wer er denn sei und Mephisto antwortet \"Ein Teil von jener Kraft, die stets das Böse will und stets das Gute schafft.\" Er erklärt außerdem, dass alles, was entsteht, wieder zerstört werden müsse - was ja durchaus nicht ganz aus der Luft gegriffen ist, da alles Leben einmal entsteht und später wieder stirbt.
Faust redet recht frei und respektlos mit Mephisto, der sich geduldig \"verteidigt\". Dann will Mephisto gehen und gibt zu, dass er gefangen ist, was Faust gleich ausnutzen möchte. Mephisto sagt zu, seine Künste zu zeigen, versetzt aber Faust nur in einen Schlaf und lässt sich dann von Mäusen befreien. Als Faust wieder erwacht, weiss er nicht, ob alles nur ein Traum war oder ob er mal wieder ein höheres Wesen davonziehen hat lassen.

E scheint, als habe Mephisto Faust gereizt und ihm sozusagen eine kleine Kostprobe gegeben und so das Verlangen Faust gestärkt. Elegant hat er sich aus der Misere der Gefangenschaft gezogen und so seine eigene Ausgangsposition für das weitere Handeln gestärkt.



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Studierzimmer

Diesmal kommt Mephisto unverkleidet zu Faust. Er fordert Faust gleich zum Mitkommen auf. Doch Faust jammert ersteinmal, wie schlecht es ihm gehe und dass ihm \"der Tod erwünscht, das Leben [...] verhasst\" sei. Danach verflucht er alle praktisch alle Bestandteile der Welt und des Lebens. Ein Geisterchor erklärt, dass die Welt von ihm damit zerstört worden sei und er solle sie in seinem Herzen wieder aufbauen.
Daraufhin schlägt nun Mephisto einen Pakt vor. Er werde Fausts Knecht sein und ihm dienen; sobald jedoch Faust gefallen am Leben fände, würde dieser sterben und dann sein Diener sein. Diese Bedingungen wirken auf einen Normalmenschen wohl eher abschreckend und unfair, aber Faust willigt freudig ein.
Mephisto denkt sich danach, dass er Faust lauter unbedeutende Dinge zeigen werde, um ihn zappeln zu lassen und dass Faust bald zugrunde gehen werde. Da ein Schüler Fausts kommt, verwandelt er sich in Faust und empfängt ihn. Der Schüler fragt, was er denn studieren solle und betont seinen Eifer. Mephisto redet zu jeder Fakultät etwas abschreckendes, nur Medizin sei etwas handfestes. Begeistert verlässt der Schüler danach den Raum.
Nun endlich starten Faust und Mephisto zu ihrem ersten Ausflug.
Man merkt ziemlich schnell, dass Mephisto sehr gut Personen mit seiner Sprache manipulieren kann. Er stellt je nach eigener Meinung nur einen Teil der Vor- und Nachteile dar und lässt z.B. beim Gespräch mit Faust unbemerkt die wichtigsten Nachteile des Paktes weg bzw. verdeutlicht sie weniger als die Vorteile und kann so den -zugegeben sowieso nicht sehr zögerlichen- Faust überzeugen. 1571











Auerbachs Keller in Leipzig

In einem Wirtshaus versammeln sich Männer des wohl eher niederen Standes. Sie saufen und scherzen ausgelassen. Als Faust und Mephisto eintreten, nimmt sich Frosch, der Wortführer, vor, die Fremden hochzunehmen. Jeden Versuch dazu kontert Mephisto geschickt, was ihm eine gewisse Bewunderung einbringt. Nach einer Aufforderung singt Mephisto ein Lied über einen Floh, der es durch feine Kleider und ein Bekenntnis zur Kirche (\"Hat auch ein Kreuz daran\") bis in den Hof schafft und dort den Herrschern samt Gefolge zusetzt. Vielleicht kritisiert er damit eine bestimmte, politisch störende Person oder aber er sieht den Floh als Vorbild an.
Danach fängt Mephisto mit seinem Streich an. Er fragt die Männer, was sie denn gerne für einen Wein tränken und verlangt sogleich nach Werkzeug, um ein Fass zu öffnen. Er bohrt nun Löcher in den Tisch und hört sich dabei die Wünsche an. Einer äußert mit \"Ein echter deutscher Mann mag keinen Franzen leiden, doch ihre Weine trinkt er gern.\" sowohl eine Abneigung gegenüber den Franzosen als auch das immernoch aktuelle Phänomen, dass man ungeachtet dessen die Produkte von Unbeliebten /Völkern/Staaten/Personen gern hat.
Zur allgemeinen Überraschung fließt aus dem Tisch wirklich Wein und die Männer trinken ihn freudig. Als jedoch Wein auf den Boden tropft, schießen Flammen empor und sie wollen Mephisto töten. Der aber lässt sie mit einem Zauberspruch halluzinieren, so dass sie sich erst gegenseitig anfallen und kurz darauf verwirrt wieder bei Sinnen sind. Mephisto und Faust sind derweil verschwunden.
Mephisto zeigt hier Faust zum einen das gesellige und sorglose Leben der einfachen Menschen, zugleich aber auch deren Einfalt. Dass Faust davon nicht viel hat ist klar, aber Mephisto hatte sich ja schon früher vorgenommen, Faust durch Unbedeutenheiten zu schleifen um ihn zu verwirren. 2226




