Johann Wolfgang von Goethe - Faust I und Faust II Inhaltszusammenfassung (ausführlich) Vor Beginn der eigentlichen Handlung stehen eine lyrische »Zueignung«, das »Vorspiel auf dem Theater« und der »Prolog im Himmel«. Während in »Zueignung« und »Vorspiel« allgemein über den dichterischen Prozeß bzw. die Bedingungen des Theaters reflektiert wird, enthält der »Prolog« bereits handlungsrelevante Elemente. Mephistopheles in der Rolle des Schalks am Hofe des Herrn kritisiert die Schöpfung, insbesondere die Menschen in ihrer Beschränktheit trotz der Begabung mit Vernunft. Als Gegenbeispiel führt Gott den Dr. Faust an, der ihm zwar »jetzt auch nur verworren dient«, den er jedoch »bald in die Klarheit führen« will.
Mephistopheles bietet dagegen eine Wette. Der Herr stimmt zu, sich seiner Sache sicher: »Ein guter Mensch in seinem dunklen Drange / ist sich des rechten Weges wohl bewußt.« Faust I Der Gelehrte Faust verzweifelt an der Möglichkeit des menschlichen Erkenntnisvermögens, da ihm die Wissenschaften keine Antworten auf die Frage nach dem Sinn des Daseins zu geben vermochten. Deshalb versucht er es nun mit der Magie, doch führt weder das Zeichen des Makrokosmos, mit dem Faust den Weltgeist erfassen will, noch die Beschwörung des Erdgeistes zum gewünschten Erfolg. Die nächtliche Sitzung wird gestört durch den Famulus Wagner, der Faust in ein gelehrtes Gespräch ziehen will. Von der Engstirnigkeit des Famulus erneut auf die Beschränktheit seiner Welt verwiesen, entschließt sich Faust, freiwillig aus dem Leben zu scheiden.
Doch künden Kirchenglocken und Chorgesang vom anbrechenden Ostermorgen, und die Erinnerung an seine glücklicheren Kinderjahre hält ihn vom Selbstmord ab. Mit Wagner geht Faust zum Osterspaziergang vor die Tore der Stadt. Die Natur zeigt sich in frühlingshaftem Aufbruch und das Volk feiert das Ende des Winters. Faust wird von den Menschen mit Achtung begrüßt. Doch können Natur und Menschen seine depressive Grundstimmung nicht vertreiben. Ein merkwürdiger Pudel taucht auf, der den beiden folgt und bei Faust im Studierzimmer bleibt.
Während Faust versucht, den Anfang des Johannes-Evangeliums neu zu übersetzen, verwandelt sich der Pudel in Mephisto, der in Gestalt eines fahrenden Schülers auftritt. Faust möchte von ihm mehr über das Wesen des Teufels erfahren, doch mit Geisterhilfe entzieht sich Mephisto. Erst bei der zweiten Unterredung kommt es zum Pakt: Mesphisto will Faust auf der Erde dienen, dafür soll Faust sein Diener im Jenseits sein. Faust geht darauf ein, verwandelt den Pakt aber in eine Wette: »Werd' ich zum Augenblicke sagen: / Verweile doch! Du bist so schön! / Dann magst du mich in Fesseln schlagen, / Dann will ich gern zu Grunde gehn!«. Mit seinem Blut besiegelt Faust den Vertrag und ist nun bereit, die von Mephisto vorgeschlagene Welt- und Lebensreise anzutreten. Während Faust sich zur Reise umkleidet, ironisiert Mephisto in der Rolle des Faust einem Schüler gegenüber die Unzulänglichkeiten aller Wissenschaften.
Dann entführt er Faust auf dem Zaubermantel in Auerbachs Keller, wo ein studentisches Saufgelage stattfindet, das Faust jedoch unbeeindruckt läßt. Mephisto hält eine Verjüngung Fausts für notwendig. In einer Hexenküche erhält Faust einen Zaubertrank, der aus dem alten Gelehrten einen stürmischen Jüngling machen soll. In einem Zauberspiegel erblickt Faust die Gestalt einer schönen Frau, deren Anblick ihn entzückt. Es dauert nicht lange, und Faust trifft »das Muster aller Frauen« in der Gestalt Gretchens, eines ehrbaren und frommen Bürgermädchens. Mit der Hilfe Mephistos gelingt es Faust, Gretchen zu verführen, doch nur um den Preis schwerer Verschuldungen: Der Schlaftrunk für Gretchens Mutter ist Gift, ihren Bruder Valentin tötet Faust im Zweikampf.
