In einer für die Sprache typischen Passage begegnet Josef K. im Gang der Kanzleien einem wartenden Mann, der ebenfalls Angeklagter ist. Er unterhält sich mit ihm:
"Sie glauben wohl nicht, daß ich angeklagt bin ?" fragte K. "Oh bitte, gewiß", sagte der Mann, und trat ein wenig zur Seite, aber in der Antwort war nicht Glaube, sondern nur Angst. "Sie glauben mir also nicht ?" fragte K. und faßte ihn, unbewußt durch das demütige Wesen des Mannes aufgefordert, beim Arm, als wolle er ihn zum Glauben zwingen. Aber er wollte ihm nicht Schmerz bereiten, hatte ihn auch nur ganz leicht angegriffen, trotzdem schrie der Mann auf, als habe K. ihn nicht mit zwei Fingern, sondern mit einer glühenden Zange erfaßt. Dieses lächerliche Schreien machte ihn K. endgültig überdrüssig; glaubte man ihm nicht, daß er angeklagt war, so war es desto besser; vielleicht hielt er ihn sogar für einen Richter. Und er faßte ihn nun zum Abschied wirklich fester, stieß ihn auf die Bank zurück und ging weiter."
Diese scheinbar emotionslos erzählte Passage läßt eine Spannung erkennen, die sich während des Vorgesprächs auf Grund Josef K.s Verhalten, das sich z.B. in Ungeduld äußert, aufgebaut hat. Die Frage : "Sie glauben wohl nicht, daß ich angeklagt bin ?", kann als eine rhetorische Frage bezeichnet werden, denn Josef K. will bestätigt bekommen, kein Angeklagter zu sein. Der Mann jedoch bejaht diese Frage und Josef K. äußert seine Enttäuschung durch Aggression. Obwohl er glaubt, den Mann nur leicht berührt zu haben, verrät die Sprache mit dem Wort "angegriffen" sein gewaltsames Vorgehen. Die Beschreibung "angefaßt" wäre wahrscheinlicher und vom Leser erwartet worden. Dieser deutliche Widerspruch zwischen K.s bewußtem Verhalten und seinem unbewußten Vorgehen ist also auch in der Sprache wieder- zufinden. Die geheime Absicht, durch Gewalt den Mann dazu zu bringen, seine Antwort rückgängig zu machen, wird durch den folgenden Satz verstärkt: "..., als habe K. ihn nicht mit zwei Fingern, sondern mit einer glühenden Zange erfaßt." Das Wort "als" kann man durch "wie wenn" ersetzen und man erhält so einen Vergleichssatz, der mit K.s Tat gleichgestellt werden kann. Außerdem wird K.s Aggression durch das Bild der "glühenden Zange" verstärkt.
An dieser Stelle kann man auch sehr gut erkennen, welche Erzählhaltung Kafka in diesem Roman benutzte. Er verwendete das personale Erzählen, bei dem zwar in der dritten Person erzählt wird, aber ausschließlich aus der Sicht des Josef K. Es handelt sich um eine besonders ausgeprägte Form dieser Erzählweise, denn der Erzähler ist identisch mit der Hauptfigur. Der Erzähler teilt nur die Gedanken und Vermutungen des Josef K. mit. Dieses Vorgehen nennt man einsinniges Erzählen. Man erfährt in diesem Roman nicht mehr als die Hauptperson weiß und preisgibt. Das ist auch der Grund, dass nichts in seiner Abwesenheit geschieht und er durchgehend anwesend ist.
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