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Hexenküche

Nach dem Wirtshaus gehen Mephisto und Faust in die Hexenküche. Die Hexe selber ist noch nicht da, nur ihre Tiere empfangen die beiden. Faust ist anfangs wütend und sagt, dass es ihm überhaupt nicht gefalle, weder hier noch im Wirtshaus. Mephisto aber braucht von der Hexe einen Verjüngunstrank für Faust, da das natürliche Mittel - jahrelange harte Feldarbeit und einfache Ernährung - jetzt nicht sinnvoll ist. Mephisto gibt auch zu, dass er die Hexe braucht, die ihm zwar untergeordnet ist, die aber die nötige Zeit hat (\"Der Teufel hat sie\'s zwar gelehrt; allein der Teufel kann\'s nicht machen.\").
Es folgt ein Gespräch zwischen den Tieren und Mephisto, bei dem die Tiere immer wieder frech provozieren, was Mephisto aber nach eigenen Angaben gefällt. Dabei erblickt Faust in einem Spiegel ein schönes Mädchen, in das er sich prompt verliebt. Nun endlich kommt die Hexe und Mephisto verlangt nach dem Verjüngungstrank. Nach einigem Hokuspokus gibt die Hexe den Trank heraus und Faust trinkt ihn. Als er noch einmal die Frau im Spiegel anschauen will, zieht Mephisto ihn fort und verspricht ihm, er werde sie bald wirklich sehen. Er weiss, dass Faust durch den Trank praktisch jede Frau anbeten wird.

Mephisto scheint ein recht lockerer Herrscher des Bösen und zu kleinen Spielchen aufgelegt zu sein. Die Tiere sowie die Hexe wissen, was sie sich erlauben können, sie wissen aber auch, wann Schluss ist. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Gott sich von seinen Engeln \"verarschen\" lässt.

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Straße

Nun endlich trifft Faust zum ersten Mal Margarete (im Folgenden Gretchen genannt), die er aus dem Spiegel kennt. Er fragt sie auf der Straße, ob er sie begleiten dürfe, was sie mit \"Bin weder Fräulein, weder schön, kann ungeleitet nach Hause gehn.\" halb zickig halb angewidert ablehnt. Dies reizt Faust ungemein und verlangt sofort von Mephisto, dass er sie ihm beschaffe. Dass er Gretchen dabei \"Dirne\" nennt, ist wohl nicht abwertend gemeint, wie wir es heute verstehen würden (Dirne= Prostituierte), sondern neutral als junge Frau. Andererseits: er empfindet zwar gerade eine große Liebe gegenüber Gretchen, aber er führt sich eher auf wie im Puff: \"Hör, du musst mir die Dirne schaffen!\".
Mephisto kann sich Gretchens nicht einfach bemächtigen - wäre ja auch zu einfach für eine Geschichte -, da sie absolut unschuldig ist. Das ist ein wichtiger Punkt: Gretchen ist am Anfang absolut unschuldig und gottesfürchtig. Er vertröstet Faust und meint sinngemäß, Vorfreude sei die schönste Freude. Er werde Schmuck als Geschenk besorgen und am Abend dürfe Faust in ihr Zimmer, um sich \"in ihrem Dunstkreis satt [...] zu weiden\".

Faust ist durch den Trank zu einem \"geilen Sack\" geworden, der nur an Sex denkt, obwohl er angibt, Gretchen zu lieben. Sie kennenlernen will er eigentlich garnicht, am liebsten würde er sofort mit ihr schlafen. Von seinem ursprünglichen Ziel, zu erfahren, wie die Welt aufgebaut ist etc. ist er weit abgerückt. Jetzt will er einfach nur ganz egoistisch seinen Spaß. Das stellt ihn gewissermaßen auf eine Ebene mit dem Volk, auf das er früher herabgeblickt hat.