Mephisto und Faust müssen fliehen. Gretchen, die von Faust schwanger ist, gerät in wachsende Verzweiflung. Währenddessen wird Faust von Mephisto abgelenkt und zur Walpurgisnacht auf den Blocksberg geführt. Von der maßlosen Sinnlichkeit der Szenen schließlich angewidert, glaubt Faust in der Ferne die Gestalt Gretchens zu erblicken. Er will zu dem Mädchen zurück. Inzwischen hat aber Gretchen ihr Kind getötet und ist zum Tode verurteilt worden.
Faust dringt mit Mephistos Hilfe in den Kerker ein und will sie zur Flucht bewegen. Doch Gretchen will kein mit Hilfe des Teufels gerettetes, aber in Schuld verstricktes Leben und übergibt sich dem Gericht Gottes. Faust II Der Zweite Teil setzt völlig neu mit einer Hochgebirgsszenerie ein. Faust erwacht aus einer Art Heilschlaf, von seelischer Zerrüttung genesen. Wohl wird auf »erlebten Graus« hingedeutet, noch haften »des Vorwurfs glühend bittre Pfeile« in der Seele Fausts, doch ist die Grundstimmung optimistisch. Erster Akt Faust tritt in Begleitung Mephistos am Kaiserlichen Hof auf.
Mephisto schlüpft in die Rolle des Hofnarren und verspricht dem Kaiser Rettung aus der Misere des Reiches - die in den Berichten des Kanzlers, des Heermeisters, des Schatzmeisters und des Marschals deutlich wird - durch den Hinweis auf überall im Reich vergrabene Schätze. Zuvor will man den Karneval gebührend feiern. Im folgenden Maskenzug tritt eine Fülle von mythologischen und allegorischen Figuren auf, u. a. Plutus, in dessen Maske Faust steckt, als Inkarnation des Reichtums. Er läßt goldne Kleinodien verteilen, die sich jedoch in schwirrende Käfer, Schmetterlinge und Flämmchen verwandeln.
Desgleichen erweist sich das Gold in einer Truhe als siedend-heißes Metall, an dem sich zuletzt der Kaiser (in der Maske des großen Pan) Bart und Kleider entzündet. Beinahe brennt die ganze Kaiserpfalz ab. Rechtzeitig tritt Faust dazwischen und löscht das Feuer auf zauberische Weise. Am nächsten Tag erfährt der Kaiser, daß sämtliche offenen Rechnungen bezahlt sind - allerdings mittels Papiergeld, »gedeckt« durch die ungehobenen Schätze des Landes. Auf Wunsch des Kaisers muß Faust dann die Urbilder menschlicher Schönheit, Paris und Helena, beschwören. Mephisto vermag im Reich der Antike zwar nichts, doch gibt er Faust den Rat, zum Zwecke der antikischen Vision zu den »Müttern« hinabzusteigen.
Dort findet Faust einen magischen Dreifuß, mittels dessen er Helena und Paris der Hofgesellschaft sichtbar machen kann. Als Helena Paris küßt und dieser sie umfaßt, um sie zu entführen, wird Faust eifersüchtig, will Helena an sich ziehen und zerstört damit das selbstgeschaffene Trugbild. Faust stürzt zu Boden und Mephisto trägt den Besinnungslosen von der Bühne. Zweiter Akt Ein ironischer Dialog zwischen Mephisto und dem zum Baccalaureus aufgerückten Studenten im alten Studierzimmer knüpft an die Schülerszene des Ersten Teils an. Der ehemalige Famulus Wagner ist inzwischen ein berühmter Professor geworden, der im Laboratorium an der Herstellung eines künstlichen Menschen arbeitet, des Homunkulus. Beim Auftauchen Mephistos gelingt das Experiment, der Homunkulus beginnt in seiner Phiole zu sprechen.
Als sich die Seitentür zum immer noch besinnungslos liegenden Faust öffnet, entschlüpft die Phiole Wagners Händen. Der Homunkulus erkennt Fausts Sehnsucht nach dem Urbild griechischer Schönheit und führt Faust und Mephisto auf dem Zaubermantel zur »klassischen Walpurgisnacht«. Auf den pharsalischen Feldern versammeln sich alljährlich Gestalten der griechischen Mythologie und griechische Naturphilosophen. Faust erwacht wieder zum Bewußtsein. Die Wege der drei trennen sich nun: Während Mephisto sich im Reich der niederen Dämonen bewegt, stürzt sich Homunkulus im Streben nach seiner Verleiblichung ins Meer, wo seine gläserne Hülle am Muschelwagen der Galatea zerschellt. Faust aber, von Chiron geleitet, macht sich auf, um Helena im Hades von Persephone zu erbitten.
