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deutsch artikel (Interpretation und charakterisierung)

Das horoskop, diogenes 1997


1. Drama
2. Liebe

SIBYLLE MULOT: *geboren 1950 in Reutlingen
*Studium der Literaturwissenschaft
Ausbildung als Journalistin
*lebt als Schriftstellerin in Frankreich
*bisher erschienene Romane: Liebeserklärungen und Nachbarn


Eine Frau, die Ich-Erzählerin des Buches, lernt bei ihrer Zugfahrt von Friedrichshafen nach Paris, wo ihr Ehemann Georg an einem Kongreß teilnimmt, eine interessante Dame kennen. Jene ist ein Paradiesvogel, eine alterslose, fast perfekt erscheinende Frau mit unkonventioneller Intelligenz und Namen Edit Maroselli. Sie erklärt der mit ihr im Abteil Sitzenden, daß sie ihre schwerkranke Mutter im Pflegeheim in Lindau besucht habe und daß sie nun auf dem Rückweg nach Paris zu ihrem Mann Jean-Luc sei. Außerdem schmuggle sie für ihren Sohn Marzipan durch den Zoll.
Es entwickelt sich eine gewisse Intimität zwischen den beiden Frauen, wie unter guten Freundinnen. So beginnt Edit aus ihrem Leben zu erzählen. Sie habe als Tochter einer Ungarin und eines deutschen Versicherungsmathematikers in Wien das Licht der Welt erblickt. Als sie fünf war habe sie den Krieg erlebt, sie habe in einem Haus in Göpplingen gewohnt und sei im Sommer immer zu ihrer Tante nach Italien gefahren, wo sie auch ihren Mann kennengelernt habe. Er sei zwar Franzose und spreche ihre Sprache nicht, doch sie hätten sich in den verschiedenen Sprachen aufeinander eingeredet. Später habe sie eine Karriere als Solotänzerin im Staatstheater gemacht; ihre Idole seien John Cranko und Marcia Haydee gewesen. Das Tanzen habe sie dann aber wegen ihrem Sohn Lucien aufgeben müssen. Dieser sei jetzt auch schon dreissig, verheiratet und habe zwei Kinder.
Ihrer Begleiterin ist Edit zwar angenehm und vertraut, doch auch auf eine rätselhafte Art fremd. Ihre Vertrauensseligkeit ist ihr willkommen, aber auch unheimlich. Irgend etwas scheint auf ihr, trotz glücklicher Jugend, glücklicher Ehe und glücklicher Ehe der Kinder, zu lasten. Dieser Verdacht bestätigt sich, als sie erfährt, daß ihr Sohn Lucien vor zehn Jahren den Kontakt zu ihr abgebrochen hat und ihr sogar durch ein Schreiben vom Rechtsanwalt verboten hat, ihre Enkel zu sehen. Auch ihre Schwiegertochter habe sie noch nie gesehen, sie kenne ihren Namen nur aus der Heiratsannounce in der Zeitung. Sie sei sehr pessimistisch ihren Sohn noch einmal wiederzusehen, geschweige denn sich mit ihm zu versöhnen. Da helfe nur noch ein Wunder.
So kommen die beiden Frauen auf das Thema des \"Übersinnlichen\" zu sprechen. Edit sagt, sie sei schon einmal bei einer Wahrsagerin und bei einer Handleserin gewesen. Sie sei fasziniert von ihnen und beneide sie um ihre Geheimnisse. Sie glaube auch fest an das Schicksal und das Horoskop; sie zweifle keineswegs an seinen Prophezeiungen. Für diesen Tag verspricht es ihr ein Ende eines langen problematischen Kapitels im Bereich der Beziehungen und das Tor zu einer neuen Zukunft. Ihr Gegenüber betrachtet dieses Gebiet etwas skeptisch. Sie meint die Wahrsagerei habe nicht mit Übersinnlichem zu tun, das sei reiner Humbug. Sie sei nur eine Analyse die auf Fakten, wie zum Beispiel dem Geburtsort oder des Familienstandes, beruhe. Denn aus einzelnen Tatsachen könne man sich schon vieles zusammenreimen.
So versucht die mit Edit Reisende Theorien aufzustellen, warum Edit´s \"verwandte Seele\", so bezeichnet sie ihren Sohn, sie verlassen hat. Vielleicht weil sie ihn als 14jährigen ins Internat gesteckt hatte damit er Deutsch lerne? Vielleicht wollte er auch nicht eine Person sondern ein Milieu verlassen? Vielleicht wollte er seiner zu gesicherten, förmlichen Zukunft entfliehen in der er die Firma seines Vaters übernehmen sollte? So sehr er ihr auch fehlt, sie ist nicht bereit sich bei ihm zu melden. Sie wartet auf ein Zeichen von ihm.
Den Rest der Zugfahrt beobachten sie das Publikum im Zug, die Touristen, Pendler und Geschäftsleute, und sehen die Landschaft draußen vorbeiziehen.
In Paris angekommen halten sie Ausschau nach Jean-Luc, doch Lucien holt seine Mutter vom Bahnsteig ab. Es muß etwas Schlimmes geschehen sein, denn sonst wäre er wohl nicht persönlich erschienen. Und wirklich, Jean-Luc hatte einen Herzinfarkt und liegt im Krankenhaus. So verlieren sich die beiden Frauen aus den Augen.
Erst als die Dame mit ihrem Ehemann Georg zurück nach Deutschland fährt, erinnert sie sich wieder an ihre Zugbekanntschaft, denn sie liest in der Zeitung Le Monde die Traueranzeige für J.L. Maroselli. Nun hat sie zwar die Adresse von Edit, doch sie beschließt ihr nicht zu schreiben, denn sie findet daß Kondolieren etwas Verlogenes ist.



Überlegungen zum Inhalt des Buches:

Grundsätzlich denke ich, daß dieses Buch fast ausschließlich für Frauen verständlich lesbar sein kann. Für Männer ist es wahrscheinlich nicht so leicht sich mit einem Buch das so sehr auf emotionaler Ebene abläuft, auseinanderzusetzen. Beziehungsweise würden sie auch gar nicht in Betracht ziehen, ein Buch mit dem Titel \"Das Horoskop\" zu lesen, denn das Wort \"Horoskop\" wird von Männern oft schnell und voreilig mit dem großen Bereich der Esotherik in Verbindung gebracht. Und das Verständnis für die Esotherik und somit auch für Horoskope und \"Gefühlsduseleien\", glaube ich, ist Frauen vorbehalten.

Leider hat in mir die teilweise auf nicht sehr hohem Niveau gehaltene Sprache gähnende Langeweile ausgelöst. Situationen werden zu langatmig und zu weit ausschweifend beschrieben. Außerdem konnte ich mich nicht mit irgendeiner Person der Handlung identifizieren, was mit ein Grund für die Ähnlichkeit mit einem überlangen Schnulzenroman, was Männer wiederum als Literatur für Frauen abstempeln.

 
 

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