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Abend. Ein kleines reinliches Zimmer

Allein die Überschrift sagt ja schon einiges: das Zimmer ist \"klein\", also ist Gretchens Familie nicht gerade sehr reich. Und es ist ein \"reinliches\" Zimmer, besser gesagt: Gretchen ist reinlich. Das passt schonmal prima zu ihrer Unschuld.
Gretchen denkt gerade über Faust nach und befindet ihn als recht attraktiv. Nachdem sie gegangen ist betritt Faust das Zimmer. Er setzt sich gleich glückselig in einen Sessel und genießt die Atmosphäre. Das ganze mutet pervers an, er könnte sich ja gleich noch einen runterholen...
Bald kommt Mephisto herein, deponiert den Schmuck und beide verschwinden wieder, kurz bevor Gretchen kommt. Diese spürt etwas komisches in ihrem Zimmer, kann es aber nicht richtig fassen und fängt an, sich auszuziehen (warum hat Faust sich eigentlich nicht im Schrank versteckt?). Sie entdeckt den Schmuck und legt ihn gleich verwundert an. Sie ist zwar skeptisch, aber wie sie selbst bemerkt: \"Nach Golde drängt, am Golde hängt doch alles.\"

Fausts Vorfreude ist nun enorm gesteigert und Gretchen geht ins Netz - was will man mehr?
Gretchens Freude über den Schmuck ist verständlich. Was aber verwundert, ist, dass sie garnicht groß über die Herkunft des Schmucks nachdenkt. Wahrscheinlich ein Pfand der Mutter (die Familie muss doch Geld haben!). Also wenn ich auf einmal teuren Schmuck in meinem Zimmer finden würde, würde ich ihn erstens nicht anlegen (bin ja keine Tunte), zweitens würde ich mich erkundigen, wessen Schmuck das ist, bevor ich in der Schmuckkiste \'rumkruschtle.



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Spaziergang

Mephisto erzählt Faust verärgert, dass Gretchen den Schmuck bei ihrer Mutter abgegeben hat, die gemerkt hat, dass es nicht heilig sei (würde ich auch merken, wenn in meinem Zimmer Schmuck auftauchte, der keinem aus der Familie gehört), und die ihn sogleich zum Pfarrer gebracht hat, der ihn behalten habe. Goethe übt hier auch gleich Kritik an der Kirche, denn der Pfarrer habe gesagt \"Die Kirche hat einen guten Magen, hat ganze Länder aufgefressen und doch nie sich übergessen;\". Er beschuldigt die Kirche quasi der Raffgier.
Die beiden beschließen, neuen Schmuck zu besorgen und über die Nachbarin an Gretchen heran zu kommen.

Die Mutter scheint gläubiger als Gretchen zu sein, denn sie bringt den Schmuck fort, den Gretchen gerne behalten hätte. Aber vielleicht ist sie auch nur weniger naiv und will keine Scherereien - nicht zuletzt könnte er ja auch geklaut sein.


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Der Nachbarin Haus

Man erfährt zunächst einmal, dass die Nachbarin Marthe praktisch Witwe ist, da ihr Mann schon lange verschwunden ist, sie aber - zu ihrem bedauern - nicht heiraten kann, da ein Totenschein fehlt. Danach kommt Gretchen mit neuem Schmuck herein, den sie nicht ihrer Mutter zeigen will, um ihn nicht wieder zu verlieren. Beide Frauen sind ganz begeistert und legen Gretchen den Schmuck an. Die hat nur noch einen kleinen Rest Skepsis: \"Wer konnte nur die beiden Kästchen bringen? Es geht nicht zu mit rechten Dingen!\"
Nun tritt Mephisto herein und verkündet den angeblichen Tod von Marthes Ehemann. Er erfindet ein paar Geschichtchen, unter anderem, dass er Untreu gewesen sei. Marthe kann sich nun ohne Gewissensbisse neuen Männern zuwenden, zumindest nach der \"Zeugenaussage\" Fausts. Damit lädt er sich und Faust auch gleich für den Abend ein, wo Gretchen nicht fehlen solle. 2893


Straße

Mephisto erklärt Faust die Situation und befindet Marthe als gut geeignet als Kupplerin. Anfangs ziert sich Faust, ein falsches Zeugnis abzulegen (vielleicht ein Rest Gottesfurcht? s. 9. Gebot). Aber Mephisto kann ihn dann doch überzeugen, schließlich will Faust ja endlich mit Gretchen schlafen, da ist ihm praktisch jedes Mittel recht.

Sieht langsam so aus, als habe Gott endgültig verloren: Faust wird das 9. Gebot brechen. Tja, der Teufel hat halt mehr zu bieten...


