Was ist Mukoviszidose?
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Mukoviszidose (Zystische Fibrose) ist eine erbliche, nicht heilbare Erkrankung, die Kinder von Geburt an haben, die aber häufig erst später diagnostiziert wird. Die Krankheit führt zu schweren Störungen von Atmung und Verdauung. Die Absonderung bestimmter Körperflüssigkeiten wie Schweiß und Schleim ist gestört. Die Sekrete in Lunge und Bauchspeicheldrüse, aber auch in anderen Organen (z.B. in der Leber) sind zäher als bei nicht erkrankten Kindern. Die feinen Äste der Bronchien, die Gänge der Bauchspeicheldrüse und die Gallengänge verstopfen, die Organe können nicht mehr richtig arbeiten.
Die Erkrankung führt zum Funktionsverlust der Atemwege und des Verdauungstrakts mit früher Todesfolge. Die langsame, aber stetige Verschlechterung der Stoffwechselfunktionen ist nicht aufzuhalten, kann aber durch frühzeitige und intensive Behandlungsmaßnahmen entscheidend verzögert werden.
Die Krankheit ist bei verschiedenen Patienten unterschiedlich stark ausgeprägt. Auch der Zeitpunkt, an dem die Krankheit erkennbare Symptome zeigt und dann diagnostiziert werden kann, variiert.
Mukoviszidose ist eine der häufigsten angeborenen Stoffwechselerkrankungen bei kaukasischen und europäischen Völkern und auch die häufigste Erbkrankheit in Westeuropa. In Deutschland leben rund 8000 Menschen mit Mukoviszidose. Fünf Prozent der Bevölkerung, also rund vier Millionen Menschen, sind gesunde Merkmalsträger - die diese Krankheit weitervererben können - meist ohne es zu wissen. Jedes Jahr kommen in der Bundesrepublik rund 300 Kinder mit Mukoviszidose auf die Welt.
Was sind die Ursachen der Mukoviszidose?
Ursache für die Mukoviszidose ist ein genetischer Defekt am Chromosom 7. Ein Kind erkrankt an Mukoviszidose, wenn es das veränderte Gen von beiden Eltern erbt (autosomal-rezessive Vererbung). Meist liegt die Veränderung (=Mutation) am so genannten Gen delta-f-508 vor.
Ist nur ein Elternteil erkrankt, sind seine Kinder Genträger, ohne selbst zu erkranken. Aber sie können das defekte Gen später an die eigenen Kinder weitergeben. Wenn beide Eltern erkrankt sind, werden auch alle Kinder an Mukoviszidose erkranken. Ein sehr seltener Fall, da erkrankte Männer meist steril und die Frauen weniger fruchtbar als gesunde Frauen sind. Eine pränatale Diagnose (= Diagnose vor der Geburt) ist möglich.
Das kranke Gen blockiert den Salztransport in bestimmten Zellen. In der Lunge, den Nasennebenhöhlen, der Bauchspeicheldrüse, im Darm, in den Gallenwegen, in den Keimdrüsen des Mannes und in den Schweißdrüsen bilden sich zähe Schleimsekrete mit hohem Kochsalzgehalt.
Welche Anzeichen treten bei Mukoviszidose auf?
Manche Kinder zeigen erst als Jugendliche Anzeichen der Erkrankung. Meistens treten die Symptome wesentlich früher auf, oft schon während des ersten Lebensjahres.
· Der Schweiß ist extrem salzhaltig. Durch Schweißabsonderung kommt es zu Flüssigkeits- und Elektrolytverlusten. (Zur Erklärung: Salz besteht chemisch betrachtet aus Natrium- und Chloridionen, die zu den so genannten Elektrolyten zählen.)
· Neugeborene leiden unter Verdauungsstörungen und nehmen nicht zu, obwohl sie ausreichend trinken. Sie wachsen nicht und scheinen unterernährt.
· Bei Babys mit Mukoviszidose ist häufig ein so genannter Analprolaps zu beobachten. Das ist eine Darmschleimhautvorwölbung aus dem After.
· Der Stuhl ist oft massig, glänzt hell und riecht faulig.
· Kinder mit Mukoviszidose erleiden häufig eine Darmeinstülpung (Invagination) oder einen akuten Darmverschluss (Ileus). Deshalb müssen akute Bauchschmerzen immer ernst genommen werden.
· Der Bauch ist über längere Zeit aufgetrieben. Das Kind hat Durchfall und Blähungen, seltener Verstopfung.
· Noch unbehandelt leiden die Kinder unter chronischen Gedeihstörungen und Wachstumsrückstand trotz Heißhungers.
· Das Kind hat keuchhustenähnlichen chronischen Reizhusten. Im Laufe der Zeit entwickelt sich eine fortschreitende Atemnot.
· Der vermehrte Schleim der Atemwege ist zäh und dickflüssig, was zu häufigen bakteriellen Infektionen führt, z.B. zu Lungenentzündungen, die immer wiederkehren. Verursacher der Lungenentzündungen sind hauptsächlich die Bakterien Staphylokokkus und Pseudomonas.
· Das Kind hustet mit Blut vermischten Schleim.
· Es kann zu Gallenblasenentzündung und Bildung von Gallensteinen kommen.
· Bei Jungen verschließen sich die Samenleiter, was schließlich zu Unfruchtbarkeit führt.
· Auf Grund der Leberfunktionsstörung leiden die Kinder oft unter Gelbsucht (Ikterus).
Wie stellt der Arzt die Diagnose?
