Im Schlussteil der Novelle " Tod in Venedig" von Thomas Mann erfährt der bekannte Dichter Gustav Aschenbach, der sich im Urlaub in Venedig befindet, dass die polnische Familie, die mit ihm in einem Hotel wohnt, abreisen wird.
Aschenbach, etwa 40 Jahre alt, hat sich in einen Sohn dieser Familie, Tadzio, etwa 14 Jahre, verliebt.
Er ist diesem im Verlauf der Novelle immer offensichtlicher gefolgt, hat ihn beobachtet und sogar regelrecht studiert.
Als er erfährt, dass die Familie, aufgrund der in Venedig ausgebrochenen Cholera abreisen wird, begibt er sich zum Strand und beobachtet dort, wie Tadzio und ein Freund ringen.
Tadzio unterliegt und wird von seinem freund weiterhin in den Sand gedrückt, als er sich schließlich befreien kann, geht er ans Meer und wirft Aschenbach, der in einem Strandstuhl sitzt, einen Blick zu.
Aschenbach erwidert den Blick und sackt dann in sich zusammen.
Noch am selben Tag erfährt die Welt die Nachricht vom Tode des Schriftstellers Gustav Aschenbach.
Die Stimmung in diesem Schlussteil weist schon mehr oder weniger eindeutig auf den Tod hin. Das Wetter ist neblig, es ist nass und " unwirtlich"( Zeile 21, Seite 136).
Auch die Tatsache, dass der Strand bis auf Tadzio und seine Spielgefährten leer ist, ist in meinen Augen ein klares Zeichen dafür, dass es langsam, aber sicher dem Ende zugeht.
In den letzten Zeilen der Seite 136 und den ersten Zeilen der Seite 137 schreibt Mann außerdem von einem Photoapparat, der ganz verlassen auf dem Stativ steht. All diese Tatsachen lassen den Leser immer sicherer werden, dass jemand stirbt und dass es am Ende Aschenbach trifft, ist auch schon fast klar.
Wichtig ist in diesem Schlussteil auch noch die Tatsache, dass Tadzio Aschenbach noch einmal ansieht.
Aschenbach hat somit das Gefühl, dass er in seinen letzten Minuten noch etwas Beruhigendes und Wohltuendes erlebt hat und dass er nun " beruhigt" sterben kann.
Aschenbach scheint es so, als ob Tadzio ihm den Weg in die Erlösung, sprich den Tod, weisen würde. ( S.139, Zeile 15-19)
" Und, wie so oft, machte er sich auf, ihm zu folgen." ( S.139, Zeile 19-20)
Aufgabe: 2. Vergleichen Sie diesen Schlussteil mit dem Ende von Büchners" Woyzeck" in Bezug auf Art und Darstellung des Endes der jeweiligen Hauptperson( " Woyzeck", Szene 25: Waldweg am Teich)
Zuerst möchte ich klarstellen, dass ich davon ausgehe, dass Woyzeck am Ende des gleichnamigen Dramas im See ertrinkt.
Gustav Aschenbach war ein angesehener Mann, er hatte eine bedeutende Stellung in der Gesellschaft und hatte einen angesehenen Beruf.
Woyzeck hingegen wurde von allen Mitmenschen verachtet, ausgelacht und benutzt.
Er war Vater eines unehelichen Kindes und hatte keinen ehrbaren Beruf. Im Verlauf der Novelle" Tod in Venedig" erfährt man sehr viel über das Verhalten und die Gefühle Gustav Aschenbachs.
Nach außen ist er sehr abweisend und unverschämt, jedoch hat man eine hohe Meinung von ihm, schließlich ist er ein bekannter Schriftsteller.
Aschenbach ist auch sehr stark daran interessiert, dass diese Meinung in keinster Weise erschüttert wird. Nur in Tadzios Gegenwart vergisst er viele seiner Prinzipien.
Woyzeck auf der anderen Seite hat keine Stellung in der Gesellschaft, um die er kämpfen muss, niemand erwartet von ihm, das er sich gut benimmt oder gepflegt aussieht.
Das Ende der Novelle " Tod in Venedig" ist charakteristisch für das Bild, das die Außenwelt von Aschenbach hat und das er auch wahren möchte.
" Und noch desselben Tages empfing eine respektvoll erschütterte Welt die Nachricht von seinem Tode."( S.139, Zeile 23-25)
Die Wörter: " respektvoll" und " erschüttert", machen klar, dass es Aschenbach gelungen war, selbst nach seinem Tode die Welt über seine wahren Gefühle im Unklaren zu lassen.
