Gegen die Definition der Wahrheit als Übereinstimmung von Proposition und Tatsachen ergeben sich mehrere Einwände:
· Die Definition ist zirkulär. Denn woher wissen wir, dass des wahr ist, dass die Wahrheit in der Korrespondenz zwischen Proposition und Wahrheit besteht? Wir müssten also unsere Definition der Wahrheit mit der Wahrheit vergleichen können, um beurteilen zu können, ob unsere Definition mit ihr übereinstimmt oder nicht.
· Die Definition ist Erkenntnistheoretisch falsch. Diese Haltung setzt nämlich einen naiven, erkenntnistheoretischen Realismus voraus, wonach die Außenwelt objektiv und unabhängig von der Auffassungsweise des Menschen an sich existiert. Ist der Schnee tatsächlich weiß? Oder erscheint dies nur auf Grund unserer Wahrnehmung so? Woher wissen wir, dass eine Proposition mit einer Tatsache übereinstimmt? Zu Beurteilung dessen müssten wir nämlich Proposition und Tatsache kennen, um entscheiden zu können, ob sie mit einander übereinstimmen. Wir müssten sozusagen den Standpunkt "Gottes" einnehmen, der Beides voneinander unabhängig zu sehen vermag.
· Da wir den Standpunkt "Gottes" aber nicht einnehmen können, läuft die Definition in ein unendliches Zurückgehen auf unendlich viele Tatsachen aus. Denn wie können wir beurteilen, ob die Proposition "Der Schnee ist weiß" mit der Tatsache übereinstimmt, dass der Schnee weiß ist. Wir können nicht den Satz bzw. die Proposition mit der Tatsache vergleichen, um festzustellen, ob der Satz mit der Tatsache übereinstimmt oder nicht, weil wir keinen von der Proposition unabhängigen Zugang zu der Tatsache haben. Es kommt natürlich auch darauf an, wie wir Tatsachen definieren. Meistens setzen wir sie mit "Absprachen" gleich. Schließlich wurde irgendwann einmal festgesetzt, dass der Schnee "weiß" ist.
Aus diesen drei Gründen können wir die klassische Korrespondenztheorie nicht so übernehmen, wie Aristoteles sie ursprünglich formuliert hat. |