· Vom dritten bis fünften Lebenstag, meist im Rahmen der U2 ist die Frühdiagnose der Mukoviszidose durch Bestimmung des Enzyms Trypsin in getrocknetem Filterpapierblut möglich.
· Manche Eltern bemerken die erhöhte Salzkonzentration auf der Haut ihres Kindes. Der so genannte \"Schweißtest\" misst die Konzentration der Salze (Natrium und Chlorid) im Schweiß. Meist wird der Schweiß am Unterarm des Kindes gesammelt und dann analysiert. Kinder mit Mukoviszidose haben deutlich höhere Salzkonzentrationen im Schweiß als gesunde Kinder.
· In vielen Fällen gibt die Familiengeschichte über das Risiko einer Mukoviszidose-Erkrankung Aufschluss. Auch wenn die Geschwister eines erkrankten Kindes keine Anzeichen der Krankheit zeigen, sollten sie einen Schweißtest machen lassen. Eine mögliche Erkrankung ist so frühzeitig erkennbar.
· Röntgenaufnahmen zeigen mögliche Blockaden der Luftwege, Laboruntersuchungen geben Aufschluss über Verstopfungen der Bauchspeicheldrüsen- und Gallengänge sowie über die Leberfunktion.
· Das defekte Gen ist schon während der Schwangerschaft mittels einer Genanalyse nachweisbar.
Wie behandelt man Mukoviszidose?
Kinder, die an Mukoviszidose erkrankt sind, müssen ständig ärztlich betreut und überwacht werden. Wichtig ist, dass ein erkranktes Kind möglichst normal leben kann. Dennoch sind Krankenhausaufenthalte meist zwingend notwendig, damit das Kind lernt, mit der Krankheit umzugehen. Dank Krankengymnastik, Inhalationen und Medikamenten hat sich die Prognose der Betroffenen in den letzten Jahren erheblich verbessert. Doch heilbar ist die Krankheit noch immer nicht.
Die Behandlung der Lungenkomplikationen steht an erster Stelle. Schleim und Eiter müssen regelmäßig aus der Lunge entfernt werden.
· Klopfdrainage und Lungenphysiotherapie: Die Lagerungsdrainage ist eine Methode, bei der die Schwerkraft hilft, den Schleim aus den verstopften Atemwegen zu bekommen. Klopfen auf den Brustkorb und Schütteln lösen das zähe Sekret, damit es abgehustet werden kann.
· Inhalationstherapie mit bronchienerweiternden Medikamenten (Beta-2-Sympathomimetika) und schleimlösenden Mitteln (Mukolytika).
· Frühzeitig und gezielt eingenommene Antibiotika beugen bakteriellen Infektionen der Atemwege vor.
· Eiweiß- und kalorienreiche Nahrung sowie Vitaminpräparate gleichen Störungen bei der Nahrungsverwertung aus. Elektrolyte ersetzen die Salze und die Flüssigkeit, die durch starkes Schwitzen verloren gehen und beugen einem möglichen Schock vor. Da die Bauchspeicheldrüse nicht richtig arbeitet, bekommen Kinder als Beigabe zu den Mahlzeiten Medikamente, die Verdauungsenzyme enthalten.
· Erkrankte Kinder sollten sich gegen Masern und Pneumokokken (Erreger der Lungenentzündung) impfen lassen, denn die möglichen Komplikationen bei diesen Krankheiten können für das Kind tödlich sein.
· Eine Grippe, begleitet von einer Lungenerkrankung, kann den Zustand des Kindes dramatisch verschlechtern. Deshalb sollte auch eine alljährliche Grippe-Impfung erfolgen.
· Verschlechtert sich die Lungenfunktion drastisch, ist eine Lungentransplantation in Erwägung zu ziehen. In vielen Fällen gibt es nach der Transplantation neue Hoffnung, da die transplantierte Lunge ein gesundes Organ ist und nicht von der Krankheit betroffen wird. Die Überlebensrate nach einer Transplantation liegt bei 60 Prozent.
Welche Komplikationen treten bei Mukoviszidose auf?
Bei erkrankten Kindern können verschiedene Komplikationen auftreten. Viele davon sind erst bei Jugendlichen sichtbar:
· Atemnot durch schlechte Lungenbelüftung. Einzelne Lungenbereiche fallen in sich zusammen (Atelektase) oder der ganze Lungenflügel platzt (Pneumothorax).
· Chronische Bronchitis, Lungenentzündung, Pilzinfektion der Lunge
· Flüssigkeitsverlust und Überhitzung können zu einem Schock führen.
· Störung der Herzfunktion
· Die chronische Lebererkrankung kann zur Leberschrumpfung (Leberzirrhose) führen.
· Gallenblasenentzündung, Gallensteine
· Durch den Funktionsverlust der Bauchspeicheldrüse entstehen Verdauungsstörungen. Zusätzlich kann sich Diabetes mellitus (Zuckererkrankung) ausbilden.
· Akuter Darmverschluss, Darmeinstülpung (Invagination)
Prognose
80 Prozent der Erkrankten erreichen mindestens das 19. Lebensjahr. Verbesserte Therapiemöglichkeiten bieten heute gute Chancen, länger als vierzig Jahre mit der Krankheit zu leben. Intensive Forschungsarbeiten auf diesem Gebiet werden die Lebenserwartung wahrscheinlich weiter ansteigen lassen.
Voraussetzung dafür ist, dass die Erkrankung rechtzeitig erkannt und kontinuierlich ärztlich behandelt wird.
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