Aschenbach hatte, meiner Meinung nach, einen schönen und für ihn auch angenehmen Tod.
Das Letzte, was er auf dieser Welt sah, war die von ihm so angebetete Person Tadzio. Er hatte nicht das Gefühl zu sterben und somit alles zu beenden, sondern eher zu sterben und etwas vollkommen Schönes und Neues zu beginnen.
Er war sich sicher, Tadzio in dieser fremden nach dem Tod wieder zu treffen und dort mit ihm glücklich zu werden.
Woyzeck hingegen hatte ein Verbrechen begangen.
Durch den Mord an Marie hatte er seine ohnehin ungenügende Stellung in der Gesellschaft noch weiter verschlechtert.
Woyzecks Tod war, im Gegensatz zu dem von Aschenbach, sehr würdelos, da er sich umbrachte.
Doch selbst Woyzeck erfährt nach seinem Tod so etwas wie Anerkennung, sei es auch nur für den Mord an Marie, den einige schon herbeigesehnt hatten, da sie vielerorts als " Schlampe" verschrien war.
Woyzeck konnte ebenso wie Aschenbach darauf hoffen, dass es ihm in der fremden Welt nach dem Tod besser ergehen würde und dass er dort mit seiner Liebe glücklich werden könne.
Für beide Männer ist es mehr oder weniger ein Tod aus Liebe.
Aufgabe: 3.Überlegen Sie, ob das jeweilige Ende ein vorhersehbares bzw. vermeidbares war oder ob man es als" unentrinnbares Schicksal" bezeichnen kann; Begründen Sie Ihre Meinung.
Meiner Meinung nach ist das Ende bei " Tod in Venedig" keineswegs ein unentrinnbares Schicksal, jedoch war es vorhersehbar.
Unentrinnbar ist es deshalb nicht, weil Aschenbach jederzeit die Möglichkeit zur Abreise hatte, doch er sucht immer einen Grund, um in Venedig zu bleiben.
Er hätte auch genauso gut einfach einmal ein Gespräch mit Tadzio führen können, dann hätte er sehr schnell gemerkt, dass Tadzio noch sehr unreif ist und dass seine Liebe zu dem Jungen keinerlei Zukunft hat.
Für Tadzio war der Blickkontakt mit Aschenbach und dessen Verfolgungen wahrscheinlich wie eine Art Spiel. Für vorhersehbar halte ich es, da fortwährend der Tod, bzw. das fortgeschrittene Alter ins Spiel kommen.
Schon beim Titel" Tod in Venedig" und später bei der Veränderung der Atmosphäre wird schnell das Ende erahnt. Dies kann man sehr leicht an dem Leitmotiv " Wetter" erkennen.
Bei seiner Ankunft liegt der für Venedig normale Geruch in der Luft und Aschenbach bemerkt, dass er das Wetter nicht verträgt.
Als er Tadzio trifft und seine Schönheit wahrnimmt, verbessert sich das Wetter plötzlich und die Sonne scheint.
Zum ende wird das Wetter dann erdrückend, Nebel steigt auf, es wird herbstlich.
Der Nebel weist sehr stark auf den Tod hin, schließlich kann man durch Nebel nicht hindurchsehen und beim Tod weiß man auch nicht, was einen erwartet.
Bei " Woyzeck" hingegen bin ich der Meinung, dass der Tod für ihn der einzige Ausweg war, schließlich hatte er in seinem Leben keinerlei Möglichkeiten sich weiterzuentwickeln.
Seine einzige Chance wäre gewesen, mit Marie und dem Kind zu flüchten, doch wahrscheinlich hätte man ihn dort bald genauso behandelt.
Auch die Tatsache, dass er Marie umbringt, erscheint mir in bezug auf sein restliches Handeln " logisch". Schließlich liebt er sie über alles, und da er nicht von ihr getrennt sein möchte und merkt, dass er sie in dieser Umgebung nicht halten kann, bringt er erst Marie und dann sich selbst um, um wenigstens nach dem Tod in Frieden mit ihr vereint zu sein.
Ich finde nicht, dass das Ende vollkommen vorhersehbar war, ich hatte beim Lesen eher damit gerechnet, dass er Marie umbringt und dann irgendwo verschwindet.
Im Nachhinein ist es für mich jedoch klar; Es hätte jedoch vermieden werden können, wenn die Mitmenschen etwas toleranter gewesen wären und Woyzeck unterstützt hätten, statt ihn zu erniedrigen.
|