Erörterung zur Gretchen- Figur Peter Hacks Peter Hacks schrieb 1962 in seinen Essais einen sehr kritischen -Artikel über Gretchen aus ´Goethes Lebenswerk "Faust". Er meinte, dass er keineswegs das Positive an ihr findet. Er beschriebt sie als "junge Kleinbürgerin .mit Sinn für Geld und Besitz" (L. 3/ 4). Das klingt so, als versuche Gretchen durch List und Heimtücke Geld zu bekommen, das ihr nicht zusteht. Nach Goethes Werk ist dies aber nicht richtig, da sie zu keinem Zeitpunkt Habgier aufweist, sondern sich legendlich über den ihr geschenkten Schmuck freut, so wie es jede Frau tut.
Peter Hacks ist der Ansicht, dass sie "mit beklagenswert dürftigen Mitteln" um einen Mann kämpft "der zu gut für sie ist" (L. 4/ 5). Dieses Kämpfen ist ein Zeichen ihrer Zuneigung und Liebe. Später jedoch widerspricht sich der Autor, indem er behauptet, dass Gretchen nicht lieben will, sondern lieben muss. Denn wenn sie gezwungen wäre ihn zu lieben, würde sie sich keine Mühen machen um ihn zu kämpfen. Beispielsweise gab es im Mittelalter viele erzwungene Ehen, diese Menschen wurden also gezwungen sich zu lieben.
Aber ich nehme nicht an, dass sie dann umeinander gekämpft haben, da es dafür keinen Grund gab. Da es sich um erzwungene Liebe handelte kam kein solcher Liebesakt zustande. Außerdem lohnt es sich nur um et5was bzw. jemanden zu kämpfen, wenn man eine Chance sieht, diesen Kampf zu gewinnen. Dies setzt eine Gegenliebe bzw. gewisse Zuneigung des anderen voraus.
Das heißt, dass Faust nicht nur "taktische Flirt- Heuchlerei" (L. 12) anwendet. Dass es sich um einen "komischen Irrtum eines verliebten Professors" (L. 13) handelt ist auch fragwürdig, da Faust zum ersten nie als Professor benannt wird, zwar Lehrer ist, aber aus der Sicht von 1962 ist das keineswegs mit einem Professor gleichzusetzen, also diesen Titel nicht trägt, was darauf hinweist, dass sich Hacks eventuell doch zu oberflächlich mit Goethes Werk beschäftigt hat und da es sich zweitens um keinen Irrtum handelt sondern um puren Zufall, dass sich Faust ausgerechnet in Margarete verliebt. Es ist menschlich, dass man die Geliebte bzw. den Geliebten viel positiver empfindet, als er/ sie womöglich sein mag und so bleibt zu fragen, ob P.
Hacks selbst nie richtig verliebt war, wenn er Fausts Träumereien nicht nachvollziehen kann und diese massiv abwertet. Es ist weiterhin fragwürdig, ob Faust wirklich ein Mann ist, "der zu gut für sie ist" (L. 5). Immerhin beweist uns Faust im Laufe des Werkes, dass er kaum Verantwortungsgefühl hat und das geschwängerte Mädchen einfach vergisst. Man könnte behaupten, dass er sich an ihr im sexuellen Sinne ausgetobt hat und sie dann ohne Rücksichtsnahme auf ihre Situation verlassen hat. Bei dem Vergessen könnte man natürlich wieder kontern, dass er unter Mephistos Einfluss stand.
Aber dies stand er schon vor der ersten Begegnung mit Gretchen. Er wusste auch vor dem Beischlaf, welches Leiden er ihr zufügen wird, siehe Szene "Wald und Höhle". Doch Faust entschloss sich sie mit hinunter zu reißen. Clara Matz 11de1 19. 11. 2005 Erörterung zur Gretchen- Figur Peter Hacks Des weiteren stellt Hacks Gretchens Charakter als besonders hässlich dar, sie hätte sich durch "besondere Grausamkeit hervorgetan" und Schadenfreude provoziert (L.
10). Leider konnte ich keine Szene finden, die diese These belegt. Bärbelchen ist das Mädchen, das über andere übertrieben urteilt und sehr schadenfreudig ist. Gretchen hat Verständnis für das beurteilte Mädchen. Wie sei vor ihrer eigenen Hingabe darüber sprach, wissen wir leider nicht, also ist es willkürlich Thesen darüber aufzustellen. Ich bin der Meinung, dass es sehr anmaßend ist zu schreiben "durch ihren eigenen Unwert" (L.
16). Diese Aussage erinnert mich sehr stark an die Zeit des Nationalsozialismus, als viele Menschen bzw. Leben als unwert bezeichnet wurden. Kein Mensch hat ein Leben von Unwert, da jeder jemanden anderen etwas geben kann, ob es nun gute oder schlechte Erfahrungen sind. Und genau diese sind so wichtig für das Leben in der Gemeinschaft. Hacks bezeichnet Gretchen als borniert, also als geistig beschränkt, engstirnig.
Sicherlich ist sie naiv und vor Liebe blind. Sie lässt sich zu sehr von ihren Gefühlen leiten und beeindrucken, obwohl sie sich der Konsequenzen bewusst ist. Sie ist jedoch nicht engstirnig, da sie durch ihre Hingabe viel Mut bewiesen hat und gegen die damaligen gesellschaftlichen Konventionen verstoßen hat. Schlussfolgernd vertrete ich nicht die Meinung von Peter Hacks, da er die Gretchenfigur sehr abwertend und schlecht darstellt und mit vielen Dingen maßlos übertreibt. Er zeigt sie als bösen Menschen und zeigt Faust dagegen schon fast als ihr Opfer dar, obwohl es eher andersherum wäre.
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