Dritter Akt Persephone hat Helena die Erlaubnis gegeben, wieder ihre menschliche Gestalt anzunehmen. Sie eilt in den Palast zu Sparta, um zu sehen, wie er während ihrer Abwesenheit verwaltet worden ist; auch soll sie auf Geheiß ihres Gatten Menelaos ein Opfer vorbereiten. Hier tritt ihr Mephisto in Gestalt der alten Schaffnerin Phorkyas entgegen und wirft ihr ihren wenig tugendhaften Lebenswandel vor. Außerdem redet er ihr ein, daß Menelaos vorhabe, sie zu opfern. Er rät ihr, in das nördliche Gebirgstal zu fliehen, wo sich fremde Ankömmlinge unter einem edlen Führer eine feste Burg erbaut haben. Helena folgt Mephisto.
Helena wird vom Burgherrn Faust empfangen, der als höfischer Ritter auftritt und als Geste des Willkommens den Turmwächter Lynceus, der ihre Ankunft zu melden versäumt hat, ihrer Gerichtsbarkeit ausliefert. Helena schenkt dem Türmer Leben und Freiheit; Faust übereignet seine Macht Helena. Diese entdeckt die der Antike unbekannte Reimkunst; das Gespräch über die Reime bringt Faust und Helena einander näher. Die Szene verwandelt sich vom mittelalterlichen Burghof zum arkadischen Hain. Aus der Verbindung von Faust und Helena ist Euphorion hervorgegangen, ein schöner Knabe von heftiger Leidenschaftlichkeit und Streben nach ungezügelter Freiheit. Er glaubt, daß ihm Flügel wachsen, wirft sich vom höchsten Felsen, wird einen Augenblick von den Gewändern in der Luft gehalten und stürzt dann zu Tode.
Helena folgt ihrem Sohn in den Hades; Faust behält nur ihr antikes Gewand in den Händen zurück, das sich in eine Wolke auflöst und ihn emporträgt. Vierter Akt Faust ist wieder in die Realität zurückgekehrt. Wohl wirkt die Erinnerung an das Erlebte in ihm fort, doch geht sein Streben nun nach praktischem Wirken im Hier und Jetzt. Er hat den Entschluß gefaßt, Deichbau zu betreiben, und Mephisto ist bereit, ihm dabei zu helfen. Die Gelegenheit ist günstig: Der Kaiser, dessen Reich durch das Papiergeld vollends ins Chaos gestürzt wurde, läuft Gefahr, seinen Macht an einen Gegenkaiser zu verlieren. Wenn Faust ihm hilft, wird der Kaiser sich mit der Belehnung durch ein Stück Meeresstrand erkenntlich zeigen.
Mit Wunderhelden, gerüsteten Gespenstern und dem Einsatz von Wassergeistern gelingt es Faust und Mephisto, das feindliche Heer in die Flucht zu schlagen. Faust erhält vom Kaiser das Versprochene. Fünfter Akt Philemon und Baucis schildern das Werk Fausts: Durch Dämme wurde das Meer zurückgedrängt, eine blühende Landschaft ist entstanden. Doch die Idylle trügt: Bei der Landgewinnung ist es nicht mit rechten Dingen zugegangen; außerdem sollen die Hütte und das Kirchlein der beiden Alten einem Aussichtsturm weichen. Faust, inzwischen hundert Jahre alt, hat es zum großen Handelsherrn und Gouverneur des von ihm kolonisierten Landes gebracht. Doch Reichtum und Pracht sind wiederum nur mit Hilfe des Teufels zustandegekommen: Die Kanalbauten forderten Menschenopfer, und Fausts Flotte vergrößert sich vor allem durch Seeräuberei.
Durch das Bimmeln der Kirchenglocke gestört, gibt Faust Mephisto den Auftrag, die beiden Alten endlich umzusiedeln. Mephisto führt diesen Auftrag aber mit solcher Brutalität aus, daß zum Schluß beide das Leben lassen müssen und ihre Hütte samt Kirchlein in Flammen aufgeht. Mit dem Rauch der Hütte tauchen um Mitternacht vier graue Weiber auf: Mangel, Schuld, Not und Sorge. Nur die Sorge dringt bis zu Faust vor und beraubt ihn des Augenlichts. Lemuren graben unter Mephistos Aufsicht Fausts Grab. Doch der blinde Faust deutet die Geräusche als Weiterarbeit an seinem letzten großen Werk, der Trockenlegung eines riesigen Sumpfgebietes.
In einer Vision sagt Faust die vom Pakt verbotenen Worte: »Zum Augenblicke dürft\' ich sagen; / Verweile doch, du bist so schön!« Mit diesen Worten sinkt Faust den Lemuren in die Arme und stirbt. Der Höllenrachen öffnet sich, schon eilen die Teufel herbei, um Fausts Seele zu holen; doch aus der oberen Welt erscheinen himmlische Heerscharen, die, singend und Rosen streuend, die Teufel abdrängen und Fausts Seele mit sich führen. Eine letzte, mystisch-allegorische Szene schildert die stufenweise Verklärung von Fausts Seele.
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