Garten

Faust ist mit Gretchen ein gutes Stück weiter: er ist mit Mephisto, der mit Marthe flirtet, in Marthes Garten und hält Gretchen in den Armen. Die verhält sich nicht gerade selbstbewusst und meint selbst, sie sei nicht gut für Faust. Den stört das nicht - im Bett muss sie ja nicht reden. \"Aus den Augen, aus dem Sinn\", das fällt Gretchen zu ihrer Mutter ein. Kaum ist die nicht da, muss sie nicht mehr so hart arbeiten, kann den Schmuck anlegen und nicht zuletzt Faust treffen. Nebenbei erfährt man noch, dass Gretchen einen Bruder hat, der Soldat ist, sowie dass ihre Schwester und ihr Vater starben. Diese Schwester hat sie aufgezogen und hat damit schon gewisse Muttererfahrungen gemacht.
Faust und Gretchen verstehen sich ganz gut und Gretchen scheint auch schon eine gewisse Liebe zu Faust aufgebaut zu haben: \"Ich wusste nicht, was sich zu Eurem Vorteil hier zu regen gleich begonnte;\". Faust gesteht ihr seine Liebe und die beiden verschwinden.

Die Szene erscheint eigentlich sehr harmonisch. Marthe wirft sich an Mephisto heran und Faust und Gretchen wirken wie, bzw. sind, ein junges Liebespaar. Man hat die üblichen Gesprächsthemen und von Bösem o.ä. ist nichts zu bemerken. Mal sehen, ob sich Faust damit zufrieden gibt...



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Ein Gartenhäuschen

Hier gibt es nicht viel zu sagen: Faust und Gretchen haben sich offenbar im Gartenhäuschen versteckt und küssen sich (ging ja recht schnell, die beiden kennen sich ja kaum). Mephisto klopft an und ermahnt zum Gehen. Faust empfindet ihn als grausam (\"Ein Tier!\"). Er will Gretchen noch nach Hause begleiten, die lehnt aber aus Furcht vor ihrer Mutter ab.
Als Mephisto und Faust fort sind, denkt Gretchen sich, dass Faust ziemlich \'ran geht und sie nicht nein sagen kann, und dass sie nicht begreift, was er an ihr findet. Das weiß wohl keiner, macht aber auch nichts, da der Trank der Hexe alle Frauen in Fausts Augen schön macht.
In dieser Szene entsteht zum ersten Mal eine wirklich intime Atmosphäre zwischen Faust und Gretchen und man kann sich durchaus vorstellen, dass, hätten sie mehr Zeit, noch andere Dinge als nur Küssen laufen könnten.


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Wald und Höhle

Faust dankt am Anfang - wie in einem Psalm - einem \"Geist\", dass er ihm die Fähigkeiten des Empfindens gegeben habe und ihn beschütze. Er bedankt sich auch dafür, dass er den -inzwischen unverzichtbaren- Mephisto zur Seite hat, auch wenn der ihn erniedrige. Faust bemerkt auch, dass er immer mehr will, auch wenn er gerade etwas Schönes genießt: \"So tauml ich von Begierde zu Genuss, und im Genuss verschmacht ich nach Begierde\".
Dann kommt Mephisto und fragt, ob Faust sich jetzt genug gefreut habe. Man könne sich nicht an einer Sache länger freuen, man müsse immer Neues probieren. Das ist durchaus auch heute noch eine verbreitete Auffassung. Viele Menschen wenden sich nach der ersten Begeisterung anderen Aktivitäten zu, ohne die vorige richtig beendet zu haben (weshalb es auch nicht gerade leicht ist, ein Lesetagebuch zu schreiben. Die schon anfänglich geringe Lust schwächt sich recht schnell weiter ab :) .
Faust will davon nichts wissen und meint, dass Mephisto ihm sein Glück nicht gönne. Mephisto meint, er solle langsam wieder in die Gänge kommen und mit Gretchen schlafen, er wäre doch anfangs so wild darauf gewesen. \"Schlange! Schlange!\" erwidert Faust, womit er auf die Schlange im Paradies Bezug nimmt, die Eva zur Sünde verführte. Gerade das ist Mephistos Ziel, denn er denkt sich still \"Gelt! Dass ich dich fange!\" Im Folgenden wird deutlich, dass Faust Gretchen durchaus noch begehrt, aber dabei einen gewissen Respekt aufgebaut hat, der es ihm zu verbieten scheint, sie einfach auszunutzen. Doch seine ursprüngliche Begierde flammt schnell wieder auf und er will unbedingt mit ihr schlafen, um jeden Preis: \"Was muss geschehn, mag\'s gleich geschehn! Mag ihr Geschick auf mich zusammenstürzen und sie mit mir zugrunde gehn!\". Mephisto freut dies, nun ist er seinem Ziel nahe.
In dieser Szene nimmt man kurz wahr, dass Faust vielleicht doch wirklich verliebt ist und noch gewisse Skrupel hat. Aber Mephisto versteht es, ihn umzustimmen und Faust gibt leichtfertig seine Bedenken auf und ebnet damit den Weg zum Untergang.



