Autor:
Urs Widmer wurde am 21.Mai 1938 in Basel (Schweiz) geboren. Dem Studium der Germanistik, Romanistik und Geschichte in Basel, Montpellier und Paris folgte 1966 die Promotion mit einer Arbeit über die deutsche Nachkriegsprosa. Danach war Widmer zunächst als Verlagslektor, dann als Literaturkritiker und -dozent tätig. Urs Widmer arbeitet seit 1968 als freier Schriftsteller und lebt in Zürich. Er ist verheiratet und hat eine Tochter.
Weitere Werke: "Der blaue Siphon" (Erzählung 1992)
"Liebesbrief für Mary" (Erzählung 1993)
"Im Kongo" (Roman 1996)
"Top Dogs" (1997; dafür erhielt Widmer den Mühlheimer
Dramatikerpreis)
Inhalt:
Der Roman handelt von der unerwiderten lebenslangen Liebe Claras zu dem berühmten Dirigenten Edwin.
Als Clara, die reiche Tochter eines Vizedirektors einer Maschinenfabrik, den jungen, hochtalentierten Dirigenten Edwin kennen lernt, ist er arm wie eine Kirchenmaus und hat nur eines im Kopf: Musik, moderne Musik von Komponisten, die in den 20er - Jahren noch kein Mensch kennt. Edwin gründet dann das "Jungen Orchester", spielt die neue verpönte Musik und Clara wird sehr rasch Dauerbesucherin dieser Konzerte. Nach und nach verliebt sie sich in Edwin und in die Musik, die er mit solcher Leidenschaft aus seinem jungen Orchester hervorzaubert. Bald wird Clara "Mädchen für alles", Kassierin, Reise- und Terminplanerin für Edwins Orchester. Auf der ersten Gastspielreise in Paris passiert es schließlich - Clara und Edwin verbringen ihre erste Liebesnacht miteinander. Wieder aus Paris zurück, folgt der Schwarze Freitag 1928 mit seinem Börsenkrach, indem auch Claras Vater seinen gesamten Besitz verliert und tot umfällt, als er die Nachricht morgens inder Zeitung liest. Clara muß ihren Lebensstil einschränken, doch sie kümmert sich weiter hin um das Orchester und auch Edwin kommt sie nach wie vor von Zeit zu Zeit besuchen. Ihre gemeinsame Affäre bleibt nicht ohne Folgen und als Clara ein Kind erwartet, verlangt Edwin von ihr es abzutreiben. Eines Tages erfährt Clara, dass Edwin eine reiche Fabrikerbin geheiratet hat, ohne ihr auch nur ein Wort davon zu sagen. Kurze Zeit später heiratet auch Clara und bekommt einen Sohn, den Erzähler dieses Romans. Zunächst bemüht sich Clara in ihrer Ehe glücklich zu werden und Edwin zu vergessen, aber dies will ihr nicht gelingen. Als sie Edwin eines Tages nochmals begegnet und er sie ignoriert, bricht sie zusammen und wird in eine psychiatrische Klinik eingeliefert, wo sie mit Elektroschocks behandelt wird. Nach ihrer Entlassung ist sie nur mehr ein Schatten ihrer selbst und lebt nur noch dahin. Mit 82 Jahren stürzt sie sich, nachdem sie einen Zettel mit der Nachricht "ich kann nicht mehr" hinterlassen hat, aus dem Fenster, mit Edwins Namen auf den Lippen.
Interpretation & Deutung:
Das Buch "Der Geliebte der Mutter" wird aus der Sicht von Claras Sohn dargestellt, der sie immer nur liebevoll Mutter nennt. Der Sohn beobachtet, begleitet und erzählt auch diese lebenslange vergebliche Liebe seiner Mutter.
Der Roman wird nicht nur traurig und melancholisch erzählt, wie diese Geschichte auf den ersten Blick vermuten läßt, sondern leicht, fließend, in einer Sprache, die nicht losläßt, sondern anrührt und mitfühlt. Immer wieder blitzen Witz und Ironie zwischen den Zeilen auf und auch Zorn und maßlose Wut lassen sich heraus lesen. Zusätzlich erlebt der Leser ganz unaufdringlich Zeitgeschichte, verwoben mit dem Schicksal der Mutter: Hitler, Naziterror, Mussolini und Weltkrieg.
|