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Gretchens Stube

Gretchen vermisst den Faust sehr und ist eindeutig verliebt in ihn. Das ganze Leben scheint ihr ohne ihn sinnlos: \"Wo ich ihn nicht hab, ist mir das Grab, die ganze Welt, ist mir vergällt.\" Sie schwärmt immerfort von ihm und zeigt auch, dass sie körperlich an ihm interessiert ist: \"Ach dürft ich fassen und halten ihn und küssen ihn, so wie ich wollt, an seinen Küssen vergehen sollt.\" So ganz keusch, wie es der Glaube erfordert, klingt das nicht mehr, und mit den letzten Worten drückt sie auch aus, dass ihr das egal ist, dass ihr alles egal ist, hauptsache, sie ist bei Faust. Dann kann\'s ja losgehen...


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Marthens Garten

Faust und Gretchen sind wieder zusammen im Garten und es fällt die berühmte \"Gretchenfrage\": Nun sag, wie hast du\'s mit der Religion?\". Sie merkt selbst, dass er nicht gerade streng gläubig ist und er weicht der Frage aus, indem er sagt, er liebe sie. Auf ihr drängen legt er dann sein kleines Glaubensbekenntnis ab, mit dem er die Grenze zwischen glauben und nicht glauben verwischt und Gretchen schließlich zufrieden stellt. Nur seinen Begleiter, Mephisto, mag sie nicht, sie spürt wohl, dass er böse ist.
Danach sagt sie, sie müsse fort, aber die Nacht würde sie gerne mit ihm verbringen, wenn da nicht ihre Mutter wäre. Faust gibt ihr ein Fläschchen Schlafmittel für die Mutter mit, damit er unbemerkt kommen kann.
Als sie weg ist, reden Faust und Mephisto noch kurz über das Verhalten der Frauen und Faust hält es für seine Privatsache, was in der Nacht passieren wird.
Auffallend ist, dass Gretchen auf Fausts Angebot \"Ach kann ich nie ein Stündchen ruhig dir am Busen hängen und Brust an Brust und Seel in Seele drängen?\" direkt eingeht und keine Bedenken hat. Glaube und Moral scheinen ihr verloren gegangen zu sein.


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Am Brunnen

Offenbar nachdem sie mit Faust geschlafen hat trifft Gretchen am Brunnen auf Lieschen, die von Bärbelchen erzählt. Bärbelchen sei nun schwanger, nachdem sie ewig mit einem Jungen geknutscht und ihre Liebe offen gezeigt habe. Sie wäre ehrlos und es geschiehe ihr recht. Hier kann man vielleicht auch etwas Neid erkennen, nicht auf das Ende der Liebe, sondern vielmehr auf den Anfang, das Küssen und den Sex, der als unehrenhaft gilt und quasi verboten ist. Die anderen Mädchen haben Bärbelchen sicher immer darum beneidet, sich aber nie selber getraut und sind am Ende froh, dass ihr eigener Verzicht nicht umsonst war und dass das Blatt sich sozusagen gewendet hat.
Gretchen kann sich dem ganzen verständlicherweise nicht anschließen, da sie sich ähnlich unehrenhaft und morallos verhalten hat wie Bärbelchen, wenn auch nicht öffentlich. Sie ist sich wohl auch bewusst, dass ihr ein ähnliches Schicksal drohen könnte. Sie erinnert sich, dass sie früher auf Mädchen, wie sie nun selbst eine ist, verachtungsvoll herabgeblickt hatte und bereut ein Stück weit ihre Sünde, aber ihr letzter Gedanke ist, wie schön es war.






Zwinger

Gretchen besucht ein Andachtsbild der Maria, wohl aufgrund der Unterhaltung mit Lieschen. Sie bittet um Vergebung und Rettung (\"rette mich von Schmach und Tod\") und schildert dabei noch ihren Konflikt zwischen ihrer Liebe zu Faust und den gesellschaftlichen Normen. Übermäßig viel Verständnis für ihr Handeln kann sie aber eigentlich von einer Jungfrau nicht erwarten...

 
 

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